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Es ist höchst strittig, ob Berichtigungsansprüche – unterhalb der Ebene des Rechtswidrigkeit voraussetzenden Widerrufs – auch dann in Frage kommen, wenn eine rechtmäßig aufgestellte Behauptung nicht aus der Welt geschafft wird, obwohl sie sich inzwischen als unwahr herausgestellt hat und die Beeinträchtigung fortwirken kann. Der BGH[532] und das BVerfG[533] haben dies in Einzelfällen als möglich angesehen.
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Ein Berichtigungsanspruch gleich welcher Form besteht jedoch nur, wenn er zur Beseitigung der fortdauernden Rufbeeinträchtigung des Betroffenen notwendig ist.[534] Er ist deshalb von einer Abwägung im Einzelfallzwischen dem Interesse des Betroffenen einerseits und dem Interesse des Mitteilenden andererseits, seine einmal geäußerte Behauptung nicht zurücknehmen zu müssen,[535] abhängig. Diese kann z.B. zu Lasten des Anspruchs verlaufen, wenn eine bloße Übertreibung vorliegt, der Kern der Behauptung jedoch zutrifft, wenn es dem Betroffenen nur darum geht, sich rechtliche Vorteile in Bezug auf andere rechtliche Beziehungen oder innerhalb einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu verschaffen,[536] wenn der Störer seinerseits provoziert wurde[537] oder wenn die Wirkung der Äußerung durch Zeitablauf verblasst wird und damit keine fortwirkende Quelle gegenwärtiger Rufbeeinträchtigung mehr ist. Allerdings hat in einem Einzelfall der BGH sogar nach mehr als 2 Jahren einen Anspruch bejaht.[538]
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Der Anspruch kann auch entfallen, wenn das Medium die Darstellung bereits von sich aus berichtigt oder widerrufen hat. Ob diese freiwillige Berichtigungausreicht, hängt vom Einzelfall ab.[539] Sie muss eindeutig sein. Die Mitteilung zusätzlicher Fakten ist unschädlich, wenn sie die Wirkung der Berichtigung nicht relativiert,[540] sondern lediglich den Sachverhalt ergänzt. Außerdem muss die „Waffengleichheit“ insofern gewahrt sein, als die freiwillige Berichtigung in vergleichbarer Form und an vergleichbarer Stelle veröffentlicht wird wie die Erstmitteilung. Eine gleichsam „weggedrückte“ Berichtigung reicht nicht aus.[541] Auch muss der gleiche Adressatenkreis durch die Art und Weise der Verbreitung der Berichtigung erreicht werden.[542] Der Anspruch wird auch nicht durch eine erwirkte Gegendarstellung ausgeschlossen.[543]
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Auch bei Bildnissen kommen Berichtigungsansprüche in Betracht, z.B. bei Fotomontagen oder Retuschen, die zu einer Rechtsverletzung führen. Der Anspruch besteht dann in der Regel in der Wiedergabe des richtigen Bildnisses zusammen mit einem erläuternden Berichtigungstext. Ein Anspruch kann auch dann bestehen, wenn die Rechtsverletzung gerade aus der Kombination von Bild und Text entsteht in der Form, dass eine Neuveröffentlichung des Bildes zusammen mit verbaler Berichtigung erfolgt.
3. Anspruchsberechtigte und -verpflichtete
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Für die Aktivlegitimation gilt grds. das Gleiche wie beim Unterlassungsanspruch.[544] Bei mehreren Betroffenen hat aber nicht unbedingt jeder Einzelne Ansprüche. Grds. muss der Berichtigungsanspruch dann nur einmal erfüllt werden. Allerdings ist für öffentlich-rechtliche Körperschaften der Anspruch auf Fälle zu beschränken, in denen die fortwirkende Rufbeeinträchtigung ein erhebliches Gewicht hat.[545]
4. Probleme der Durchsetzung des Berichtigungsanspruchs
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Die Berichtigung darf keine Irreführung enthalten. Der Kläger muss die Berichtigung vorformulieren.
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Eine Berichtigung kann grds. nur im Hauptsacheverfahrenverlangt werden.[546] Die Durchsetzbarkeit ist grds. vom Eintritt der Rechtskraft unabhängig. Ausnahmen sind im Falle des § 712 ZPO möglich,[547] mithin, wenn die Vollziehung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Zudem ist der Schuldner durch den Ersatzanspruch nach § 717 Abs. 2 ZPO geschützt.
III. Der Bereicherungsanspruch
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Ein Bereicherungsanspruch aus Eingriffskondition ist anerkannt für eine persönlichkeitsrechtsverletzende Verwendung eines Bildnisses oder eines Namens oder sonstiger Persönlichkeitsrechtsmerkmale zu Zwecken der Werbung.[548] Es kommt dabei nicht darauf an, ob das Vermögen des Betroffenen in irgendeiner Weise durch die persönlichkeitsrechtsverletzende Ausnutzung zu Werbezwecken gemindert ist, etwa dass er – hypothetisch – für die Anfertigung des Bildnisses hätte Zeit aufwenden müssen oder das betroffene Persönlichkeitsrecht überhaupt hätte wirtschaftlich nutzen können, auch nicht auf der Bereitschaft des Betroffenen, über das betroffene Persönlichkeitsgut gegen Entgelt zu Werbezwecken überhaupt zu verfügen.[549] Kein solcher Anspruch kann hingegen bestehen, wenn die Presse über ein die Öffentlichkeit interessierendes Ereignis berichtet und schon gar nicht ersichtlich ist, dass kommerzielle Interessen des Betroffenen bestanden haben.[550]
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Der Bereicherungsanspruch kann neben einem Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden.[551]
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Der Höhe nach ist dem Verletzten zumindest die Lizenzgebühr zu zahlen, die bei ordnungsgemäßem Rechtserwerb aufzuwenden gewesen wäre.[552] Bei der Bemessung des angemessenen Honorars sind alle Umstände des konkreten Einzelfalles zu berücksichtigen, wie etwa Auflagenstärke, Verbreitung, Art (z.B. Blickfang oder sogar Testimonial) und Gestaltung sowie die Werbewirkung (z.B. Bekanntheitsgrad, Sympathiewert).[553] Die Lizenzhöhe ist dem Sachverständigenbeweis zugänglich,[554] kann aber auch gem. § 287 ZPO vom Gericht in freier Beweiswürdigung ermittelt werden.[555] Dies ist jedenfalls solange von Verfassungswegen nicht zu beanstanden, wie die Schätzung nicht mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig „in der Luft hing“.[556]
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Der Bereicherungsanspruch endet mit dem Tod des Verletzten.[557] Besteht der Bereicherungsanspruch dem Grunde nach, steht dem Verletzten als Hilfsanspruch ein Auskunftsanspruch zur Verfügung.[558]
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Das Verschulden ist in der Regel durch die rechtswidrige Verletzung des haftungsbegründenden Tatbestandes indiziert. Bei offenen Tatbeständen wie dem Persönlichkeitsrecht ist dagegen die positive Feststellung der Rechtswidrigkeitnotwendig.
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Die – praktisch sehr relevante – Kausalitätwird auf der Grundlage der Adäquanztheorie ermittelt.[559] Der Ersatz von Schäden, die nicht wegen, sondern nur gelegentlich einer rechtswidrigen Berichterstattung entstanden sind, können unter Umständen verfassungsrechtlich bedenklich sein, wenn wegen der Beeinträchtigung des Mutes zur Kommunikation die Pressefreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt würde.[560] Verletzen mehrere Medien durch gleiche oder ähnliche Darstellung das in Frage stehende Recht des Verletzten, sollen sie als getrennt Schäden Verursachende auch getrennt haften.[561]
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Die Berechnung des Schadens folgt der Differenzlehre. Beim Eingriff in das Unternehmensrecht kann auch auf entgangenen Gewinn nach § 252 BGB geklagt werden. Es ist zu ermitteln, wie sich der Umsatz ohne die Veröffentlichung entwickelt hätte. Anhand des Umsatzes ist der hypothetische Gewinn zu berechnen, dessen Differenz zum tatsächlich erzielten dann den Schadensbetrag wiedergibt. Das Gericht kann zur Berechnung nach § 287 ZPO vorgehen. Als Schadensersatz kommt auch der Ersatz schadensmindernder Aufwendungen in Betracht,[562] sofern diese erforderlich sind[563] (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB).
Aktiv- und Passivlegitimation entspricht dem zum Unterlassungsanspruch Gesagten.
Für Schadensersatzansprüche steht lediglich das Hauptsacheverfahren zur Verfügung. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Streitwert.
V. Der Geldentschädigungsanspruch
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