Philipp Hager, 1982 in Scheibbs/Niederösterreich geboren, Kindheit und Jugend in Lunz am See. Studium der Geschichte und Völkerkunde in Wien. Abbruch nach dem ersten Semester. Anschließend verschiedene Jobs: Hundesitter, Telefonist, Kampfrichter, Türsteher, Rezeptionist etc. Langjährig als Reporter und Kolumnist für ein führendes deutsches Kampfsportmagazin tätig.
Bücher, zuletzt: „Mit einem lachenden und einem blauen Auge“, „Streuner unter Sternen“ (Gedichte) und in der Edition Atelier der Roman „Im Bauch des stählernen Wals“.
Textlicht ist junge Literatur in einem handlichen Format, für daheim oder unterwegs. Texte, die unter die Haut gehen und im Kopf bleiben.
Mehr Textlicht finden Sie auf www.editionatelier.at
Philipp Hager
Wieso riecht’s hier
nach Benzin
und was macht
das Streichholz
in deiner Hand?
Episoden
Und wieder einmal
weitergezogen,
in ein noch verlasseneres
Niemandsland.
Zu fremden Menschen,
die mich misstrauisch
beäugen,
während ich die Kartons
aus dem Auto wuchte.
Ihre Abneigung
schlägt mir entgegen
wie Rauch:
Wo kommt er her und
was will er hier –
wird er Unfrieden stiften?
Keine Sorge,
ich habe nicht vor,
eure Friedhöfe zu
schänden
oder eure Kinder zu
verschleppen,
und
eure heiligen Kühe
sollen von mir aus
weitergrasen.
Ich will nur
eure Wälder und
eure Stille
und eine Höhle,
in der ich in aller Ruhe
meine Bomben basteln und
davon träumen kann, dass
die Erschütterungen
eines Tages
auch diese Landschaft erreichen.
Wenn auch nur
für den Bruchteil
einer Sekunde
und
flüchtig
wie ein Windhauch.
Wenn ich mir vorstelle,
wie weit entfernt
ich bin
von den großen Städten und
ihren Kaffeehäusern und hellen Nächten,
von ihrer Anonymität und
Verschwiegenheit
und den Blüten der Jahrhunderte,
die dort,
längst getrocknet und gepresst,
noch immer Duft verströmen,
wird mir
wehmütig zumute,
und ich frage mich:
Was mache ich hier eigentlich?
Dann muss ich mir
die ausgelaugten Gesichter
in Erinnerung rufen,
die zähen Blechlawinen,
die überfüllten U-Bahnen
und diese aschgraue Luft,
die schon durch
tausend Lungen
gegangen ist.
Und dann fällt es mir wieder ein:
Stechuhr und Stechschritt und
die Leere, die allmählich in einen
hineinsickert,
bis man selbst zu glauben beginnt,
dass das Leben
eigentlich keine große Sache ist.
Und ich weiß wieder,
warum ich hier bin:
Weil es eine Brücke ist,
auf dem Weg
woanders hin.
Ich sitze nicht der Illusion auf,
hier in den Wäldern
mein ewiges Glück
zu finden.
Aber vielleicht
ein fruchtbares Jahr
oder zwei,
bevor die Reise
weitergeht.
Im Haus nebenan
wohnen ein paar
Halbstarke, sechs
bis acht, ich bin mir
nicht sicher.
Gleich in der ersten
Nacht haben sie mir
ein dickes Hakenkreuz
auf die Heckscheibe
gemalt.
Keine Ahnung, ob aus
einmaligem Übermut
oder als bitterernste
Kriegserklärung. Wird
sich zeigen.
Nebenan sind diese
Halbstarken, und hier
bin ich, allein, Hunderte
Kilometer von jedem
Freund entfernt.
Wer hätte gedacht,
dass hier, in diesem
Niemandsland, solche
Herausforderungen auf
mich warten?
Ich sollte rübergehen
und ihnen dafür
danken.
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