Ihren Traum hatten Sie schon sehr konkret definiert, obwohl Sie noch so jung waren. Was hat Sie so sicher gemacht, dass Journalismus Ihr Ding ist?
Ich glaube, wie vieles ist so etwas instinktiv. Ich würde auch jeden ermutigen, da auf seinen Instinkt zu hören. Im Rückblick würde ich sagen, ich habe zwei Neigungsbündel, das eine in der linken Gehirnhälfte, das andere in der rechten. Das eine Bündel ist die rationale Beschäftigung mit politischen und gesellschaftlichen Themen. Das ist dieses inhaltliche Interesse, das mich auch Geschichte und Politikwissenschaft hat studieren lassen – ein akademisch-analytisches Interesse. Das zweite ist ein kreatives Neigungsbündel. Viele Menschen sind entweder akademisch-analytisch oder kreativ veranlagt, und ich habe sehr früh eine Kombination von beidem gespürt. Deshalb habe ich instinktiv etwas angepeilt, was einer Kombination beider Neigungen entspricht.
Was genau hat Sie denn am Journalistenberuf fasziniert?
Es ist sehr spannend, sich täglich mit neuen Themen auseinanderzusetzen. Ein 08/15-Bürojob wäre einfach nicht mein Ding gewesen. Wenn ich morgens in den Sender gehe, weiß ich nie, was genau mich im Laufe des Tages erwartet. Ich lerne viele interessante Leute kennen und komme in der Welt herum. Außerdem mag ich es, unter Zeitdruck zu arbeiten.
Ihren Eltern hat der Berufswunsch »Journalist« aber überhaupt nicht gefallen …
Ja, sie wollten mir meine Leidenschaft zunächst ausreden. Mein Vater war richtig entsetzt, er dachte, ich sei ausgeflippt. Ich erinnere mich noch genau an die Diskussion am Mittagstisch, es wurde sogar etwas laut. Mein Vater hätte es lieber gehabt, wenn ich mich für BWL entschieden hätte …
Heute sind Ihre Eltern bestimmt froh, dass Sie sich durchgesetzt haben. Wie konnten Sie Ihren Vater überzeugen?
Zuerst schien er sich gar nicht überzeugen zu lassen. Dann habe ich ihm gezeigt, dass ich schon einige Universitäten angeschrieben hatte, um mich zu erkundigen, wo man überhaupt Journalismus studieren kann und ob es überhaupt Sinn macht, Journalistik oder Kommunikationswissenschaften zu studieren. Und da konnte er sehen, dass ich nicht einfach nur »irgendwas mit Medien« machen wollte, sondern einen konkreten Plan hatte. Ich hatte mir überlegt, dass ich die Fächerkombination Geschichte und Politikwissenschaft studieren wollte. Geschichte war auch mein Leistungskurs und Topfach in der Schule gewesen. Insofern konnte er sehen, dass meine Planung schon ein bisschen Hand und Fuß hatte. Nach dem Abitur habe ich dann auch angefangen, für die Lokalzeitung zu schreiben.
Wie haben Sie diesen ersten journalistischen Job bekommen?
Ich habe mit einem Freund gesprochen, der schon als freier Mitarbeiter beim Bonner Generalanzeiger im Lokalbüro Siegburg tätig war. Er wechselte gerade zur Siegburger Rundschau und gab mir den Tipp, mich beim Generalanzeiger als sein Nachfolger zu bewerben. Also bin ich einfach hingegangen und habe mich vorgestellt.
Hatten Sie da schon für die Schülerzeitung geschrieben und konnten Arbeitsproben mitbringen?
Nein, gar nicht, ich habe das einfach »kalt« gemacht. Wenn ich heute manchmal Lebensläufe von jungen Leuten lese, haben die meisten in dieser Lebensphase schon mehr drauf als ich damals. Die meisten schreiben schon für die Schülerzeitung und machen während der Schulzeit die ersten Praktika. Damals waren die formalen Anforderungen und die Konkurrenz wohl noch nicht so groß.
Über was haben Sie Ihren ersten Artikel beim Bonner General-Anzeiger geschrieben?
Über eine Karnevalssitzung. Was die Taubenzüchter im Ruhrgebiet sind, sind im Rheinland die Karnevalsvereine. Das ist eine große Sache. Ich bin heute noch gut mit dem Fotografen des General-Anzeigers befreundet, mit dem ich immer unterwegs war. Wir hatten fünf bis sechs Termine an einem Tag. Ich hatte gerade den Führerschein, habe in einem alten Auto die Karnevalsveranstaltungen abgeklappert – bei jedem Verein nimmst du ein bisschen die Stimmung auf, sammelst die wichtigsten Infos und dann haust du wieder ab.
Was waren denn die wichtigsten Dinge, die Sie im Lokalen gelernt haben?
Genauigkeit ist wichtig. Wenn du einen Namen falsch geschrieben hast oder eine Funktion, kam sofort ein Leserbrief. Du lernst auch, wie man mit Menschen redet und dass in diesem Beruf das Wenigste am Schreibtisch passiert. Am Schreibtisch wird am Ende nur geschrieben.
Am Anfang haben Sie Karnevalsprinzessinnen interviewt, heute die Bundeskanzlerin …
… heute darf ich beim Kölner Karneval sogar beim Festkomitee auf dem Wagen mitfahren (lacht) …
Tatsächlich ist der Kölner Karneval jedes Jahr ein Pflichttermin in Tom Buhrows prall gefülltem Kalender. Dem gebürtigen Siegburger wurde sogar schon der Karnevalsorden »lachender Amtsschimmel« verliehen. Obwohl Tom Buhrow einer der bekanntesten und erfolgreichsten Journalisten Deutschlands ist, nimmt er sich selbst nicht zu ernst. Seine Tagesthemen-Kollegen berichten, dass der auf dem Fernsehschirm stets seriöse Moderator in den Redaktionskonferenzen immer für einen Scherz gut ist. Seine Imitationen von Politikern sind in der Redaktion legendär. Die besonders in der TV-Branche weitverbreitete Eitelkeit ist ihm fremd. Egal wo man sich umhört – es gibt niemanden, der Tom Buhrow Starallüren nachsagen würde. Während manche Journalisten sich selbst mindestens genauso wichtig nehmen wie die Politiker, über die sie berichten, hat Tom Buhrow an der Wand seines Büros ein zwei Meter breites Schild angebracht. Darauf steht in großen Lettern eine Zeile aus einem Songtext von Mark Knopfler: »I don’t watch much TV – so you don’t mean shit to me« (»Ich gucke nicht viel Fernsehen, Du bist mir also scheißegal«). Diese Haltung, sich selbst nicht allzu wichtig zu nehmen, merkt man auch seinen Moderationen an. Nicht sich selbst will Buhrow in den Vordergrund stellen, sondern die Themen des Tages. Seine Interviews führt er freundlich in der Art, aber hart in der Sache.
Zu Ihren Interviewpartnern als Washington-Korrespondent gehörte George W. Bush. In Deutschland wurde er wegen der Angriffe auf Afghanistan und den Irak vor allem als »Kriegspräsident« wahrgenommen. War er im persönlichen Gespräch so »dämonisch« wie viele Deutsche sich ihn vorstellen?
Nein. Er hat, wie eigentlich jeder amerikanische Präsident, Eigenschaften, um überhaupt gewählt zu werden. Er kann nämlich mit Menschen eine Verbindung herstellen. Er kann nicht nur höflich-distanziert, sondern wirklich freundlich mit seinem Gegenüber in Verbindung treten. Niemand wird US-Präsident, wenn er das nicht kann. In Deutschland kriegen wir von ausländischen Wahlkämpfen immer nur Schnipsel mit. Auch von George W. Bush bekam man immer nur die dümmsten Versprecher mit, die ihn wie einen Trottel aussehen ließen. Man kriegt also gar nicht mit, was die Wähler in seinem Land anspricht. Das war bei Ronald Reagan genauso. Auf viele Deutsche wirkte er wie ein trotteliger, alter Mann. Die Ausstrahlung, die er auf die Wähler hatte, der Optimismus, kam hierzulande nie rüber. So war es bei Bush auch. Er hatte diese Fähigkeit, eine Verbindung zu seinem Gegenüber herzustellen, ohne ihn direkt zu umgarnen. Auf der anderen Seite war er auch konzentrierter, als ich gedacht hatte. Ich stellte ihm zum Beispiel eine zweiteilige Frage. Er beantwortete zunächst den zweiten Teil, sodass man hätte denken können, er habe den ersten Teil vergessen oder bewusst ignoriert. Aber er hat beide Teile beantwortet. Das heißt, er war nicht so simpel, wie man ihn dargestellt hatte. Trotzdem hat er mich mit seinen politischen Vorstellungen nicht überzeugen können. Aber das ist ja auch nicht der Punkt.
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