145
Verletzungshandlung ist das unbefugte Herstellen oder Übertragen von Bildaufnahmen. Mit Herstellung ist grds. jegliche Abbildungsvervielfältigung erfasst durch beliebige Bildträger, Bildaufnahmegeräte oder andere technische Mittel. Das Tatbestandsmerkmal des „Übertragens“ ist unklar und wird weder durch Gesetz noch Gesetzbegründung definiert.
146
Nach § 201a Abs. 2 StGB wird ebenso bestraft, wer eine durch eine Tat nach Abs. 1 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder Dritten zugänglich macht. Damit sind der Gebrauch und die Weitergabe von Aufnahmen erfasst, die durch eine Tat nach Abs. 1 hergestellt wurde. § 201a Abs. 3 StGB bestraft das wissentlich unbefugte Weitergeben einer befugten Abbildung im Rückzugsbereich des Einzelnen, wenn dadurch dessen höchst persönlicher Lebensbereich verletzt wird. § 201a Abs. 4 i.V.m. § 74a StGB regelt die Möglichkeit, die verwendeten technischen Mittel einzuziehen.
147
§ 201a StGB wurde als Antragsdelikt ausgestaltet und in § 205 StGB einbezogen. Der Einzelne, um dessen höchst persönlichen Lebensbereich es geht, soll selbst entscheiden können, ob er ein strafrechtliches Verfahren in Gang setzt oder nicht. Für den Strafantrag gelten die §§ 77, 77b StGB, §§ 206a, 260 Abs. 3 StPO. § 201a StGB ist jedoch kein Privatklagedelikt nach § 374 Abs. 1 StPO.
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Die rechtspolitische Notwendigkeit des § 201a StGB war beim Gesetzgebungsverfahren heftig umstr., stand doch mit § 33 KUG ein teils weiterer, teils engerer Straftatbestand zur Verfügung. Der Schutz des § 33 KUG ist zum einen weiter, weil nicht nur Bildnisse, die den höchst persönlichen Lebensbereich betreffen, erfasst werden, zum anderen enger, weil bloße Herstellung des Bildnisses nicht erfasst war.
149
Weder die Vorschrift des § 33 KUG noch die Vorschrift des § 201a StGB haben seit ihrer Einführung eine praktische Rolle gespielt.
150
Abbildungen von Sachen sind Bilder und unterfallen damit nicht dem Bildnisschutz nach § 22 KUG. Als verletzte Rechte Dritter kommen insbesondere Persönlichkeits-, Eigentums-,[453] Urheber-, Wettbewerbs-, Marken- und Hausrechte in Betracht. Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung kann vorliegen, wenn die Verbreitung der Aufnahme eine Verletzung der Privat- oder sogar der Intimsphäre bedeutet.[454] Auch das Unternehmensrecht kann berührt sein, da sich ihre Sphäre auch auf die dem Hausrecht unterliegenden Bereiche erstreckt, z.B. wenn gegen den Willen des Berechtigten im räumlichen Bereich Film- und Fotoaufnahmen gefertigt werden.[455]
D. Die zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen
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Die in der Praxis dominierenden Anspruchsgrundlagen sind der Unterlassungsanspruch, der Geldentschädigungsanspruch und der Gegendarstellungsanspruch. Weitere wichtige Anspruchsgrundlagen sind Berichtigungs-, Schadenersatz- und Bereicherungsansprüche.
I. Der Unterlassungsanspruch
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Der aus § 1004 BGB entwickelte quasi-negatorische Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch ist ein höchst persönlicher Anspruchund nicht übertragbar.Neben dem Anspruch auf Unterlassung weiterer Störungen kann er auch in entsprechender Anwendung von § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB auf die Beseitigung eines durch eine unwahre Tatsachenbehauptung geschaffenen Zustandes fortdauernder Rufbeeinträchtigung gerichtet sein.[456] Neben der Beseitigung in Form des Berichtigungsanspruches kann der Betroffene bei im Internet abrufbaren Tatsachenbehauptungen den Störer auch zu Löschung bzw. zum Hinwirken auf Löschung in Anspruch nehmen.[457] Der Anspruch unterliegt identischen sachlich rechtlichen und beweismäßigen Voraussetzungen wie die ansonsten anerkannten Rechtsbehelfe; er kann nur verlangt werden, wenn und soweit die Behauptungen nachweislich falsch sind und die Abhilfemaßnahmen der Löschung unter Abwägung der beidseitigen Rechtspositionen geeignet, erforderlich und dem Störer zumutbar ist.[458]
153
Der Unterlassungsanspruch setzt Wiederholungs- oder Begehungsgefahrvoraus. Es ist strittig, ob die im Bereich des Wettbewerbsrechts entwickelte Rechtsprechung, dass die Wiederholungsgefahr nach erfolgtem rechtswidrigen Eingriff grds. zu vermuten ist, auf das Presserecht in voller Schärfe übertragen werden kann.[459]
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Wiederholungsgefahr besteht nicht, wenn die ursprüngliche Äußerung rechtmäßig erfolgte (z.B. bei Verdachtsberichterstattung oder wegen Wahrnehmung berechtigter Interessen). Stellt sich nachträglich heraus, dass die Äußerung – das hypothetische Wissen um ihre Unzulässigkeit unterstellt – unzulässig gewesen wäre, so kann höchstens noch Begehungsgefahr bestehen. Diese muss jedoch konkret festgestellt werden.[460]
155
Erscheinen in einem Verlag mehrere Publikationen, besteht regelmäßig nur die Gefahr, dass die konkrete Publikation die Behauptung wiederholen wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die einzelnen Redaktionen der verschiedenen Publikationen voneinander getrennt sind. Der Tenor der Unterlassungsverpflichtungserklärung kann auf Unterlassen „in der X-Zeitung“ beschränkt werden. Andernfalls muss die Wiederholungsgefahr für die andere Publikation besonders belegt werden.[461]
156
Liegt die Wiederholungsgefahr einmal vor, besteht sie in der Regel solange fort, bis der Äußernde oder der Verbreiter eine ernsthafte, nicht abweichende strafbewehrte Unterlassungserklärungabgegeben hat.[462] Ausnahmen können je nach Einzelfall bestehen. Die Wiederholungsgefahr bei Bildunterschriften kann z.B. durch Abgabe der Unterlassungserklärung für die Fotos entfallen.[463] I.d.R. wird z.B. die Wiederholungsgefahr entfallen, wenn der Äußernde eine Richtigstellung veröffentlicht hat.[464] Von der Absicht der Richtigstellung ist der Betroffene vorab nicht zu unterrichten.[465]
157
Auch wenn Meldungen von Behörden oder Nachrichtenagenturen veröffentlicht werden, die von diesen anschließend öffentlich korrigiert werden, ist nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände davon auszugehen, dass nach der Korrektur die Äußerungen wiederholt werden bzw. Begehungsgefahr besteht.[466]
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Eine Unterlassungs-Erklärung hat grds. uneingeschränkt, bedingungslos und unwiderruflichzu erfolgen.[467] Zulässig ist jedoch die Bedingung, wonach das Versprechen nur für die Dauer eines allgemein verbindlichen Verbots gilt, das auf Gesetz oder höchst richterlicher Rechtsprechung oder einer bestimmten Verbotsrechtssprechung eines OLG beruhen kann.[468] Bei Sachverhalten, in denen eine Tatsachenbehauptung nicht erweislich war oder unwahr ist, aber z.B. die Sorgfaltspflicht verletzt wurde, ist es zulässig sich vorzubehalten, die fragliche Äußerung zu wiederholen, falls sich herausstellt, dass der angenommene Sachverhalt sich im Zuge eines konkreten, bereits anhängigen Gerichtsverfahren als wahr erweist.
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Mit der korrekten Unterlassungs-Erklärung erlischt der materiellrechtliche Anspruch. Die Erklärung selbst ist ein abstraktes Schuldanerkenntnis, das die erloschene gesetzliche Unterlassungsschuld durch eine vertragliche Unterlassungsverpflichtung ersetzt.[469] Durch die Annahme der Unterlassungserklärung kommt ein Vertrag i.S.v. § 311 BGB zustande. In der Praxis wird häufig auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Erklärung vom Geforderten nicht oder nicht wesentlich abweicht.[470] In der inhaltlichen Ausgestaltung eines Unterlassungsvertrages sind die Parteien grds. frei.[471]
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Die Konventionalstrafe muss angemessen sein. In äußerungsrechtlichen Angelegenheiten ist regelmäßig ein Wert über 5 000 EUR absolut üblich. Häufig wird der sog. „Hamburger Brauch“ gepflegt, nach der dem Verletzten eingeräumt wird, die Höhe der Vertragsstrafebestimmen zu lassen, was nach § 315 BGB im Zweifel nach beliebigem Ermessen zu geschehen hat, um die Bestimmung dann einer gerichtlichen Überprüfung zuführen lassen zu können.[472]
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