Durch die Prozessorientierung wird die Transparenz erhöht und das Verständnis für die Gesamtzusammenhänge im Unternehmen geschaffen. Dadurch können die erfolgskritischen Prozesse identifiziert und das Unternehmen auf die wertschaffenden Aktivitäten ausgerichtet werden. 57 Die systematische Strukturierung der Prozesse senkt nicht nur die Prozessdurchlaufzeiten, sondern erhöht auch die Prozessqualität.
Im Prozessmanagement sind alle planerischen, organisatorischen und kontrollierenden Maßnahmen zur zielgerichteten Steuerung der Wertschöpfungsketten eines Unternehmens zusammengefasst. Der Einsatz dient dazu, die Zielsetzungen im Hinblick auf die Qualität, Kosten, Zeit, Innovationsfähigkeit und Kundenzufriedenheit zu erreichen. Die Säulen des Prozessmanagements 58 sind:
• Process Design (Definition der Leistungs- und Supportprozesse),
• Process Benchmarking (Führen von Prozessen),
• Process Improvement (Verbesserung bestehender Prozesse),
• Process Redesign (Erneuerung von Prozessen).
Unter einem Prozess versteht man generell die strukturierte Abfolge von logisch zusammenhängenden Aktivitäten, um ein bestimmtes Prozessziel zu erreichen. 59 Ein Gesamtprozess besteht aus mehreren Prozessphasen, die aus Transparenzgründen wiederum in Unterprozesse unterteilt werden können. Eine einzelne Prozessphase ist gekennzeichnet durch jeweils einen definierten Input und einen Output. Dabei stellt der Output der vorhergehenden Phase die Inputvariable der nachgelagerten Phase dar, in der dieser dann weiterverarbeitet wird. In der folgenden Abbildung 10 wird dieser Zusammenhang deutlich.
Abb. 10: Prozesselement mit Input und Output
Geschäftsprozesse leisten einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg und beinhalten eine Kette von inhaltlich zusammenhängenden Teilprozessen, die zur Leistungserstellung erforderlich sind. In der Wertschöpfungskette sind alle erforderlichen Geschäftsprozesse enthalten. Unternehmen können dann Wettbewerbsvorteile für sich gewinnen, wenn es ihnen gelingt, ihre Geschäftsprozesse besser oder zu geringeren Kosten als die Konkurrenten durchzuführen. Das Beschaffungsmanagement als Primäraktivität 60 in dieser Wertschöpfungskette stellt einen neuen Ansatz zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen dar. Eine kundenorientierte Unternehmensstrategie kombiniert mit einer konsequenten Integration durch Prozessorientierung bietet zusammen mit der Beschaffung ein erhebliches Potenzial zur Steigerung von Profitabilität und Unternehmenswert.
Unternehmen stellen in ihrer Gesamtheit sehr komplexe Prozessnetzwerke dar. Dabei besteht die Gefahr, dass mit steigender Komplexität die Transparenz abnimmt und die Steuerbarkeit der einzelnen Unterprozesse immer schwieriger wird. Abhilfe kann geschaffen werden, wenn Unterprozesse in Ablauf- und Wertschöpfungsprozesse zusammengefasst und entsprechenden Geschäftsprozessen zugeordnet werden. Diese können in der Verantwortung eindeutig den Process Ownern zugeordnet werden. Damit wird die Transparenz erhöht und die Voraussetzung für eine effiziente Steuerung geschaffen.
Der integrierte Beschaffungsmanagementprozess stellt einen wichtigen Geschäftsprozess dar. Dieser besteht aus zahlreichen Teilprozessen, die durch Input- und Output-Beziehungen miteinander verbunden sind. Die einzelnen Prozessphasen bauen aufeinander auf und bilden dadurch einen in sich geschlossenen Gesamtprozess. Innerhalb der Teilprozesse findet eine Reihe an definierten Aktivitäten statt, die ebenfalls logisch aufeinander aufbauen. Durch die Weiterverarbeitung der Inputs und deren systematische Kombination entsteht durch die Wertschöpfung für das Unternehmen ein Wertzuwachs. Zielsetzung ist dabei, die Prozesse so zu gestalten, dass kurze Durchlaufzeiten und niedrige Kosten realisierbar sind. Auf der anderen Seite muss das Prozessdesign stets eine Steigerung der Innovationsfähigkeit, der Qualität und der Kundenzufriedenheit ermöglichen.
Wichtig für die Steuerung dieser Teilprozesse sind die Prozesskennzahlen, welche die Transformation des Inputs in den Output erklären und damit Aufschluss über die Qualität dieses Prozesses geben. Diese Input-Output-Beziehungen gelten nicht nur im internen Kunden-Lieferanten-Verhältnis, sondern sind auch im externen Verhältnis anzuwenden. Mit Six Sigma 61 ist es zum Beispiel möglich, diese Input-Output-Relationen über messbare Prozesskennzahlen zu steuern und zu Weltklassestandards zu führen.
Damit auf beiden Seiten im Kunden-Lieferanten-Verhältnis eine Kongruenz hergestellt werden kann, sind folgende Anforderungen zu stellen 62 :
• Die Anforderungen des (internen bzw. externen) Kunden müssen erkannt werden.
• Der Kunde muss seine Anforderungen formulieren und spezifizieren können.
• Die eigenen Prozesse sind so auszulegen, damit vorgelagerte Prozessleistungen zuverlässig aufgenommen und beurteilt werden können.
• Die Input-Faktoren für die eigenen Prozesse müssen den Prozessstandards entsprechen, um die gesamte Prozessqualität abzusichern.
• Die erzeugten Prozessergebnisse müssen auf Zielübereinstimmung geprüft werden.
• Die Prozesse sind kontinuierlich zu verbessern.
Die wichtigste Erkenntnis hieraus ist, dass das jeweilige Prozessergebnis das Ergebnis der gesamten Prozesskette bestimmt. Übertragen auf die Beschaffung bedeutet dies, dass das Ergebnis aus der Entwicklung oder Konstruktion mit der entsprechenden Spezifikation dann die Arbeitsergebnisse in der Produktion beeinflussen können. Unmittelbar einsichtig ist, dass der Markterfolg aus den Ergebnissen der gesamten Prozesskette bis zur Markteinführung abhängt. Daraus lässt sich folgern, dass ein Markterfolg sich nur erzielen lässt, wenn jeweils der Kunde seinem Lieferanten seine Anforderungen artikuliert, und dieser in der Lage ist, diese auch zu erfüllen. Aus diesem Grund ist der Integrationsgedanke, der in diesem Ansatz herausgestellt wird, von so enormer Bedeutung. Zudem finden einzelne Prozesse ja nicht isoliert im Unternehmen statt, sondern sind in das übergeordnete Prozessnetzwerk des Unternehmens und dessen externe Schnittstellen integriert.
Beispiele für den integrativen Charakter des Prozessmanagements finden sich in allen Aufgaben und Wertschöpfungsstufen. 63 Als wesentliche Voraussetzung ist ein Wandel in der Firmenkultur festzustellen. So ist eine starke Kundenfokussierung in Qualitätsfragen festzustellen. Das Management richtet den Qualitätsstandard am Weltmarktniveau aus. Dazu werden die Prozessnetzwerke ausgerichtet und statistische Prozessparameter auf Six Sigma Niveau als Zielwerte für die Process Owner gesetzt.
Beim Entwicklungsprozess zeigt sich der integrative Charakter zwischen Entwicklung, Beschaffung und Produktion in Form von Simultaneous und Concurrent Engineering. Erstmusterprüfungen basieren auf Prozess-Sigma-Werten oder Null-Fehler-Forderungen.
Der Beschaffungsprozess ist gekennzeichnet durch ein gegenseitiges Prozessverständnis der crossfunktionalen Qualifizierungsteams, die dazu beitragen, das Risiko der gegenseitigen Abhängigkeit zu reduzieren und zu eliminieren.
Im Produktionsprozess 64 kommt die Integration vor allem durch die dokumentierte Prozessübergabe von der Beschaffung an die Produktionsplanung und anschließend an die Fertigungsdurchführung für den Serienanlauf zum Tragen. Aber auch die Schnittstellen zwischen Entwicklung, Beschaffung, Technologie, Konstruktion, Logistik, Lagerhaltung und Kalkulation müssen integriert werden. Die Produktionsprozesse werden mit statistischen Werten qualifiziert und konsequent über die sensorgesteuerte Prozessregelung bestimmt, so dass die Produktprüfung durch die digitalisierte Prozessführung ersetzt werden kann. Die Qualifikation für die prozesskritischen Aufgaben erfolgt über spezifische Ausbildungsprogramme, die speziell tätigkeitsbezogen und firmenspezifisch erfolgen müssen. Prozessqualität wird unterstützt durch Mitarbeiterdisziplin und ein ordentliches Arbeitsumfeld.
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