Auf diesen Teil der Employer Brand fokussiert ist auch der ›Kulturmatcher‹, der im folgenden Beispiel beschrieben wird. Daneben ist er in einigen anderen Unternehmen, wie Otto und Telekom, im Einsatz. Die kulturelle Passung beider Seiten gilt als ein zentraler Erfolgsfaktor (vgl. Lewe, 2015, S. 201 ff.). Diese Passung trägt zu einer geringeren Fluktuation als auch zu einer besseren Motivation und Leistung der Mitarbeiter bei, wie empirische Studien aufzeigen (vgl. Rechsteiner, 2019, S. 34 ff.).
Beispiel 3.2: Kulturmatcher
Als eines der ersten Unternemen haben die Lechwerke den Kulturmatcher bereits seit einigen Jahren im Einsatz. Die Lechwerke sind ein Energieversorgungsunternehmen im Besitz von innogy und beschäftigen rund 1.800 Mitarbeitende.
Die Zielsetzung der Einführung war vorrangig den seit geraumer Zeit stattfindenden kulturellen Wandel im Unternehmen zu begleiten und transparent machen. Gleichzeitig sollte das Thema Kultur intern wie auch extern greifbarer gemacht werden. Einen wichtigen Beitrag hat das Instrument zudem zur Ermittlung und damit Erhöhung der kulturellen Passung von Kandidaten bzw. zukünftigen Mitarbeitern.
Die Erhebung der Unternehmenskultur im Rahmen des kulturellen Wandels war daher zentral. Das Instrument wird darüber hinaus kontinuierlich in Teamtrainings und Organisationsentwicklungsprozessen eingesetzt. Im Employer Branding findet sich der Selbsttest zum »cultural fit« auf der Karriere-Website. Beworben wird er über Banner, Slider und mittels der Integration in ein Self-Assessment.
Die Erfahrungen berechtigen zu einem positiven Zwischenfazit: Stabile Nutzerzahlen und viel Zustimmung bei Befragungen zeigen eine hohe Akzeptanz. Viele Kandidaten bewerten die Webseite positiver und beziehen sich in Bewerbung und Auswahl auf den Kulturmatcher und ihre Passung auf den folgenden Skalen: Integrität, Familiarität, Autonomie, Genügsamkeit, Tradition und Risikobereitschaft sowie Orientierung an Leistung, Work-Life-Balance Orientierung und Gemeinschaft (vgl. Reisser & Diercks, 2017).
Ebenfalls meist standardisierte Vorgehensweisen zur Erfassung verschiedener, auch instrumenteller Aspekte bieten Arbeitgeberwettbewerbe wie Top Job oder Great Place to Work. In ihrem Rahmen werden Befragungen zur Innenansicht der Unternehmen durchgeführt, die hilfreich sein können (vgl. Eisele & Ruf, 2014, S. 87 ff.).
Ausgehend vom Ist-Soll-Abgleich können Stärken und Schwächen sowie ergänzend Chancen (ungenutzte Stärken) und Risiken (nicht virulente Schwächen) herausgearbeitet werden. Dieses Vorgehen entspricht der SWOT-Analyse. SWOT steht für Strenght, Weaknesses, Opportunities and Threats. Auf dieser Basis sollte geprüft werden, inwiefern Veränderungen hinsichtlich der Arbeitgebermarke erforderlich sind, um ggf. entsprechend Maßnahmen abzuleiten. Dabei ist die Beeinflussbarkeit der jeweiligen Aspekte zu beachten. Während bspw. die Außendarstellung im Personalmarketing selbst unmittelbar zu verändern ist, gilt das für Personalinstrumente, bspw. Flexiblität von Arbeitsmodellen, nur mittelbar. Wiederum andere Aspekte, bspw. Eigentümerstrukturen, sind eher als kaum veränderliche Rahmenbedingungen einzustufen.
Beispiel 3.3: Stärken- und Schwächenanalyse bei einer Pflegeeinrichtung
Der nachfolgende Auszug aus einer Stärken- und Schwächenanalyse stammt von einer Pflegeeinrichtung, die Auszubildende und Fachkräfte der Heilerziehungspflege suchen.
Tab. 3.4: Auszug einer Stärken- und Schwächenanalyse im Rahmen des Employer Branding
StärkenSchwächen
3.2.3 Erarbeitung einer Employer Value Proposition
Die Definition der eigenen Arbeitgebermarke baut auf den identifizierten Stärken des Arbeitgeberimages auf. Wird dabei auf Alleinstellungsmerkmalen gegenüber der Konkurrenz Wert gelegt, kann das Unternehmen sich durch Differenzierung besonders profilieren (vgl. Walter et al., 2016, S. 6). Analog zur Unique Selling Proposition (USP) wird vom Aufbau einer Employer Value Proposition (EVP) gesprochen. Weniger ist dabei manchmal mehr. Augenmerk sollte auf Konsistenz mit Unternehmens- und Produktmarken und zudem auf Glaubwürdigkeit bezüglich der tatsächlich vorhandenen Bedingungen gelegt werden (vgl. Trost, 2012, S. 136 ff.).
Je mehr auf die Eigenheiten des Unternehmens als Arbeitgeber und auf symbolische Aspekte abgestellt wird, desto eher wirkt eine EVP selektiv. Erst damit entfaltet ein Employer Branding seine volle Wirkung. Da die Bewerber gleichzeitig auch (potenzielle) Kunden darstellen, ist Fingerspitzengefühl bei der Formulierung von Passungsaussagen gefragt.
Ähnlich wie bei der einzelnen Stelle wird es auch hier immer Aspekte geben, die weniger positiv sind. So gilt es zwar die Stärken hervorzuheben und an den Schwächen zu arbeiten, in erster Linie aber authentisch zu bleiben. Insbesondere in (wirtschaftlichen) Krisenzeiten, sei es in Folge eines generellen bzw. branchenweiten Konjunkturrückgangs oder aufgrund von Missmanagement, wird das Image oft nachhaltig geschädigt. Betroffene Unternehmen merken dies meist zeitverzögert, da in schlechten Zeiten das Personal eher ab- und nur im Einzelfall aufgebaut wird. Fundierte Aussagen zur Wechselwirkung von wirtschaftlicher Lage und Imagewirkung gibt es bislang wenig, das nachfolgende Beispiel kann aber der Veranschaulichung möglicher Einflüsse dienen.
Beispiel 3.4: Auswirkungen von Personalabbau auf das Image im Vergleich
Mögliche langfristige negative Auswirkungen eines Personalabbaus sind insbesondere bei Nokia sehr deutlich geworden: Nicht nur das Image als Arbeitgeber hat mit Blick auf Rankings enorm gelitten auch das Markenimage wurde nachhaltig geschädigt, was durch Absatzeinbrüche deutlich wurde. Dagegen hat sich der zeitgleich stattfindende und zahlenmäßig höhere Personalabbau bei der BMW AG weder im Arbeitgeberimage noch im Markenimage ersichtlich ausgewirkt. Dies liegt zum einen wohl an der bereits vorher eingenommenen Stellung (BWM als einer der beliebtesten Arbeitgeber in Deutschland), vor allem aber am Krisenmanagement und der Kommunikation. Nokia verlagerte den Meldungen gemäß nach Auslaufen deutscher Staatshilfen die Arbeitsplätze – wiederum subventioniert – nach Rumänien, von wo dieser Bereich dann nach Indien verlagert und schlussendlich verkauft wurde. Neben dem Prozess des Personalabbaus selbst kommt es augenscheinlich insbesondere auf ein verantwortungsvolles Vorgehen in Planung und Umsetzung sowie die Kommunikationspolitik des Unternehmens an (vgl. Schuber et al., 2009, S. 51).
Auch der Employer Branding Prozess ist erst durch eine entsprechende Kommunikationspolitik und -praxis zur stetigen Kommunikation der Arbeitgeberattribute komplett. Hierzu stehen im Rahmen des Personalmarketings viele Wege zur Verfügung, die nachfolgend ausschnittsweise betrachtet werden.
3.3 Kommunikation der Arbeitgebermarke im Rahmen des Personalmarketings
Die Kommunikation ist essentiell für den Erfolg der Employer Brand. Die Marke muss bekannt gemacht, das Bild in den Köpfen der Zielgruppe geformt werden. Während das Ansehen einer Marke schnell beschädigt ist, ist ihr Aufbau langwierig.
Generell gilt, dass Informationen zwar nicht zu lang, aber möglichst differenziert sein sollten. Wichtig sind auch hier zum einen Informationen über konkrete Merkmale wie Gehalt, Arbeitsaufgaben, freiwillige Sozialleistung etc., aber darüber hinaus auch wenig gut greifbare Inhalte wie Werte. Die Bedeutung von letzterem steigt, wenn konkurrierende Unternehmen recht identische Arbeitsbedingungen bieten. Während im ersten Fall konkrete Zahlen, Daten und Fakten Glaubwürdigkeit und Wirkung der Informationen steigern, wird diese bei den Werten durch zusätzlich Belege gesteigert. Solche Belege können bspw. die Geschichten einzelner Mitarbeiter sein oder konkrete Beispiele der Umsetzung (vgl. Kanning & Schirch, 2021, S. 42 ff.).
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