Rollen im Kooperativen Lernen
Moderatorin
Sie sorgt dafür, dass alle alles verstanden haben; achtet darauf, dass alle mitarbeiten; schaut, dass alle die Hilfe erhalten, die sie brauchen. Sie ist auch Sprecherin der Gruppe (z.B. stellt sie Fragen an den Dozenten oder die Dozentin).
Er erledigt alle Schreibarbeiten während der Gruppenarbeit. Er ist für die Gestaltung des Endprodukts, falls es sich um eine schriftliche Arbeit handelt, verantwortlich.
Sie organisiert die Präsentation der Gruppenarbeit. Sie bespricht mit der Gruppe, was wie präsentiert werden soll.
Er schaut, dass die Zeit gut eingeteilt wird. Er ist dafür verantwortlich, dass die Gruppe zu Beginn einen guten Zeitplan aufstellt und ihn – wenn nötig – anpasst.
Bei Fortgeschrittenen sichert die Prozessbeobachterin quasi die Spuren der Gruppenarbeit, indem sie den Gruppenprozess im Auge behält. Am Schluss der Lerneinheit in der Gruppe berichtet sie den anderen, wie die Zusammenarbeit wahrgenommen und erlebt wurde.
Der Ressourcenverwalter hat als Einziger die Informationen und sucht vielleicht nach weiteren wichtigen Texten, Bildern, Materialien; diese Rolle wird je nach Bedarf eingesetzt.
3.7Denk- und Lernprozessorientierung
Kooperationsfähigkeit, Initiative und Verantwortungsbereitschaft im Team sind einerseits wichtige Kompetenzen, die nur in und mit Gruppen gelernt werden können. Und andererseits verlangt Kooperation von allen Beteiligten erhebliche soziale und kommunikative Fertigkeiten, die entwickelt, angewendet und reflektiert werden müssen. Dazu gehört, Verantwortung für sich selbst und für das Wohl anderer zu übernehmen, ebenso wie die Kompetenz zur Führung oder die Fähigkeit, sich führen zu lassen. Auch Rollen übernehmen und zuteilen braucht Übung und Anwendung. Soziale Fähigkeiten sind vorwiegend dann Teil der Aufgabenstellung, wenn ihnen im Vorfeld und Rückblick besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Durch die Betonung des Lernweges rücken neben sozialen Lernzielen auch metastrategisches Können und Wissen in den Vordergrund. Lehrende können zum Aufbau und zur Nutzung von metastrategischem Wissen beitragen, indem sie die Aufgaben so stellen, dass die Anwendung bestimmter (meta)kognitiver Strategien nahegelegt wird. So kann beispielsweise eine Mindmap mit unterschiedlicher Rollenverteilung in der Gruppe diskursiv erstellt werden. Die geforderte aktive Beteiligung in der Gruppe regt auch die intellektuelle Entwicklung der Einzelnen verstärkt an, so zum Beispiel durch die Notwendigkeit, eigene Ideen in der Gruppe zu artikulieren und zu verteidigen oder den eigenen Denkprozess infrage zu stellen.
In Varianten und nicht unbedingt chronologisch laufen in jeder Kleingruppe die fünf grundlegenden Prozesse der Gruppendynamik ab (Stanford 1998, S. 14 f.): Orientierung, die Einführung von Normen, Umgang mit Konflikten, Produktivität, Auflösung. Die Reflexion, die möglichst nach jedem Gruppenlernen erfolgt, ist eine zentrale Schaltstelle im Kooperativen Lernen. Hier wird Bewusstheit für das Wie von Lernprozessen geschaffen. Durch das Aufzeigen von Stärken und Schwächen und das Bearbeiten von Problemen wächst die Gewissheit bei Lernenden, selbst etwas bewirken zu können. Die anderen hören zu, fragen und beobachten. Lehrende geben Feedback zur Art und Weise der Zusammenarbeit. Sie können dabei auf Notizen zurückgreifen, die sie sich während der Gruppenarbeitsphase gemacht haben.
Die Reflexionsphase ist auch dazu da, um über die Resultate und Lösungen der Gruppen hinauszugehen und die Ergebnisse in größere Zusammenhänge einzuordnen sowie Verbindungen zwischen den Gruppenresultaten herzustellen. Der erste Schritt ist meist die individuelle Reflexion der Qualität des eigenen Beitrags zum Gruppenergebnis. Hier muss zwischen individuellen Zielen und Gruppenzielen unterschieden werden. Dann besprechen die Gruppenmitglieder innerhalb der Gruppe je nach Zielsetzung und Prozessstand folgende Elemente: Art und Weise der Zusammenarbeit, Rollenübernahme, Einhalten von Regeln, Kooperations- und Kommunikationsverhalten, Unklarheiten oder Fragen zum Lernstoff, Beurteilung des Endprodukts. Falls die Gruppe zusammenbleibt, erfolgt auch eine möglichst konkrete Planung der Weiterarbeit. In regelmäßigen Abständen wird in der Großgruppe über Qualität und Vorgehensweise der Teamarbeit berichtet und reflektiert. Diese Reflexionen ergänzen das Überdenken in den einzelnen Lerngruppen (weitere Hinweise zur Rolle und Funktion von Reflexion finden sich z.B. hieroder hier).
3.9Vier Hauptfragen der Reflexion
Für die Beurteilung einer Gruppenarbeit sind generell vier Kriterien maßgebend:
➤Wie hat das Team die gemeinsame Aufgabe gelöst (Prozess)?
➤Wie gut ist die gemeinsam erarbeitete Lösung (Produkt)?
➤Welchen Beitrag für das Resultat haben die einzelnen Gruppenmitglieder geleistet?
➤Welche Lernfortschritte haben die Einzelnen erreicht?
Im Folgenden sind drei Instruktionsmöglichkeiten Kooperativen Lernens dargestellt, welche die hier beschriebenen Merkmale und Prinzipien Kooperativen Lernens nochmals verdeutlichen.
4Beispiele für Instruktionen
Kooperative Instruktionen zeichnen sich durch klare Strukturierungen und vorgegebene Skripts (Anleitung und Struktur) aus, die durch entsprechende Forschung auch in ihrer Wirksamkeit belegt sind. Wenn am Beginn der Lehrveranstaltung die Gruppen für die Durchführung einer solchen Instruktion gebildet werden, informieren die Lehrenden zunächst über die zu bearbeitende(n) Aufgabe(n) und nehmen verschiedene anschauliche Beispiele zu Hilfe. In dieser Phase werden zudem die Kriterien für die Beurteilung erklärt und die Regeln und Bedingungen für die gemeinschaftliche Arbeit in der Gruppe diskutiert und vereinbart. Meist werden im Anschluss an die kooperative Lernphase die fachlichen Inhalte kommentiert, miteinander verknüpft, infrage gestellt und beurteilt. Abgerundet werden die Instruktionen durch das Nachdenken über die gemachten Erfahrungen, die Qualität des Ergebnisses und den eigenen Beitrag (Reflexion, Kapitel 3.8). Die Lehrenden ziehen Konsequenzen (Repetition, Vertiefung, Festigung oder neue Zielsetzung) für ihren Unterricht.
4.1Die Jigsaw- bzw. Gruppenpuzzle-Methode nach Aronson
Abbildung 3:Phasen des Gruppenpuzzles (Quelle: http://schuelerecke.net/schule/unterrichtsmethode-gruppenpuzzle/)
Die Instruktion «Gruppenpuzzle» beruht auf der Aufteilung einer Aufgabe in verschiedene Unteraufgaben, für die jeweils «Experten und Expertinnen» bestimmt werden (aufgabenbezogene Interdependenz). Ziel dieser Instruktionsform ist es, effizientes Lernen zu ermöglichen, Verantwortung zu lernen, Teamarbeit wertzuschätzen und Vorurteile abzubauen. Die von Prof. Elliot Aronson 1971 in Austin (Texas) entwickelte Methode verfolgte das Ziel, Probleme, die auf Rassismus zwischen Lernenden unterschiedlicher Herkunft beruhen, zu lösen.
Vergleichbar mit einem Puzzlespiel ist der zu bearbeitende Teil jeder und jedes Studierenden des Gruppenpuzzles und damit auch der oder die Lernende selbst wesentlich und essenziell, damit das große Ganze verstanden werden kann. Im Gegensatz zur herkömmlichen Erarbeitung von Texten können beim Gruppenpuzzle durch die Aufteilung in Expertengebiete in relativ kurzer Zeit große Stoffgebiete erarbeitet werden. Die Instruktion «Gruppenpuzzle» gliedert sich in drei Phasen.
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