Die größten Torwart-Patzer
1. Moacir BarbosaBrasilien – Uruguay 1:2, WM-Finale 1950
Der Brasilianer Moacir Barbosa war bei der WM 1950 der vermutlich beste Torhüter. Er hielt alles, was es zu halten gab – bis auf den Schuss von Uruguays Alcide Ghiggia. Der haushohe Favorit Brasilien verlor das WM-Finale mit 1:2 und damit den sicher geglaubten WM-Titel an den kleinen Nachbar Uruguay. Die 203 849 Zuschauer im Maracaná-Stadion von Rio de Janeiro waren fassungslos. Das ganze Land war noch Tage danach geschockt von der Niederlage. Barbosa durfte noch bis zum März 1953 für die Nationalelf auflaufen (20 Einsätze). Für seinen Klub Vasco da Gama spielte der 1921 in Campinas geborene Barbosa sogar bis 1965, aber das Stigma des Verlierers wurde er sein Leben lang nicht mehr los. Als er einmal in einer Bar saß, deutete eine Mutter auf Barbosa und sagte ihrem Sohn: »Dieser Mann hat ganz Brasilien zum Weinen gebracht.« Als Barbosa vor der WM 1994 die brasilianische Nationalelf besuchen wollte, verwehrte man ihm den Zutritt. »Ein Mörder darf nach 15 Jahren auf Bewährung hoffen«, klagte Barbosa, der im Jahr 2000 verstarb. »Ich war mein ganzes Leben lang der Schuldige.«
2. Toni SchumacherArgentinien – Deutschland 3:2, WM-Finale 1986
Er wollte ein perfektes Spiel absolvieren. Doch als der Argentinier Burruchaga in der 23. Minute einen Freistoß in den Strafraum trat, machte Toni Schumacher einen »lächerlichen Ziegenbockhupfer ins Leere«, wie er in seiner Autobiographie »Anpfiff« schrieb. »Ich segle durch den Strafraum wie Lohengrin, der seinen Schwan verpasst hat.« Der argentinische Libero Brown hatte keine Mühe, den Ball mit dem Kopf ins leere Tor zu bugsieren – 1:0 für Argentinien. Deutschland holte zwar einen 0:2-Rückstand noch auf, doch Schumacher war weit von der Perfektion entfernt. Als Burruchaga in der 85. Minute die aufgerückte deutsche Abwehr überlief, kam Schumacher zu spät aus seinem Tor heraus – 3:2 für Argentinien.
3. Oliver KahnBrasilien – Deutschland, 2:0, WM-Finale 2002
Es war der »Fehlgriff des Unfehlbaren«, wie die »Frankfurter Rundschau« schrieb. Oliver Kahn konnte in der 67. Minute einen harmlosen Schuss von Rivaldo nicht festhalten, Ronaldo staubte ab – 1:0 für Brasilien. Die Samba-Stars ließen sich danach die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. Kahn war zwar ob seines Patzers untröstlich. Die Kritik an ihm hielt sich allerdings in Grenzen. Denn ohne die Paraden von »King« Kahn wäre die mittelmäßige deutsche Elf nie und nimmer bis ins WM-Endspiel vorgedrungen.
4. René HiguitaKolumbien – Kamerun 1:2 n. V., WM-Achtelfinale 1990.
In der 109. Minute unternahm der kolumbianische Schlussmann Higuita wieder einmal einen seiner Ausflüge bis an die Mittellinie, als ihm der 38-jährige Roger Milla den Ball abluchste, auf das nunmehr leere Tor zurannte und nur noch zum 2:1 einzuschieben brauchte. »So was ist mir noch nie passiert«, staunte Higuita und entschuldigte sich bei seinen Teamkameraden.
5. Jean-Marie PfaffWerder Bremen – Bayern München 1:0, Bundesliga, 1982
Der belgische Torhüter sorgte bei seinem Einstand im Tor von Bayern München dafür, dass der Fußball um eine Kuriosität reicher wurde. Nach einem Einwurf von Uwe Reinders wollte er den Ball aus dem Strafraum bugsieren. Da er von seinem Mitspieler Klaus Augenthaler bedrängt wurde, missriet die Aktion. Der Ball landete im Tor. Für Schiedsrichter Pauly aus Mönchengladbach gab es keinen Zweifel: Pfaff hatte den Ball berührt – Tor. Hätte er den Ball unberührt passieren lassen, hätte es laut Regel Abstoß für die Bayern gegeben. Der Belgier nahm seinen Lapsus mit Humor: »Das Tor war positiv für mich. Es wurde x-mal im Fernsehen wiederholt. So war ich sofort überall bekannt.«
6. David SeamanEngland – Brasilien 1:2, WM-Viertelfinale 2002
Der englische Torhüter ließ sich in der 50. Minute von einem Freistoß-Heber von Ronaldinho überraschen. »Ich habe eine Hereingabe erwartet, aber Ronaldinho ist der Schuss abgerutscht«, erklärte der 38-jährige Seaman seinen Lapsus. In seiner Heimat musste sich der Keeper ätzende Kritik gefallen lassen. »Wenn sein Vater ein Präservativ benutzt hätte, wären wir Weltmeister geworden«, sagte ein Fan in der BBC.
7. Walter ZengaItalien – Argentinien 1:1, 3:4 n. V., WM-Halbfinale 1990
Bis zum Halbfinale hielt Italiens Torhüter Walter Zenga seinen Kasten während fünf Spielen rein. Dann kam er in der 67. Minute einen Tick zu spät aus dem Tor heraus. Caniggia bedankte sich und glich zum 1:1 für Argentinien aus. Im Elfmeterschießen zerstörten die Argentinier den italienischen Traum vom WM-Triumph im eigenen Land. Zengas einziger Fehler leitete das Ende des italienischen Sommermärchens ein.
8. Luis Miguel ArconadaFrankreich – Spanien 2:0, EM-Finale 1984
Luis Miguel Arconada hätte Frankreichs EM-Party verderben können. Doch einen harmlosen Freistoß von Michel Platini ließ der spanische Keeper passieren, obwohl er den Ball bereits in den Händen hatte. Mit der Führung im Rücken ließen die Gastgeber nichts mehr anbrennen.
9. Wolfgang KleffMönchengladbach – Everton 1:1, Europapokal 1970
Borussia Mönchengladbach spielte erstmals im Europapokal und bezahlte gleich Lehrgeld. Fans des englischen Meisters Everton warfen Klopapier auf das Spielfeld. Als Kleff die Papierrollen einsammelte, überraschte ihn Kendall mit einem unerwarteten Schuss aus dreißig Metern – 1:1. Da auch das Rückspiel 1:1 endete, kam es zum Elfmeterschießen, das die Engländer gewannen. »Everton muss den Schmutzfinken danken«, schrieb der »Daily Mirror«.
10. Armando PantanelliCatania – Reggina 1:4, Serie A 2007
Ein Beinschuss ist für einen Torwart immer peinlich. Doch etwas Schlimmeres, als ein harmloses Schüsschen aus über fünfzig Metern zwischen den Beinen durchzulassen, gibt es wohl nicht. Catanias Schlussmann Armando Pantanelli passierte genau dieses Missgeschick am 18. März 2007 im Derby gegen Reggina. Die »Gazzetta dello Sport« strafte ihn dafür mit der Schandnote vier ab. Pfiffe vom Publikum gab es übrigens keine. Denn das Derby ging in Rimini über die Bühne; Fans durften wegen Krawallen keine ins Stadion rein.
11. Tim WieseJuventus – Werder Bremen, Champions League, 2006
Es war der Patzer, der Werder Bremen am 7. März 2006 das Aus in der Champions League brachte: Im Achtelfinal-Rückspiel stand es 1:1. Es lief die 88. Minute, Werder stand vor dem Einzug ins Viertelfinale. Da ließ der zuvor stark haltende Wiese den Ball nach einer harmlosen Flanke beim Abrollen aus den Händen gleiten. Emerson schoss das 2:1 für Juventus – Werder musste in den UEFA-Cup. Auf die Frage, was ihm damals durch den Kopf ging, antwortete Wiese später lapidar: »Ja, Scheiße!«
Der erste Torhüter, der über 1000 Minuten ohne Gegentor blieb
Panayotis Ikonomopoulos, der Schlussmann von Panathinaikos Athen, blieb vom 17. Januar 1965 bis zum 9. Mai 1965 unbezwungen. Er hielt seinen Kasten während 1088 Minuten rein. Er avancierte damit zum ersten Torhüter, der über tausend Minuten lang ungeschlagen blieb.
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