1 ...8 9 10 12 13 14 ...25
Beispiel 2.2: Verhaltensanker für Moderationskompetenz
Beispiele für weniger gut geeignete Verhaltensanker:
»Steuerung der Redeanteile aller Teilnehmer unter Berücksichtigung aller Argumente«, »bedachter Einsatz aller vorhandenen Hilfsmittel zur Visualisierung und kreative Nutzung von neuen Methoden und Medien«, »stellt sich selbst nicht in den Mittelpunkt«.
Formulierungen gut geeigneter Verhaltensanker:
»Strukturiert den Gesprächsverlauf«, »nimmt alle Argumente auf«, »visualisiert Argumente und Sachverhalte«, »nutzt neue Medien«, »hört aufmerksam zu«.
In einem letzten Schritt können die Kompetenzen skaliert werden, um die jeweils geforderte und vorhandene Ausprägung differenziert zu erfassen. Meist finden sich Skalen mit drei bis sechs Stufen (vgl. Kayser, Sebald & Stolzenburg, 2007, S. 162), wobei sich in der empirischen Sozialforschung fünfstufige Skalen bewährt haben (vgl. Böttger, 2012, S. 176). Diese Skala kann beziffert, grafisch und/oder textlich verdeutlicht werden. Mit Blick auf statistische Auswertungen sowie Darstellungen sollte, anders als im Schulnotensystem, der beste Wert die höchste Zahl erhalten. Zudem empfiehlt es sich, die Bezeichnungen einfach zu halten und bspw. mit »sehr gering« bis »sehr hoch« zu betiteln. Derlei Formulierungen passen dann meist gut, während Bezeichnungen wie »Anfänger, Kenner, Könner, Experte« bei persönlichen Kompetenzen, wie Durchhaltevermögen oder Flexibilität, nicht immer geeignet sind.
2.3 Quantitative Personalplanung: Vom Brutto zum Netto
Quantitative Anforderungen werden aus der unternehmerischen Planung abgeleitet. Daraus ergeben sich das Geschäftsvolumen und der resultierende Arbeitsanfall, ebenso wie die erforderlichen Ressourcen, etwa der Bedarf an Arbeitskräften. In Abbildung 2.2 ist der Prozess der Personalplanung im Überblick abgebildet.
Für die Personalplanung müssen interne wie externe Faktoren berücksichtigt werden. Um die externen Einflüsse systematisch zu erfassen, kann eine Umfeldanalyse durchgeführt werden. Hier finden auf der Makroebene folgende Aspekte Eingang (vgl. Dillerup & Stoi, 2016, S. 180 f.):
Abb. 2.2: Personalplanungsprozess
• Politisch-rechtliche Umweltfaktoren beinhalten alle vom Staat festgelegten Rahmenbedingungen. Für Unternehmen und Personalmanagement besonders relevant sind Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik sowie alle Regelungen des Arbeitsrechts und die Rolle der Mitbestimmung in Form von Betriebsrat und Gewerkschaften. Zahlreiche (neue) Regelungen, wie der seit 2015 im Mindestlohngesetz (MiLoG) festgeschriebene Mindestlohn, wirken sich auf die Bedingungen mit denen zu planen ist, aus. Während der Corona-Pandemie waren insbesondere die zahlreichen und sich schnell ändernden Regelungen zu den Teil-Shutdowns von besonders hoher Relevanz (vgl. Link & Sauer, 2021).
• Ökonomische Umweltfaktoren beinhalten allgemeine volkswirtschaftliche Entwicklungen. Als wichtigste generelle Einflussfaktoren gelten die Entwicklung von Wirtschaftswachstum, Zinsniveau und Inflationsrate. Hervorzuheben sind das seit Jahren extrem niedrige Zinsniveau, das sich auf Investitions- und Konsumverhalten positiv, auf die Finanzbranche negativ auswirkt. Ein stabiler Geldwert und bis zum Beginn der Corona-Pandemie 2020 moderates Wachstum tragen bzw. trugen dagegen zur Planungssicherheit bei. Die epidemiologische Lage nach 2020 bremste in den meisten Volkswirtschaften und auch bzw. gerade mit Blick auf die globale Weltwirtschaft und Vernetzung den Wachstumstrend. Die weiteren Entwicklungen sind derzeit noch nicht absehbar, was Planungen erschwert.
• Gesellschaftliche Umweltfaktoren umfassen die Bevölkerungsentwicklung selbst, also die demografischen Entwicklungen, die Werte, Einstellungen und kulturellen Normen einer Gesellschaft (vgl. Bieber, 2013, S. 226 f.). Für Europa, Japan und China und andere Gesellschaften ist vor dem Hintergrund geringer Geburtenraten und ansteigender Lebenserwartung eine Alterung auch von Belegschaften zu verzeichnen. Bereits jetzt liegt hierzulande das Durchschnittsalter von Belegschaften jenseits der 40. Das führt auf betrieblicher Ebene bspw. dazu, dass mit längeren krankheitsbedingten Abwesenheiten und gehäuften rentenbedingten Abgängen zu rechnen ist. In bestimmten Arbeitsmarktsegmenten herrscht Fachkräftemangel, wie in vielen MINT-Fächern, im Gesundheitswesen oder in der Logistik (vgl. Hesse et al., 2015, S. 54), der sich aller Voraussicht nach gerade in diesen Bereichen auch in Zukunft noch weiter verstärken wird (vgl. SCI Verkehr, 2021, S. 4, Schwinger et al., 2019, S. 4 ff.). Gerade diese sektoralen Ungleichgewichte werden durch die Auswirkungen der Pandemie weiter verstärkt. Unternehmen stehen zunehmend diversen Belegschaften und folglich unterschiedlichsten Bedürfnissen und Ansprüchen gegenüber. Vor der Viruskrise entwickelten sich Werte zum Postmaterialistischen. Dies wirkt sich z. B. auf Anforderungen an höhere Flexibilität von Arbeitszeiten und -ort sowie den Grad an Autonomie und Freiheitsgraden aus. Während die Flexibilitätsanforderungen an beide Seiten auch nach der Krise durch die gemachten Erfahrungen wahrscheinlich weiter wachsen, könnte, ausgelöst durch die existentiellen Bedrohungen, das Sicherheitsstreben wieder an Relevanz gewinnen. Die Pandemie scheint zudem bereits überkommen geglaubte Stereotype und tatsächliche Unterschiede, sei es hinsichtlich Geschlecht oder Alter, aber auch mit Blick auf unterschiedliche Arbeitsmärkte und Beschäftigtengruppen wieder aufleben zu lassen (vgl. Swift & Chasteen, 2021, S. 246 ff.).
• Ebenfalls große Auswirkungen auf die Wirtschaft haben technologische Entwicklungen. Insbesondere die Digitalisierung verändert unsere Welt und damit die Arbeitswelt (vgl. Kärcher, 2015, S. 47 ff.). Dabei wird im derzeit wahrscheinlichsten Szenario davon ausgegangen, dass die Wirtschaft in Zukunft noch mehr hochqualifizierte Mitarbeiter mit vielfältigen Kompetenzen benötigt. Aufgaben im geringqualifizierten Bereich in Produktion und Dienstleistungsgewerbe werden in diesem Szenario weiter automatisiert. Damit werden weniger Geringqualifizierte benötigt. Das »Gegen-Szenario«, in dem wohl schlussendlich Personalmanagement wieder weitgehend zur Personaladministration degradiert werden würde, zeigt eine andere denkbare, jedoch weniger wahrscheinliche Entwicklung auf: Dispositive Aufgaben werden von künstlichen Intelligenzen (KI) übernommen. Arbeitnehmer sind in diesem System von der Technik bestimmt und brauchen daher, bis auf wenige Ausnahme, nur geringe Qualifikationen und Kompetenzen.
• Mit dem ökologischen Umfeld ist vorrangig die Verfügbarkeit von Energie und anderen Rohstoffen als Produktionsfaktoren gemeint. Dies kann ein limitierender Faktor für Wachstum darstellen.
Nimmt man die Anfangsbuchstaben der englischen Begriffe, ergibt sich das Akronym PEST(LE) : political, economical, social, technological und zusätzlich legal und ecological. Die Umfeldanalyse wird daher auch als PEST(LE)-Analyse bezeichnet (vgl. Dillerup & Stoi, 2016; Rahn, 2019; Dowling et al., 2017, S. 14).
Auf der Mikroebene der Personalplanung stehen Absatzmarkt, Wettbewerber und Lieferanten im Fokus. Ein bewährtes Analysetool stellen die »Five Forces« von Porter (1980) dar: Verhandlungsmacht von Abnehmern und Lieferanten, Substitutionsprodukte, neue Wettbewerber und Rivalität innerhalb der Branche werden hier als entscheidende Parameter der Wettbewerbsbedingungen benannt.
Maßgebliche interne Einflussgrößen auf den Personalbedarf sind die geplanten Absatzziele und das Leistungsportfolio. Auch Arbeitsorganisation und -verfahren sowie unternehmenspolitische Entscheidung (z. B. zu Akquisitionen oder Outsourcing einzelner Bereiche oder Funktionen) haben entscheidenden Einfluss. Arbeits- und Fehlzeiten sowie Fluktuationsneigung der Belegschaft und Anzahl altersbedingter Abgänge sind weitere interne Faktoren, die auf den Brutto-Personalbedarf und die Entwicklung des Personalbestandes wirken.
Читать дальше