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Das BGB nennt in den §§ 723 ff. BGB eine Reihe von Auflösungsgründen. Es ist den Gesellschaftern allerdings unbenommen, durch entsprechende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag weitere Auflösungsgründezu schaffen.
Die wichtigsten im Gesetz genannten Auflösungsgründe sind:
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die Kündigung, |
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die Zweckerreichung, |
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der Tod eines Gesellschafters, |
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die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters, |
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das Unmöglichwerden des Erreichens des Gesellschaftszweckes, |
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ein Auflösungsbeschluss der Gesellschaft. |
Mit dem Eintritt einer der Gründe, die zur Auflösung der Gesellschaft führen können, ändert die Gesellschaft zunächst nur ihren Zweck. War sie zuvor auf die Erreichung des bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages vereinbarten gemeinsamen Zweckes gerichtet, so ist sie nun auf die Liquidation, auf die Abwicklung, gerichtet. Die Gesellschaft besteht als identische Wirkungseinheit in der Form einer Liquidationsgesellschaftfort. Auch wenn sich mit der Auflösung der Gesellschaftszweck und der rechtliche Status der Gesellschafter ändern, so bleiben Mitgliederbestand, Gesellschaftsvermögen und die Rechtsfähigkeitunberührt.[1] Sie bleibt auch Gesamthandsgemeinschaft.
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Nach § 726 BGB wird die Gesellschaft u. a. dann aufgelöst, wenn die Erreichung des vereinbarten Zwecks unmöglich geworden ist. Die Gesellschafter können jedoch die Fortsetzung der Gesellschaft mit einem anderen Zweck beschließen[2]. Wenn der vorletzte Gesellschafter aus einer BGB-Gesellschaft ausscheidet, für die im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist, dass die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird, so führt dies – soweit nichts Abweichendes vereinbart ist – zur liquidationslosen Vollbeendigung der Gesellschaft und zur Anwachsung des Gesellschaftsvermögens bei dem letzten verbliebenen Gesellschafter[3]. Die Aktiva und Passiva gehen also im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den letzten Gesellschafter über, ohne dass es eines Übertragungsaktes oder einer Übernahmeerklärung bedarf[4].
Teil II Die BGB-Gesellschaft› § 8 Die Beendigung der Gesellschaft› III. Die Auseinandersetzung
III. Die Auseinandersetzung
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Die Auflösung der Gesellschaft führt also noch nicht zu ihrer Beendigung, sondern zum Eintritt in das Abwicklungsstadium (Liquidation). Ziel der Auseinandersetzung ist es,
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zunächst die Gläubiger aus dem Vermögen der Gesellschaft wegen ihrer Forderungen gegen die Gesellschaft zu befriedigen und |
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anschließend das etwa noch übriggebliebene Vermögen der Gesellschaft unter die Gesellschafter zu verteilen. |
2. Das Verfahren der Auseinandersetzung
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Das Verfahren der Auseinandersetzung ist in den §§ 729 bis 740 BGB geregelt. Erst der Abschluss der Auseinandersetzung führt zur Vollbeendigung der bereits aufgelösten Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Im Verfahren der Auseinandersetzung nach §§ 730 ff. BGB ist eine Schlussabrechnungzu erstellen. Im Unterschied zu § 154 HGB ist für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine formelle, nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu erstellende Schlussbilanz nicht gesetzlich vorgeschrieben. Eine solche Schlussabrechnung – auch Auseinandersetzungsbilanzgenannt – muss aber jedenfalls dann errichtet werden, wenn die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft nicht ohne Weiteres überschaubar sind und eine Auseinandersetzung unter Berechnung der auf die einzelnen Gesellschafter entfallenden Guthaben oder Nachschüsse ohne eine solche Auseinandersetzungsbilanz zu Unsicherheiten führen würde[5]. Die Verpflichtung zur Aufstellung der Schlussabrechnung trifft die Abwickler, im Zweifel also alle Gesellschafter. Die Gesellschafter erwerben mit Eintritt der Auflösung einen Anspruch auf Errichtung der Schlussabrechnung als Teil des Anspruchs auf Auseinandersetzung[6].
3. Die Fortsetzung der noch nicht voll beendeten Gesellschaft
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Wird die Gesellschaft mit dem Tode eines Gesellschafters aufgelöst (§ 727 Abs. 1 BGB), können der oder die Erben des Verstorbenen Mitglieder der Liquidationsgesellschaft werden.[7]
Soweit eine fortsetzungsfähige, also noch nicht voll beendete Gesellschaft vorhanden ist, können die Gesellschafter die aufgelöste in eine werbende Gesellschaft zurückverwandeln. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Auflösungsgrund behoben ist und die Gesellschafter einstimmig die Fortsetzung beschließen. Ein solcher Fortsetzungsbeschluss muss nicht ausdrücklich gefasst werden; eine konkludente Beschlussfassung genügt. Auf eine solche kann dann geschlossen werden, wenn die Gesellschafter in Kenntnis der Auflösungsgründe von Liquidationsmaßnahmen absehen und den Geschäftsbetrieb unverändert fortsetzen, etwa indem sie gemeinsam längerfristige Verträge abschließen oder Personal einstellen[8].
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Lösung zu Fall 15:
Mit dem Entzug der Zulassung ist die Zweckerreichung in der Gesellschaft unmöglich geworden. Die Gesellschaft wäre nach § 726 BGB aufgelöst und müsste liquidiert werden. Solange die Gesellschaft nicht auseinandergesetzt ist, ist sie noch nicht beendet und infolgedessen fortsetzungsfähig. Die Gesellschafter können die aufgelöste in eine werbende Gesellschaft zurückverwandeln. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Auflösungsgrund behoben ist und die Gesellschafter einstimmig die Fortsetzung beschließen.
Wenn A und B vereinbaren, dass sie die Gesellschaft mit dem geänderten Zweck, ab jetzt die in den letzten 20 Jahren gemeinsam erworbenen Grundstücke zu verwalten, fortsetzen wollen, so ist darin ein solcher Fortsetzungsbeschluss zu sehen. Die Gesellschaft muss dann nicht mehr liquidiert werden. Sie wird vielmehr mit geändertem Zweck fortgesetzt. Die Fortsetzung der Gesellschaft ist also auf die geschilderte Art und Weise möglich.
[1]
OLG München, NZG 2010, 1138.
[2]
BGH ZIP 2004, 356 f.
[3]
BGH MDR 2008, 1223.
[4]
BGHZ 32, 307, 314 ff.
[5]
MünchKomm-BGB/ Ulmer, § 730 Rn. 57 ff.
[6]
MünchKomm-BGB/ Ulmer, § 730 Rn. 59.
[7]
BGH NZG 2010, 1138.
[8]
BGH ZIP 1995, 1412.
Teil II Die BGB-Gesellschaft› § 9 Die BGB-Gesellschaft als reine Innengesellschaft
§ 9 Die BGB-Gesellschaft als reine Innengesellschaft
Inhaltsverzeichnis
I. Überblick
II. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
III. Zur Abgrenzung: Gemeinschaften im Rechtssinne
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Fall 16:
A betreibt unter seinem Namen eine Bäckerei. Nachdem die gemeinsamen Kinder in die Schule gehen, arbeitet die Ehefrau E täglich in dem Laden, vornehmlich als Verkäuferin; außerdem führt sie die Bücher und kauft Waren ein. Ein Entgelt wird E nicht gezahlt. Nach 12 Jahren soll nach dem Willen des A seine Freundin F in dem Betrieb an die Stelle der E treten. Kann sich E dagegen zur Wehr setzen? Rn. 191
Literatur:
V. Beuthien, Ist die Innengesellschaft rechtsfähig?, NZG 2011, 161; H. Schulte, Vermögensausgleich nach Beendigung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft und einer Gütertrennungs-Ehe, ZGR 1983, 437 ff.
Teil II Die BGB-Gesellschaft› § 9 Die BGB-Gesellschaft als reine Innengesellschaft› I. Überblick
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