bb) Abgrenzung zum Bevollmächtigten
59
Ebenfalls nicht als Vertragspartner zu qualifizieren ist der Bevollmächtigtebzw. Stellvertreterdes Vertragspartners i.S.v. § 164 BGB, der eine eigene Willenserklärung im Namen des Vollmachtgebersbzw. vertretenen Vertragspartners abgibt.[57] Auch hier ist separat zu prüfen, ob der Bevollmächtigte ggf. als für den Vertragspartner auftretende Person nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG zu identifizieren ist.[58]
cc) Abgrenzung zum Verfügungsberechtigten nach § 154 Abs. 2 Nr. 1 AO
60
Der Begriff des Verfügungsberechtigtennach § 154 Abs. 2 AO geht über den Begriff des Vertragspartners i.S.d. GwG hinaus: Erfasst sind der Inhaber eines Kontos, seine gesetzlichen Vertreterund jede andere Person, die Kontovollmachthat und somit zur Verfügung über das Konto bevollmächtigt ist.[59]
e) Identifizierung und Identitätsüberprüfung von natürlichen Personen als Vertragspartner
61
Für die Identifizierung natürlicher Personen sind die nachfolgend genannten Angaben erforderlich.
aa) Zu erhebende Angaben und Art der Erfassung, § 11 Abs. 4 Nr. 1 GwG
62
Folgende Angaben sind zu erheben:
– |
Familiennameund mindestens ein Vorname;[60] |
– |
Geburtsort; |
– |
Geburtsdatum; |
– |
Staatsangehörigkeit; und |
– |
Wohnanschriftbzw. im Ausnahmefall die postalische Anschrift, unter der der Vertragspartner erreichbar ist;[61] Anschriften dürfen grundsätzlich keine Postfach- oder c/o-Adressensein. |
63
Erfolgt die Identitätsüberprüfung nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 GwG anhand eines gültigen amtlichen Ausweises, der ein Lichtbild des Inhabers enthält und mit dem die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird, sind außerdem Art, Nummer und ausstellende Behördedes vorgelegten Legitimationsdokuments zu erheben.
64
Die Erfassung der Angaben erfolgt i.d.R. durch Erfragungbei der betreffenden Person und bzw. oder Übernahme aus dem vorgelegten Legitimationsdokument.[62]
bb) Anerkannte Legitimationsdokumente und -mittel zur Identitätsüberprüfung
65
Zur Identitätsüberprüfung einer natürlichen Person sind drei Kategorien von Legitimationsdokumentenbzw. -mittel nach dem GwG zugelassen.
(1) Amtliche Ausweise, § 12 Abs. 1 Nr. 1 GwG
66
Zur Identitätsüberprüfung zugelassen sind amtliche Ausweise, die ein Lichtbild des Inhabers enthalten und mit dem die Pass- und Ausweispflicht im Inland erfüllt wird. Dies sind die nachfolgend aufgeführten:
– |
Deutsche Staatsbürger: Personalausweise, vorläufige Personalausweise, Pässe, vorläufig ausgestellte Pässe, Dienstpässe, Ministerialpässe, Diplomatenpässe, Kinderausweise mit Lichtbild, Kinderpässe mit Lichtbild;[63] |
– |
Nicht-deutsche Staatsbürgereines Mitgliedsstaats der EU bzw. des EWR: Personalausweise, Pässe, Passersatzpapiere,[64] durch deutsche Behörden ausgestellte Passersatzpapiere;[65] |
– |
Schweizer Staatsbürger: Pässe, Identitätskarten, durch deutsche Behörden ausgestellte Passersatzpapiere;[66] sowie |
– |
Drittstaatenangehörige: Pässe und Passersatzpapiere,[67] Bescheinigungen über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung,[68] Aufenthaltsgestattungen.[69] |
67
Insbesondere deutsche Personalausweise und Pässe enthalten unterschiedliche Angaben. Personalausweise enthalten die Anschrift des Inhabers, Pässe hingegen nicht. Beide Dokumente sind zur Identitätsüberprüfung zugelassen, wobei sich die Verifizierungspflicht lediglich auf solche Angaben erstreckt, die in dem zur Überprüfung vorgelegten bzw. herangezogenen Dokumenten auch enthalten sind.[70]
(2) Dokumente nach der Zahlungskonto-Identitätsprüfungsverordnung (ZIdPrüfV), § 12 Abs. 1 Nr. 5 GwG
68
Zur Identitätsüberprüfung sind weiter folgende Dokumente zugelassen:
– |
bei Personen, die das 16. Lebensjahr nicht vollendethaben und die nicht im Besitz eines Personalausweises oder Passes sind: Geburtsurkunde i.V.m. der Identitätsüberprüfung eines gesetzlichen Vertreters anhand eines Personalausweises oder Passes;[71] |
– |
bei Betreutendie Bestellungsurkunde des Betreuers i.V.m. der Identitätsüberprüfung des Betreuers anhand eines Personalausweises oder Passes;[72] |
– |
bei einem Ausländer, der nicht im Besitz eines Personalausweises oder Passesist: Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung;[73] und |
– |
bei einem Asylsuchenden, der nicht im Besitz eines Personalausweises oder Passes ist: Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (sog. Ankunftsnachweis).[74] |
69
Die beiden zuletzt genannten Tatbestände sind nur zugelassen zum Abschluss eines Basiskontovertragsi.S.d. §§ 31, 38 des ZKG (sog. Basiskonto).
(3) Elektronische Legitimationsmittel, § 12 Abs. 1 Nr. 2–4 GwG
70
Zur Identitätsüberprüfung sind folgende elektronischeLegitimationsmittel zugelassen:
– |
elektronischer Identitätsnachweis nach § 18 PAuswG(auch bezeichnet als elektronischer Personalausweis, Online-Ausweisfunktion bzw. eID-Funktion); |
– |
qualifizierte elektronische Signatur;[75] und |
– |
elektronisches Identifizierungssystem.[76] |
cc) Verfahren zur Identitätsüberprüfung
71
Hinsichtlich der nach dem GwG vorgesehenen Verfahren zur Identitätsüberprüfung ist wie folgt zu unterscheiden.
(1) Vor-Ort-Prüfung, § 13 Abs. 1 Nr. 1 GwG
72
Bei der Vor-Ort-Prüfungist der zu identifizierende Vertragspartner anwesend. Mitarbeiter des Kreditinstituts haben die Gelegenheit, das Legitimationsdokument in Augenscheinzu nehmen und ggf. eine haptische Prüfung vorzunehmen.[77]
(2) Gleichwertige Verfahren, u.a. Videoidentifizierungsverfahren, § 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG
73
Das GwG lässt in Anbetracht der fortschreitenden technischen Entwicklung sonstige Verfahren zur Identitätsüberprüfung zu, sofern diese ein im Vergleich zur Vor-Ort-Prüfung gleichwertiges Sicherheitsniveauhaben. Hierunter fällt neben den oben unter Rn. 70aufgeführten elektronischen Legitimationsmitteln auch das Videoidentifizierungsverfahren.[78]
74
Die BaFin hat folgende Voraussetzungen an die Durchführung des Videoidentifizierungsverfahrens geknüpft:[79]
– |
die Mitarbeiter müssen zu geldwäsche- und datenschutzrechtlichen Vorschriften geschult sowie zu den Prüfverfahren der im Rahmen des Videoidentifizierungsverfahrens akzeptierten Dokumente und ihren prüfbaren Sicherheitsmerkmalenausgebildet sein; die Schulung muss vor Aufnahme der Identifizierungstätigkeit abgeschlossen sein und mindestens einmal jährlich aktualisiert werden, im Rahmen der Aktualisierung sind insbesondere Änderungen der aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu vermitteln; |
– |
die Mitarbeiter müssen sich während der Videoidentifizierung in abgetrennten und nur mit Zugangskartezugänglichen Räumlichkeiten befinden; |
– |
das Einverständnisder zu identifizierenden Person zur Aufzeichnung des Identifizierungsprozesses ist aufzuzeichnen; |
– |
bei der Zuteilung von Identifizierungsvorgängen an die Mitarbeiter müssen Mechanismen eingesetzt werden, die einer vorhersehbaren Zuteilung und der dadurch bestehenden Manipulationsmöglichkeitentgegenwirken; |
– |
die Videoidentifizierung muss in Echtzeitund ohne Unterbrechung erfolgen; |
– |
es sind nur Ende-zu-Ende verschlüsselte Videochatszulässig, die die Empfehlungen der Technischen Richtlinie des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik einhalten (BSI TR-02102); |
– |
zum Videoidentifizierungsverfahren sind nur Ausweisdokumente zugelassen, die über ausreichende Sicherheitsmerkmale verfügen;[80] |
– |
der Mitarbeiter muss sich davon überzeugen, dass das Lichtbild sowie die Personenbeschreibung auf dem verwendeten Legitimationsdokument zu der zu identifizierenden Person passen; |
– |
das Videoidentifizierungsverfahren ist abzubrechen, wenn die visuelle Überprüfung bzw. die sprachliche Kommunikation zwischen Mitarbeiter und zu identifizierender Person beeinträchtigt sind; |
– |
während der Videoidentifizierung muss die zu identifizierende Person eine an sie per Email oder SMS gesendete Ziffernfolge (TAN)online eingeben und an den Mitarbeiter zurücksenden; die erfolgreiche Bestätigung der TAN schließt das Videoidentifizierungsverfahren ab; |
– |
der gesamte Prozess der Videoidentifizierung ist aufzuzeichnen, die Aufzeichnung ist gem. § 8 Abs. 3 GwG fünf Jahre aufzubewahren. |
(3) Identitätsüberprüfung durch Dritte (insbesondere Postident-Verfahren)
Читать дальше