c) Zusammenfassung der Unterschiede zur unbeschränkten Steuerpflicht
412
Fall 26:
Manager M wohnt in der Republik Sierra Leone und hat bei der X-Versicherungs-AG in Hamburg einen Vertrag über eine Lebensversicherung abgeschlossen. Im Veranlagungszeitraum 2014 zahlt er Beiträge in Höhe von 20 000,– Euro. Zugleich spendet er im Veranlagungszeitraum 2004 insgesamt 500,– Euro an gemeinnützige Organisationen und erhält jeweils eine ordentliche Spendenquittung. Zudem erhält M aus der 50%igen Beteiligung an der deutschen A-KG eine Gewinnzuweisung in Höhe von 10 000,– Euro. M fragt bei dem Veranlagungsbeamten B an, inwieweit er die Aufwendungen für die Lebensversicherung und die Spenden steuerlich geltend machen kann. Lösung Rn 415
413
Aufgrund des sog. objektsteuerähnlichen Charaktersder beschränkten Steuerpflicht kommt das subjektive Nettoprinzip[164] nicht zur Anwendung. Persönliche Umstände und Verhältnisse des Steuerpflichtigen bleiben weitgehend unberücksichtigt. Auch das objektive Nettoprinzip gilt bei beschränkt Steuerpflichtigen nur sehr eingeschränkt[165]. Die dadurch hervorgerufenen wichtigsten Unterschiede (Auswahl) gegenüber der unbeschränkten Steuerpflicht werden nachstehend zusammengefasst:
– |
Unter anderem die folgenden steuerlichen Vergünstigungen (vgl § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG können beschränkt Steuerpflichtige nicht in Anspruch nehmen: Sonderausgaben nach §§ 10, 10a, 10c EStG; Altersfreibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG; Altersentlastungsbetrag für Alleinerziehende nach § 24b EStG; außergewöhnliche Belastungen nach §§ 33–33b EStG; Steuerermäßigung für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse nach § 35a EStG; |
– |
Abgeltungswirkung des Steuerabzugs nach § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG; |
– |
Abzug von Betriebsausgaben und Werbungskosten[166] außerhalb des Anwendungsbereichs des § 50a Abs. 1 EStG nur insoweit, als diese mit inländischen Einkünften in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, vgl § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG; im Fall des § 50a Abs. 1 EStG bestehen jedenfalls formelle Einschränkungen, vgl § 50a Abs. 3 EStG nF. |
414
Aus sozialpolitischen Gründen sieht das Gesetz in einigen Fällen Rückausnahmen für Arbeitnehmer vor. Für beschränkt Steuerpflichtige, die Einkünfte aus § 19 EStG beziehen, gilt beispielsweise nicht die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs, vgl § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr 4 EStG. Darüber hinaus können steuerliche Pauschbeträge[167] (etwa Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a EStG) wie bei unbeschränkt Steuerpflichtigen in Ansatz gebracht werden (§ 50 Abs. 1 Satz 4 EStG).
415
Lösung Fall 26 ( Rn 412):
M ist aufgrund seiner Beteiligung an der A-KG beschränkt steuerpflichtig nach § 49 Abs. 1 Nr 2 Buchstabe a EStG. Der Veranlagungsbeamte B wird ihm indes mitteilen, dass für die Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger Besonderheiten im Besteuerungsverfahren gelten. Der Beitrag zur Lebensversicherung ist eine Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr 2 Buchstabe b EStG, die wegen § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nicht angesetzt werden kann. Die Spende (§ 10b EStG) bleibt hingegen grundsätzlich berücksichtigungsfähig, weil § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG nichts anderes bestimmt. Es müssen aber die Voraussetzungen des § 10b EStG gegeben sein.
416
Die vorstehend erläuterten besonderen Besteuerungsregeln für beschränkt Steuerpflichtige gelten wegen § 8 Abs. 1 KStG auch für Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr 1 KStG, soweit sie ihrem Wesen nach auf Körperschaftsteuersubjekte anwendbar sind. Dies gilt auch und gerade hinsichtlich der isolierenden Betrachtungsweise, die bei Kapitalgesellschaften einen Hauptanwendungsbereich hat.
Der oben unter der Rn 393dargestellte Beispielsfall ist in gleicher Weise zu lösen, wenn statt des Einzelgewerbetreibenden X die ausländische X-Limited das inländische Grundstück vermietet. Nach § 49 Abs. 2 EStG wird auch in diesem Fall die Gewerblichkeit des ausländischen Steuersubjekts (wegen § 21 Abs. 3 EStG erzielt die X-Limited Einkünfte im Sinne des § 15 EStG) außer Betracht gelassen[168].
417
Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Zentrale Vorschriften für beschränkt Einkommensteuerpflichtige sind jedoch auf Körperschaftsteuersubjekte nicht anwendbar, weil die Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse bei Körperschaften naturgemäß ausgeschlossen ist[169]. Dies gilt vor allem hinsichtlich der §§ 50 Abs. 1 Satz 3–5, Abs. 2 Satz 1 und 5, 50a Abs. 1 Nr 4 EStG[170]. Beschränkt steuerpflichtige Körperschaften werden daher weitgehend wie unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften besteuert (insbesondere gilt auch bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften der proportionale Steuersatz von 15%, vgl § 23 Abs. 1 KStG, § 50a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 4 Nr 2 EStG).
418
Zwei Ausnahmen sind zu beachten: Zum einen findet eine Veranlagung bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften nicht statt, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG erzielen, die einem Steuerabzug unterliegen. Nach § 32 Abs. 1 Nr 2 KStG ist in diesem Fall die Körperschaftsteuer durch den Steuerabzug abgegolten. Die durch den Steuerabzug entstehende Steuerbelastung wird damit definitiv. Voraussetzung für § 32 Abs. 1 Nr 2 KStG ist allerdings, dass die dem Steuerabzug unterliegenden Einkünfte nicht in einem inländischen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb[171] (gemeint ist eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO) anfallen[172]. Die Körperschaftsteuer ist jedoch dann nicht abgegolten, (1) wenn bei dem Steuerpflichtigen während eines Kalenderjahrs sowohl eine unbeschränkte Steuerpflicht als auch eine beschränkte Steuerpflicht im Sinne des § 2 Nr 1 EStG bestanden hat (in diesen Fällen sind die während der beschränkten Steuerpflicht erzielten Einkünfte in eine Veranlagung zur unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht einzubeziehen), (2) für Einkünfte, die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr 1, 2 oder Nr 4 EStG unterliegen, wenn der Gläubiger der Vergütungen eine Veranlagung zur Körperschaftsteuer beantragt, (3) soweit der Steuerpflichtige wegen der Steuerabzugsbeträge in Anspruch genommen werden kann (vgl § 44 Abs. 5 Satz 2 EStG)[173] und (4) soweit § 38 Abs. 2 KStG anzuwenden ist.
419
§ 32 Abs. 1 Nr 2 KStG nimmt in der Hauptsache auf die Kapitalertragsteuer Bezug. Kehrt eine inländische Kapitalgesellschaft an ihre ausländische Mutterkapitalgesellschaft Dividenden aus, ist nach §§ 43 Abs. 1 Nr 1, 43a Abs. 1 Nr 1 EStG iVm § 8 Abs. 1 KStG auf die Bruttodividende von der inländischen Gesellschaft ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass § 8b Abs. 1 KStG auch für beschränkt Steuerpflichtige gilt (vgl § 43 Abs. 1 Satz 3 EStG)[174] sowie zunächst ungeachtet der Tatsache, dass ggf in einem DBA eine Quellensteuerreduzierung zugunsten des Steuerpflichtigen vorgesehen ist (vgl § 50d Abs. 1 Satz 1 EStG iVm § 8 Abs. 1 KStG). Ausnahmen gelten im Anwendungsbereich der Mutter/Tochter-Richtlinie (dazu unten Rn 967 ff).
420
Die zweite Ausnahme betrifft den Ausschluss der sachlichen, subjektiven und partiellen Steuerbefreiungen des § 5 Abs. 1 KStG[175]. Nach § 5 Abs. 2 Nr 2 KStG gelten diese Steuerbefreiungen sowie etwaige Steuerbefreiungen anderer Gesetze nicht für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr 1 KStG, es sei denn, es handelt sich um Steuerpflichtige im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr 9 KStG, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der EU/des EWR gegründete Gesellschaften im Sinne des Art. 54 AEUV oder des Art. 34 EWR-Vertrag sind, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb des Hoheitsgebiets eines dieser Staaten befindet, und mit diesen Staaten ein Amtshilfeabkommen besteht.
Читать дальше