67 b) Annahme.Die Annahmedes Angebots muss sich inhaltlich vollumfänglich mit dem Angebot decken. Deckt sich die Annahme inhaltlich nicht mit dem Angebot (Modifikation), oder ist sie verspätet, gilt sie nach § 150 BGB als neuer Antrag.
Beispiel:A bietet dem B sein Smartphone für 50 € zum Verkauf an. B erklärt, er sei einverstanden, möchte jedoch nur 48 € bezahlen. Da sich hier die Annahme inhaltlich nicht mit dem Angebot deckt, ist die Annahme ein neues Angebot an den A, das Smartphone für 48 € zu kaufen (§ 150 Abs. 2 BGB). A kann dieses Angebot nun wiederum annehmen, ablehnen oder inhaltlich verändern.
68Grundsätzlich muss auch die Annahme als empfangsbedürftige Willenserklärung abgegeben und zugegangen sein. Nach § 151 BGB braucht die Annahme jedoch nicht zugehen, wenn dies nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist, oder der Antragende auf sie verzichtet hat.
3.Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
69Eine Willenserklärung kann entweder ausdrücklichoder konkludentalso durch schlüssiges Verhalten (bspw. durch Kopfnicken, Fingerzeig, Einsteigen in die U-Bahn, …) erklärt werden. Bloßes Schweigen hat keinerlei Erklärungswertund ist daher auch keine Willenserklärung.
Beispiel:A schreibt dem B einen Brief und bietet ihm hierin den Verkauf seines Rasenmähers für 100 € an. A nimmt in dem Brief den Satz auf, dass er davon ausgehe, dass B das Angebot annehme, wenn er nicht innerhalb von 24 Stunden widerspreche. B reagiert auf diesen Brief nicht. B hat das Angebot des A nicht angenommen, da sein Schweigen in keinem Fall eine Willenserklärung in Form einer Annahme darstellt.
Beachten Sie:
Es gilt der Grundsatz: Wer schweigt, erklärt nichts.
70Von diesem Grundsatz gibt es nur wenige Ausnahmen. Eine wichtige Ausnahme für die berufliche Praxis ist die Regelung in § 362 Abs. 1 HGB, wonach ein Kaufmann (§ 1 HGB), der für einen anderen Geschäfte im Rahmen einer laufenden Geschäftsverbindung besorgt, grundsätzlich verpflichtet ist, auf einen Antrag unverzüglich zu antworten. Tut er dies nicht, gilt sein Schweigen als Annahme. Dies gilt aber nur für Geschäftsbesorgungsverträge, nicht für Austauschverträge.
71Eine weitere Ausnahme ergibt sich aus einem Handelsbrauch. So sind nach § 346 HGB bei beiderseitigen Handelsgeschäften kaufmännische Verkehrssitten zu berücksichtigen. Zu diesen Verkehrssitten gehört das sogenannte kaufmännische Bestätigungsschreiben .Solche Bestätigungsschreiben werden unter Kaufleuten in der Regel zu Beweiszwecken verwendet. Hat ein Vertragsschluss bspw. mündlich (per Telefon) stattgefunden, so ist es üblich, dass ein Kaufmann den Inhalt der mündlichen Besprechung nochmals schriftlich in einem Bestätigungsschreiben festhält. Kommt es hier zu Abweichungen oder Ergänzungen von dem mündlich Besprochenen, so muss der Vertragspartner nach Zugang des Schreibens unverzüglich widersprechen, ansonsten gilt sein Schweigen als Einverständnis mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens.
72Voraussetzung ist allerdings, dass ein echtes kaufmännisches Bestätigungsschreibenvorliegt, hierzu ist folgendes erforderlich:
– Beide Parteien müssen Kaufleuteim Sinne der §§ 1 ff. HGB sein oder wie Kaufleute am Geschäftsleben teilnehmen.
– Es muss Vertragsverhandlungengegeben haben, denen ein gewisses Unsicherheitsmoment anhaftet. Das bedeutet im Regelfall, dass die Vertragsverhandlungen mündlich oder telefonisch stattgefunden haben müssen.
– Das Schreiben muss inhaltlich einen bereits geschlossenen Vertrag bestätigen. Dies ist bspw. bei einer Auftragsbestätigung nicht der Fall, wenn diese auf ein Angebot erfolgt. Denn in diesem Fall bringt die Auftragsbestätigung den Vertrag erst zustande (sie ist die Annahme) und bestätigt nicht einen bereits geschlossenen Vertrag.
Beispiel:A bestellt bei B telefonisch 300 Kulis zu je 1,99 €. B sendet daraufhin ein „Bestätigungsschreiben“ an A, in dem er sich für die Bestellung bedankt und diese bestätigt. Dieses Schreiben bestätigt nicht einen bereits geschlossenen Vertrag, sondern bringt diesen als Annahme erst zustande. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben würde hingegen wie folgt lauten:
„Sehr geehrte Frau Müller,
gerne bestätigen wir den am 31.3. telefonisch geschlossenen Vertrag und fassen den besprochenen Inhalt nochmals wie folgt zusammen:
– Ware: Kulis
– Marke: PX-C 500/R
– Menge: 20.000
– Lieferzeit: innerhalb von 6 Wochen
– Preis: 2,15 € je Kuli
– Verpackung: Karton zu je 200 Kulis
Zahlung: Nettokasse innerhalb von 30 Tagen. Es gelten unsere allgemeinen Liefer- und Verkaufsbedingungen.“
– Der Absender muss darüber hinaus redlichsein. Das bedeutet, er darf nicht bewusst etwas Falsches bestätigen.
– Weiterhin dürfen keine erheblichen Abweichungendes Schreibens vom mündlichen Verhandlungsergebnis vorliegen.
73Liegt danach ein echtes kaufmännisches Bestätigungsschreiben vor und widerspricht der Absender nicht unverzüglich (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), so gilt der Vertrag mit Inhalt des Bestätigungsschreibens als zustande gekommen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn das Bestätigungsschreiben selbst zeitnahnach den Vertragsverhandlungen übersandt wurde. Der Widerspruch muss dann im Regelfall innerhalb von maximal 3 Tagen erfolgen.
Abbildung 9:Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
74Ein zentraler Grundsatz des Schuldrechts lautet: pacta sunt servanda(Verträge sind einzuhalten). Das bedeutet, dass die Parteien eines einmal geschlossenen Vertrages diesen auch erfüllen müssen. Hiervon gibt es wenige, aber praxisrelevante, Ausnahmen, die sogenannten Nichtigkeitsgründe.
75Liegt ein Nichtigkeitsgrund vor, ist der Vertrag von Anfang an ( ex tunc) unwirksam. Diese Unwirksamkeit greift unabhängig vom Willen der Vertragsparteien ein und gilt absolut, also gegenüber jedermann. Das Gesetz spricht in diesen Fällen von Nichtigkeit.
Beispiel:§ 138 Abs. 1 BGB: „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig“.
75aNichtigkeitsgründe unterscheiden sich daher von Gründen, die einen Vertrag, insbesondere Dauerschuldverhältnisse, erst nach einer gewissen Zeit beenden (z. B. eine Kündigung, ein Rücktritt vom Vertrag oder der Abschluss eines Aufhebungsvertrages). Diese Beendigungsgründe wirken ex nunc. Das bedeutet, sie lassen den Vertrag und die Rechte und Pflichten der Parteien für den Zeitraum der Vertragslaufzeit unberührt und haben nur Wirkung für die Zukunft.
76Die wichtigsten Nichtigkeitsgründe sind:
– die Anfechtung, § 142 BGB,
– der geheime Vorbehalt, § 116 Satz 2 BGB,
– das Scheingeschäft, § 117 BGB,
– der Mangel der Ernstlichkeit, § 118 BGB,
– die Geschäftsunfähigkeit, § 105 BGB,
– die Sittenwidrigkeit, § 138 BGB,
– der Formmangel, § 125 BGB,
– der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, § 134 BGB.
77Liegt ein Nichtigkeitsgrund vor, ist im Normalfall der Vertrag insgesamtnichtig. Lediglich in Ausnahmefällen liegt nur eine Teilnichtigkeit vor.
Читать дальше