• Wichtig sind geeignete Suchfunktionen oder eine Funktion zum Matching, also ein Abgleich von Profilen und offenen Stellen anhand von geeigneten Kriterien. Auch ein individueller Stellenmarkt (z. B. mit Auslandspraktika für ehemalige Inlandspraktikanten) und Einblick in den Status aktiver Bewerbungen gehören dazu.
• Attraktiv für die Bewerber wird ein BRM bzw. TRM durch Services (wie Shops mit Produkten des Unternehmens zu günstigen Konditionen, Zugang zu unternehmensinternen Datenbanken, wie Bibliotheken, Linklisten fürs Studium oder Mitarbeiterzeitschriften). Darüber hinaus sollten in Foren Fragen an Unternehmensvertreter gestellt und Chats mit Personalverantwortlichen zu aktuellen Themen des Personalmanagements geführt werden können. Etwas individueller sind Geburtstagsgrußkarten, Paten- oder Mentoringprogramme. Kostenintensiv, aber attraktiv sind auch Einladungen zu firmeninternen Veranstaltungen mit Unternehmensvertretern. Im Idealfall sind die Services adaptiv und lassen sich nicht nur zielgruppengerecht, sondern individuell anpassen.
Diese Zielgruppenorientierung der Beziehungspflege ist sehr wichtig. Im Zentrum wird hier regelmäßig die Kontaktpflege zu Praktikanten sowie zu ehemaligen Mitarbeitern stehen, mit denen der engste Kontakt bestand und auch weiter bestehen sollte. Dagegen ist für die Zielgruppe der Initiativbewerber ein eher loser Kontakt angemessen. Inhaltlich das Wichtigste ist letztlich die bevorzugte Ansprache von Poolmitgliedern bei der Besetzung möglicher Stellen. Eigene Bewerber- bzw. Talentdatenbanken bieten sich mit Blick auf Berufsanfänger und größere Unternehmen an, da hier ein konstanter Bedarf zu decken ist. Die Kandidaten sind in diesem Fall bereits mit dem Unternehmen vertraut und vorab ausgewählt. Dies ist bei der Nutzung von anderen Datenbanken, allen voran Business Netzwerken oder Jobbörsen, nicht der Fall. Dennoch ist auf engen Arbeitsmärkten die aktive Suche und Direktansprache, auch Active bzw. Social Sourcing genannt, durch Unternehmen selbst oder externe Dienstleister immer mehr im Kommen (vgl. Müller, 2017, S. 272 f.).
Der Active Sourcing-Prozess besteht aus drei Phasen:
• Wahl der Datenbank(en) und des Sourcing-Kanals,
• Kandidatensuche und
• Kandidatenansprache.
Hierbei sind zunächst die Zielgruppe und bevorzugte Kanäle zu recherchieren. Auf dieser Grundlage wird der Sourcing-Kanal gewählt. In Lebenslaufdatenbanken von Jobbörsen wird man hauptsächlich auf aktive Jobsuchende treffen. Nicht zu vergessen ist eine eventuell vorhandene unternehmensspezifische Lebenslaufdatenbank wie vorstehend kurz beschrieben. Im Gegensatz zu Lebenslaufdatenbanken sind die Profile in Karrierenetzwerken keine klassischen Bewerber-Lebensläufe und dienen nicht vorrangig dem Ziel eine Stelle zu finden. Sie bieten Möglichkeiten, sich beruflich aktiv auszutauschen, zu vernetzen und individuell darzustellen sowie ggf. aktiv Einfluss auf Meinungsbildungsprozesse zu nehmen. Hierbei haben sich Karrierenetzwerke hauptsächlich auf die Arbeitnehmergruppe der akademischen Fachkräfte spezialisiert, welche überwiegend zu den passiven Kandidaten zählen. Obwohl Karrierenetzwerke nicht primär der Stellensuche und -besetzung dien(t)en, werden diese zunehmend von beiden Seiten dafür genutzt. Vor diesem Hintergrund bieten XING und LinkedIN nicht nur besondere Erfolgschancen im Active Sourcing, sondern mit dem »XING TalentManager« und dem »LinkedIN Recruiter« auch entsprechend (kostenpflichtige) Tools der Suche und Ansprache. Dabei ist das Preisleistungsverhältnis von XING vorzuziehen, wenn die Firma hauptsächlich oder ausschließlich im DACH-Raum rekrutiert. Anders, wenn ein Unternehmen auch international rekrutieren möchte, an LinkedIN kommt man hier nicht vorbei (vgl. Ullah et al., 2017, S. 79 ff.).
Im gewählten Sourcing Kanal erfolgt dann die eigentliche Recherche nach möglichen Kandidaten, die Kandidatensuche. Recruiter sollten in der entsprechenden Datenbank geschult sein, um effizient und erfolgreich Kandidaten aufzuspüren (vgl. Ullah et al., 2017, S. 41 ff.). Kann oder will ein Unternehmen die Suche nicht eigenständig stemmen, etablieren sich, neben der Personalberatung und -vermittlung, mittlerweile auch Sourcinganbieter, die ausschließlich diesen Schritt übernehmen.
Die Kandidatenansprache liegt dann wieder beim Unternehmen (vgl. Ullah et al., 2017, S. 67 ff.). Der wichtigste Aspekt einer Ansprache ist, dass der Kandidat sich von der Art und Weise, wie das Unternehmen mit ihm in Kontakt tritt, individuell abgeholt fühlt. Das kann auch über eine telefonische Ansprache erfolgen, wenn das Profil sehr spezifisch ist und die Person signalisiert hat, dass sie dafür offen ist. In den meisten Fällen wird es allerdings eine Nachricht sein, die entsprechend einladend aufbereitet sein muss. Dazu gehört ein aussagekräftiger Betreff, ein individueller Bezug auf das Profil des Kandidaten sowie Hinweise auf besondere Leistungen und die Aufforderung in Kontakt zu treten. Fachkräfte, Spezialisten und vor allem Führungskräfte werden entweder so oder über Personalberater und Headhunter akquiriert, worauf später eingegangen wird.
Eine weitere Möglichkeit Vakanzen zu füllen bietet sich mit Zeitarbeit und Interimsmanagement. Dabei sind die Arbeitnehmer vertraglich beim Leiharbeitsunternehmen gebunden, werden jedoch in den Entleihbetrieb integriert. Auch diese Möglichkeit wird nachfolgend noch betrachtet. Zunächst wird jedoch ein kurzer Blick auf die Alternative geworfen, Aufgaben nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern in anderen Konstellationen bearbeiten zu lassen.
3.5.2 Zusammenarbeit mit Dienstleistern und der Crowd
Es gibt viele Möglichkeiten zur Erfüllung von Aufgaben – ohne, dass Personal eingestellt wird:
• Crowdsourcing, d. h. Arbeit wird digital für eine Gruppe von Menschen (crowd) ausgeschrieben (z. B. unter https://www.clickworker.de), wobei dies laut Umfragen bislang nur von rund 3 Prozent der Unternehmen in Deutschland genutzt wird (vgl. Lemmer, 2016, S. 18),
• Dienstverträge mit Freelancern, also freien Mitarbeitern oder Drittunternehmen,
• Werkverträge mit Selbständigen oder Unternehmen (im Ausland).
Da keine Arbeitsverhältnisse noch arbeitnehmerähnlichen Verhältnisse entstehen, werden diese Arbeitskräfte rechtlich sowie faktisch meist nicht dem Personalmanagement zugeordnet. Beim Crowdworking/Crowdsourcing wird teilweise gänzlich auf Freiwilligkeit gesetzt und nur im Erfolgsfall erfolgt eine Gegenleistung. Es entstehen so regelmäßig Sach- und keine Personalkosten. Die Erschließung dieser Ressourcen findet häufig nicht über den HR-Bereich statt, sondern über den Einkauf. Auf der anderen Seite bestehen große Unsicherheiten der rechtlichen Einordnung eines solchen Verhältnisses. Auch wenn kein Arbeitsverhältnis begründet wird, können faktische Umstände für ein solches oder zumindest arbeitnehmerähnliche Verhältnisse sprechen, was entsprechende Konsequenzen bezüglich Rechten und Pflichten sowie Sozialversicherungen nach sich zieht (vgl. Redmann, 2017, S. 102 f.). Dies kann und muss weiter diskutiert werden, so wie derzeit mit Blick auf Crowdworker, für welche die Gewerkschaften generell einen Heimarbeitsstatus und damit arbeitnehmerähnliche Rechte vorschlagen. Momentan befinden sich rund 90 % der zumindest in Deutschland noch kleinen Zahl an Crowdworkern hauptamtlich in einem Angestelltenverhältnis, sind verbeamtet, noch in der Ausbildung oder bereits in Rente (vgl. Lemmer, 2016, S. 17). Die meisten der »Klickarbeiter« sehen ihre Tätigkeit dann auch eher als intensive Freizeitbeschäftigung. Da in der Regel über diese Tätigkeiten auch keine Absicherung (im Falle von Krankheit, Pflegebedarf, Arbeitslosigkeit und mehr) besteht, spricht die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung von digitalen Tagelöhnern. Eine Ein- und Abgrenzung wird schwer, denn unter den Begriff werden sehr unterschiedliche Tätigkeiten gefasst: Auf der einen Seite stehen sehr simple Aufgaben, wie etwa Klicks zu generieren. Außer einem (mobilen) Endgerät und einem Internetzugang bringen diese Aufgaben keine spezifischen Anforderungen mit sich. Auf der anderen Seite des Spektrums finden sich komplexe Projekt- und Expertenaufgaben. So bspw. bei der Entwicklung von Software oder E-Learnings, die in einzelne Auftragspakete zerlegt, verteilt und nachher wieder zusammengesetzt werden. Allen gemein ist die virtuelle Ausgestaltung des (Zusammen-)Arbeitens (eine von der IG Metall initiierte Übersicht über verschiedene Crowdworking-Plattformen und eine Bewertung mit Blick auf die Arbeitsbedingungen findet sich unter faircrowd.work).
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