Störungen können dabei z. B. auf der Seite des Senders beim Kodieren oder auf der Seite des Empfängers beim Dekodieren passieren. Genauso aber auch auf dem Weg vom Sender zum Empfänger (Shannon 1948).
Merke 
• Der Sender kann seine Gedanken nicht in Worte fassen: Kodierungsfehler.
• Der Empfänger versteht die Sprache des Empfängers nicht: Dekodierungsfehler.
• Das Gesprochene vom Sender wird durch die Umgebungslautstärke vom Empfänger nicht (vollständig) empfangen: Übertragungsfehler.
• Die Kodierung des Senders der Information erfolgt zum einen über die Sprache, also Wort und Schrift. Darüber hinaus werden dem gesprochenen Wort auch nonverbale (z. B. über Mimik und Gestik) und paraverbale (Tonhöhe, Tonfall und weitere) Informationen hinzugefügt, welche ebenso vom Empfänger dekodiert werden.
Merke 
Der Empfänger macht die Botschaft.
Ein wichtiger Grundsatz der Kommunikation ist die Tatsache, dass der Empfänger die Nachricht mit seinen verfügbaren Informationen selber definiert, also mit dem, was bei ihm ankommt in Verbindung mit seiner Erfahrung und seinen eigenen Einstellungen.
Siehe hierzu beispielsweise auch das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun »Die vier Seiten einer Nachricht« und Watzlawicks Konstruktivismus.
1.6 Kommunikationsmodelle und -konzepte
1.6.1 Die vier Seiten einer Nachricht
Friedemann Schulz von Thun beschreibt in seinem Modell der vier Seiten einer Nachricht die Tatsache, dass eine Botschaft vom Sender und Empfänger vier Möglichkeiten der Interpretation zulässt. Oder anders ausgedrückt: Eine Nachricht besteht aus vier Inhaltsebenen (Schulz von Thun 2019). Der Sender der Botschaft kann die verbal ausgedrückte Nachricht mit einer Inhaltsebene versehen und der Empfänger kann ebenso die empfangene Nachricht mit einer Inhaltsebene interpretieren. Diese müssen nicht zwangsläufig übereinstimmen, was ein typisches Kommunikationsproblem darstellt.
Schulz von Thun unterscheidet in einer Nachricht die folgenden vier Ebenen:
• Sachebene
• Appellebene
• Beziehungsebene
• Selbstoffenbarungsebene/Selbstkundgabe
In der Sachebene steckt der reine Sachinhalt einer Nachricht. Hier werden Fakten und Daten transportiert. Dieser ist dabei völlig befreit von weiteren interpretativen Möglichkeiten.
Die Appellebene enthält eine Handlungsaufforderung, in der Regel für den Empfänger. Der Sender will in einer Botschaft, ohne dies direkt anzusprechen, erreichen, dass der Empfänger durch die Botschaft ein bestimmtes Verhalten zeigt. Der Apell ist in der Nachricht verpackt.
In der Beziehungsebene wiederum ist die Beziehung von Sender und Empfänger enthalten. So kann der Sender durch die Botschaft seine Beziehung zum Empfänger indirekt ausdrücken, indem z. B. dem Inhalt non- und paraverbal Wertschätzung, Verachtung, Respekt, Zuneigung u. v. m. hinzugefügt wird.
Die Selbstoffenbarungsebene, auch Selbstkundgabe genannt, drückt durch die Botschaft eine meist unbewusste, aber durchaus auch gewollte Selbstdarstellung oder Selbstenthüllung des Senders aus. Dem Empfänger ist es somit entweder direkt (gewollt) oder indirekt (ungewollt) möglich, von der Botschaft auf die Persönlichkeit des Senders zu schließen. In der Selbstkundgabe können z. B. Bedürfnisse, Wünsche, Ich-Botschaften, Gefühle und vieles mehr ausgedrückt werden.
Merke 
Jede Nachricht innerhalb eines Kommunikationsprozesses enthält grundsätzlich alle Ebenen. Somit kann jede Botschaft unterschiedlich interpretiert werden.
Fallbeispiel 
Die Tochter einer Patientin fragt die Pflegekraft, wann sie zur Mutter in den Behandlungsraum kann. Die Antwort der Pflegekraft lautet daraufhin: »Noch nicht, Sie müssen noch warten.«
Auf der Sachebene enthält die Nachricht den Inhalt, dass die Tochter noch warten muss und jetzt noch nicht zu ihrer Mutter kann.
Auf der Appellebene ist zum einen ganz direkt die Aufforderung enthalten, dass die Tochter jetzt noch warten muss, zum anderen auch indirekt (je nachdem, wie die Nachricht non- und paraverbal kommuniziert wurde) der Appell an die Tochter, nicht so ungeduldig zu sein.
Die Beziehungsebene drückt (auch wieder abhängig von der non- und paraverbalen Komponente) die Tatsache aus, dass die Pflegekraft in der Rolle ist, darüber entscheiden zu können, ob und wie lange die Tochter noch warten muss.
Die Selbstkundgabe der Botschaft drückt z. B. aus, dass die Pflegekraft genervt ist ob der Frage. Genauso kann auch die Frage der Tochter selber über die Selbstkundgabe offenbaren, dass die Tochter z. B. nicht mehr warten möchte.
Störungen und Konflikte können nun gerade dadurch entstehen, wenn die Interpretation der Botschaften auf unterschiedlichen Ebenen stattfindet.
Die Pflegekraft wollte in der Antwort die Sachebene ansprechen und informieren, die Tochter aber interpretiert die Antwort auf der Appellebene und nimmt diese zum Anlass, sich über die Pflegekraft zu beschweren.
1.6.2 Watzlawicks Kommunikationstheorie
Watzlawick und seine Mitautoren formulieren Grundeigenschaften von zwischenmenschlicher Kommunikation und den Abläufen zwischenmenschlicher Kommunikation als Axiome. Diese bezeichnet er als provisorische Formulierungen, die aus sich selbst heraus verstehbar sind.
Die Axiome betonen, dass jede Kommunikation neben dem Inhaltsaspekt auch einen Beziehungsaspekt hat. Wird eine Nachricht übertragen, so werden neben Sach- auch Beziehungsbotschaften versendet. Die Beziehungsbotschaft liefert dabei u. a. eine Aussage darüber, wie die Sachbotschaft zu verstehen ist. Dies verdeutlicht die Wichtigkeit des Beziehungsaspektes von Kommunikation.
Zudem vertritt Watzlawick die Ansicht, dass Kommunikation nicht die Welt der Dinge abbildet, sondern sie erst konstruiert, was auch Konstruktivismus genannt wird. Aus konstruktivistischer Sicht bilden Menschen sich ihre Wirklichkeit aufgrund von subjektiven und persönlichen Erfahrungen. Diese Wirklichkeit halten sie für wahr und objektiv und sie bestimmt das weitere Handeln der Menschen. Der Konstruktivismus besagt also, dass wir in einer durch uns selber konstruierten Wirklichkeit leben (Watzlawick et al. 2017).
Watzlawick sieht Kommunikation nicht nur als einen Austausch von Informationen, sondern auch als Grundlage jeder zwischenmenschlichen Beziehung (ebd.).
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