62. So wie nun alle Herolde Dieß kund thaten, so machte namentlich auch der nach Aegypten Abgeordnete, zu Agbatana im Syrischen, wo er den Kambyses mit seinem Heere fand, männiglich kund, was der Magier anbefohlen hatte. Kambyses, der Das aus dem Munde des Herolds hörte, und wirklich glaubte, es sey wahr, und er sey also von Prexaspes verrathen (Dieser nämlich, den er zu Smerdes Ermordung abschickte, hätte es Nicht gethan), sprach mit einem Blick auf Prexaspes: "So, Prexaspes, hast du mir ausgerichtet, was ich dir zu thun aufgab?" Darauf sprach Dieser: "Mein Gebieter, das ist nicht wahr, daß je dein Bruder Smerdes sich wider dich empört hat, noch von Diesem ein Streit, groß oder klein, dir kommen kann. Denn ich selbst habe, nachdem ich gethan, wie du mir befohlen, ihn mit meinen eigenen Händen begraben. Wenn nun die Todten aufstehen, so mache dich gefaßt, daß auch der Medier Astyages gegen dich auf stehen wird; ist es aber noch, wie vordem, so ist's, wenigstens von Jenem aus, unmöglich, daß dir eine Unordnung erwachse. So bin ich nun der Meinung, wir sollten den Herold wieder einholen lassen, und ihn ausfragen, von Wem er herkommt mit seinem Gebot, daß wir dem König Smerdes gehorchen sollen?"
63. Auf dieses Wort des Prexaspes war auch gleich, da es dem Kambyses gefiel, der Herold eingeholt, und kam zurück. Wie er da war, fragte ihn Prexaspes: "Mensch, du sagst ja, du seyst ein Bote von Smerdes, Cyrus Sohn; nun aber sprich die Wahrheit, damit du dann in Frieden hinziehen mögest: hat dir Smerdes selbst, so daß du ihn mit Augen gesehen, deinen Auftrag ertheilt, oder nur Einer von seinen Dienern?" Er antwortete: "Ich habe Smerdes, des Cyrus Sohn, seit König Kambyses nach Aegypten gezogen ist, niemals gesehen; sondern der Magier, welchen Kambyses zum Anwalt seines Hauses aufgestellt hat, der hat mir den Auftrag gegeben, mit dem Bedeuten, Smerdes, Cyrus Sohn, gebe mir Das an Euch auf." So sagte er ihnen die unverfälschte Wahrheit. Darauf sprach Kambyses: "Prexaspes, du bist nun, sintemal du als wackrer Mann gethan, wie dir befohlen war, frei von Schuld; aber er von den Persern ist wohl der Empörer gegen mich, der auf den Namen des Smerdes fußt?" Darauf antwortete er: „Ich glaube, diese Geschichte abzusehen, mein König. Diese Empörer gegen dich sind die Magier; der von dir als Hausverwalter zurückgelassene Patizeithes mit seinem Bruder Smerdes."
64. Wie da Kambyses den Namen Smerdes hörte, traf ihn mit einem Schlag die Wahrheit dieser Rede und jenes Traumes, da im Schlaf ihm vorgekommen war, es bringe Einer die Botschaft an ihn, daß Smerdes sich auf den Königsthron gesetzt, und mit seinem Haupte an den Himmel rage. Nun sah er ein, daß er umsonst seinen Bruder hingerichtet habe, und beweinte den Smerdes. Und nach diesem Beweinen und großen Jammer über sein ganzes Schicksal, schwang er sich auf's Pferd, gesonnen, stracks nach Susa zu ziehen, wider den Magier. Und indem er sich auf's Pferd schwang, fiel von der Scheide seines Schwertes der Beschlag herunter, und das entblößte Schwert stach ihn in den Schenkel. So war Kambyses ebenda verwundet, wohin er selbst früher den Aegyptischen Gott Apis gestochen hatte; und weil ihm dünkte, der Stoß sey in's Leben gegangen, so fragte er, welchen Namen die Stadt habe. Worauf sie antworteten, Agbatana. Nun war ihnen schon früher aus der Stadt Buto der Spruch geworden, er werde in Agbatana sein Leben beendigen. Aber er glaubte, im Medischen Agbatana, wo er sein Heimwesen hatte, werde er im Alter sterben; doch der Orakelspruch besagte, im Syrischen Agbatana. Wie er aber jetzt auf seine Frage den Namen der Stadt erfuhr, kam er, durch die Bestürzung über sein Mißgeschick mit dem Magier und die Verwundung, zu Verstand, faßte den Götterspruch und sprach: "Hier ist es dem Kambyses, Syrus Sohn, bestimmt, zu sterben."
65. So viel sprach er damals. Aber zwanzig Tage später ließ er von den anwesenden Persern die Namhaftesten zu sich kommen und redete zu ihnen, wie folgt: "Ich bin dahin gekommen, o Perser, daß ich die Sache, die ich gerade am allermeisten verborgen habe, jetzt euch entdecken muß. Ich habe nämlich , noch in Aegypten, ein Gesicht im Schlafe gehabt, das ich Niemals hätte sehen sollen, worin mir vorkam, ein Bote komme von Haus mit der Botschaft, daß Smerdes auf den Königsthron sich gesetzt, und mit seinem Haupt an den Himmel rage. Aus Furcht, durch meinen Bruder der Herrschaft beraubt zu werden, handelte ich nun mehr rasch, als klag; da es ja nie in der menschlichen Natur liegen kann, das bevorstehende Schicksal abzuwenden; und ich Thor sende den Prexaspes nach Susa zur Ermordung des Smerdes. Nach dieser schlimmen Missethat lebte ich sonder Furcht, ohne je in Betrachtung zu ziehen, daß nach Smerdes Wegräumung noch ein Mensch gegen mich sich empören könnte. Und bei gänzlicher Verkennung des bevorstehenden Geschicks bin ich zum Brudermörder, was nicht seyn sollte, geworden, und nun nichts desto weniger meines Königthums beraubt. Denn es war ja der Magier Smerdes, den mich die Gottheit im Gesicht als Empörer vorhersehen ließ. Die that habe ich einmal gethan, und den Smerdes, Cyrus Sohn, das merkt euch; habt ihr nicht mehr; sondern die Magier haben eure Königskrone in Händen: der von mir zurückgelassene Anwalt des Hauses, und dessen Bruder Smerdes. An Dem es nun zuerst wäre, über die Schmach, die mir die Magier angethan, Rache für mich zu nehmen, der ist eines ungerechten Todes gestorben durch seine nächsten Angehörigen. Da ich nun Dies sey nicht mehr habe, so bin ich, um so mehr, wie mir's zum Zweiten übrig ist, euch, Perser, aufzutragen genöthigt, was mein letzter Wille ist, mit dem ich sterbe. So werfe ich's denn mit Anrufung der königlichen Götter, wie auf euch Alle, so besonders auf die anwesenden Achämeniden, die Oberherrschaft nicht wieder auf die Medier übergehen zu lassen, sondern wo sie mit List in ihren Besitz kämen, daß sie durch euch sie verlieren mit List, und wo sie durch Gewalt sie unter sich brachten, daß ihr mit macht sie wieder aufrichtet durch Gewalt. Und thut ihr also, dann soll euch die Erde Frucht bringen, und sollt fruchtbare Weiber und Heerden haben, dabei frei seyn allezeit; aber richtet ihr eure Herrschaft nicht wieder auf, und versucht auch nicht, sie aufzurichten, dann bet' ich das Gegentheil von allem Dem auf euch herab, und zu dem, daß es zuletzt mit jeglichem Perser so ausgehen möge, wie es mit mir ausgegangen ist."
66. Bei diesen Worten beweinte Kambyses seinen ganzen Zustand. Wie nun die Perser ihren König in Weinen ausbrechen sahen, gerissen Aue, was sie von Kleidern anhatten, und erhoben laut ein großes Wehklagen. Als nach Diesem der Knochen sich entzündet, und gleich auch der Brand im Schenkel um sich gegriffen hatte, ward Kambyses, Cyrus Sohn, dahingerafft, nachdem er im Ganzen sieben Jahre und fünf Monate König gewesen, und zwar ohue alle Nachkommenschaft, weder männliden, noch weiblichen Geschlechts. Die anwesenden Perser aber hegten großen Unglauben, daß die Magier die Herrschaft haben sollten, sondern blieben darauf, Kambyses habe aus Falschheit gesagt, was er über den Tod des Smerdes gesagt hatte, damit ihm ganz Persien verfeindet würde. So blieben sie also darauf, Smerdes, der Sohn des Cyrus, sey als König aufgestanden; wie denn auch Prexaspes hartnäckig leugnete, den Smerdes getödtet zu haben; weil es für ihn gefährlich war, nach Kambyses Ende herauszusaugen, daß er den Sohn des Cyrus eigenhändig umgebracht.
67. Jener Magier war also nach Kambyses Ende, fußend auf die Gleichnamigkeit mit Smerdes, dem Sohne des Cyrus, sonder Furcht König die sieben Monate lang, welche dem Kambyses zu vollen acht Jahren abgingen. In dieser Zeit erwies er allen seinen Unterthanen große Wohlthaten, so daß nach seinem Tod ganz After ihn schwer vermißte, mit Ausnahme der Perser selbst. Denn es ließ der Magier an alles Volk seiner Herrschaft die Ankündigung ergehen, es sey Freiheit vom Kriegsdienst und Abgaben auf drei Jahre. Und zwar erließ er diese Ankündigung gleich beim Antritt seiner Herrschaft.
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