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Zum Zwecke der Geldwäsche- und Terrorismusbekämpfung trat am 26.6.2017 das neue Geldwäschegesetz in Kraft.[8] Nach den §§ 20, 21 GwG sind alle in Deutschland ansässigen juristischen Personen des Privatrechts (GmbH, UG, AG, Europäische AG (SE), KG a.A., Genossenschaft, rechtfähige Stiftung und Verein), eingetragene Personengesellschaft (OHG, KG, GmbH & Co.KG, Partnerschaftsgesellschaft) sowie Trusts und Treuhänder von nicht rechtsfähigen Stiftungen mit eigennützigem Stiftungszweck und Rechtsgestaltungen, die solchen Stiftungen in ihrer Struktur entsprechen, verpflichtet, ihre sog. "wirtschaftlich Berechtigten“ an das elektronische Transparenzregister zu melden. Dies sind nach § 3 Abs. 1 GwG natürliche Personen, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle eine der genannten Gesellschaften oder juristischen Personen steht oder auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung begründet wird. Nach § 3 Abs. 2 GwG sind wirtschaftlich Berechtigte auch solche Personen, die unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Kapitalanteile halten, mehr als 25 % der Stimmrechte kontrollieren oder auf vergleichbare Weise die Kontrolle einer Gesellschaft oder juristischen Person ausüben. Konnte trotz umfassender Überprüfung keine natürliche Person ermittelt werden oder verbleiben Zweifel hinsichtlich der wirtschaftlichen Berechtigung, gilt der gesetzliche Vertreter oder geschäftsführende Gesellschafter oder Partner als wirtschaftlich Berechtigter (§ 3 Abs. 2 S. 5 GwG). Liegen Tatsachen vor, die darauf hindeuten, dass ein Vermögensgegenstand, der mit einer Geschäftsbeziehung, einem Maklergeschäft oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, aus einer strafbaren Handlung stammt, die eine Vortat der Geldwäsche darstellen könnte, so hat der Meldepflichtige den Sachverhalt unabhängig vom Wert des betroffenen Vermögensgegenstandes oder der Transaktionshöhe unverzüglich der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen[9] zu melden (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 GwG). Eine entsprechende Meldepflicht obliegt nach § 44 GwG auch Aufsichtsbehörden und Behörden, die für die Überwachung der Aktien-, Devisen- und Finanzderivatemärkte zuständig sind. Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen sammelt und wertet Verdachtsmeldungen von Finanztransaktionen aus, die im Zusammenhang mit Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung stehen können. Stellt sie bei einer „operativen Analyse“ fest, dass ein Vermögensgegenstand mit Geldwäsche oder einer sonstigen Straftat in Zusammenhang steht, übermittelt sie alle sachdienlichen Informationen unverzüglich an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden (§ 32 Abs. 2 S. 1 GwG). Hat die Strafverfolgungsbehörde aufgrund des ihr übermittelten Sachverhalts ein Strafverfahren eingeleitet, teilt sie nach § 32 Abs. 6 GwG den Sachverhalt zusammen mit den zugrundeliegenden Tatsachen der zuständigen FinB mit, wenn eine Transaktion auch für die Einleitung oder Durchführung eines Besteuerungs- oder Steuerstrafverfahrens Bedeutung haben könnte.
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Aber auch allgemein zugängliche Quellen(z.B. Zeitungen, Fernsehen, Nachrichten, Rundfunk) können zu Vorermittlungen (Nr. 13 Abs. 1 AStBV) und schließlich zu einem Anfangsverdacht und einer Einleitung eines Ermittlungsverfahrens führen.
[1]
Tipke/Kruse/ Seer § 194 Rn. 27 f.; Kohlmann/ Peters § 397 Rn. 12.1.; Kohlmann/ Matthes § 404 Rn. 233.
[2]
Landesamt für Steuern Niedersachsen, www.ofd.niedersachsen.de.
[3]
Kohlmann/ Peters § 397 Rn. 13.
[4]
Merkblatt zur Zusammenarbeit von Behörden und Gerichten mit den Finanzbehörden des Bundes (Zollverwaltung) und der Länder, IV A 4-S 0275/13/10003-2013/0654840 im Internet abrufbar.
[5]
BFH 19.11.2002 – VII B 123/02; BStBl II 1994, 552; vgl. auch Tz. 1.4, 9 und 10 des AEAO 2017 zu § 30.
[6]
BFH 7.5.1985 – VII R 25/82; BStBl II 1985, 571.
[7]
ZinsinformationsVO vom 26.1.2004 (BGBl I S. 128), geändert durch Art. 1. ZweiteVO vom 5.11.2007 (BGBl I, 2562).
[8]
BGBl I 2017, 1822.
[9]
Www.zoll.de: Funktionale Behörde in einer eigenen Abteilung des Zollkriminalamtes in Köln.
4. Kapitel Verfahren bei Steuerdelikten› IX. Die Einleitungsbefugnis beim Anfangsverdacht eines Steuerdeliktes
IX. Die Einleitungsbefugnis beim Anfangsverdacht eines Steuerdeliktes
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Nach der gesetzlichen Aufzählung des § 397 Abs. 1 AO sind die FinB, die Polizei, die StA, eine ihrer Ermittlungspersonen sowie der Strafrichter befugt, eine Einleitung eines Ermittlungsverfahrens vorzunehmen bzw. entsprechende Maßnahmen zu veranlassen. Der Gesetzgeber wollte mit der Reihenfolge der benannten Stellen, keine Rangfolge der einleitungsbefugten Stellen festlegen.[1] Danach ist für die Rechtsfolge einer Einleitung unerheblich, welche der genannten Stellen die Einleitung bewirkt hat.[2] In der Praxis wird die Prüfung eines Anfangsverdachtes eines Steuerdeliktes in der Regel durch die Steufa oder BuStra vorgenommen. Diese Stellen haben zum einen die steuerliche Sachkunde und zum anderen die Möglichkeit auf die bei ihnen im Datenverarbeitungssystem vorhandenen steuererheblichen Daten, die aufgrund durchgeführter Veranlagungen erfasst wurden, zuzugreifen. Denn um zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung sicher bejahen zu können, bedarf es neben der Kenntnis der Einzelsteuergesetze auch der Kenntnis der gesetzlichen Steuererklärungspflichten und Abgabefristen in Bezug auf den jeweiligen Steuerpflichtigen. Diese Informationen stehen den Staatsanwaltschaften und Gerichten nicht zur Verfügung. In der Regel werden Strafanzeigen (§ 158 StPO), die sich auf ein Steuerdelikt beziehen und bei der StA, Polizei oder Gericht eingehen, direkt an die FÄFuStmit der Bitte um Prüfung eines Anfangsverdachtes in eigener Zuständigkeitweitergeleitet. Diese „eigene“ Zuständigkeit folgt aus § 399 Abs. 1 AO. Die FinB nimmt gem. §§ 386 Abs. 2 i.V.m. 399 Abs. 1 AO bei der Verfolgung von Straftaten die Rechte und Pflichten der StA wahr (vgl. Rn. 18 ff.). FinB ist gem. § 386 Abs. 1 S. 2 AO das Finanzamt. Auch wenn in den unter Rn. 1genannten Bundesländern Sonderfinanzämter für die Verfolgung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten (FÄFuSt) eingerichtet wurden, behaltendie Veranlagungs – bzw. Besteuerungs finanzämter die allgemeine Strafverfolgungsbefugnisgem. § 399 Abs. 2 AO. Nach § 386 Abs. 1 AO ermittelt die FinB bei Verdacht einer Steuerstraftat den Sachverhalt. Aufgrund innerdienstlicher Organisation sind Steuerfahnder und Sachbearbeiter der BuStra als zuständige Amtsträger der FinB befugt, eine Einleitung eines Steuerstraf- oder Bußgeldverfahrens vorzunehmen. Dies geschieht regelmäßig durch eine Einleitungsverfügungin der die Steuerarten (z.B. Umsatzsteuer) und Veranlagungszeiträume konkret aufgeführt werden müssen. Diese Konkretisierung hat mit Blick auf die verjährungsunterbrechende Wirkung gem. § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 376 AO zu erfolgen.[3] Aber auch der Außenprüfer (Großbetriebsprüfer/Betriebsprüfer) ist nach § 399 Abs. 2 AO befugt, . . ., bei dem Verdacht einer Steuerstraftat den Sachverhalt zu erforschen und alle unaufschiebbaren Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Der Außenprüfer istals Steuerbeamterauch ein Veranlagungsbeamter, der in erster Linie für die Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen zuständig ist. Bei Vorliegen eines Anfangsverdachtes mit unmittelbarem Handlungsbedarf ist er in zweiter Linie aber auch Ermittlungsperson für die Strafverfolgungsstellen und damit zur Einleitung berechtigt.Ein sofortiges Handeln des Außenprüfers ohne vorherige Unterrichtung des zuständigen FAFuSt ist geboten, wenn er wegen Gefahr im Verzug Beweismittel gem. § 98 StPO beschlagnahmen muss. Ebenso hat er gem. § 399 Abs. 2 S. 2 AO das Recht . . . Durchsuchungen . . . und sonstige Maßnahmen nach den für Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft geltenden Vorschriften der Strafprozessordnung . . . anzuordnen (vgl. Nr. 130, 131, 133 AStBV). Der Prüfer hat in diesen Fällen die Einleitung des Steuerstrafverfahrens unverzüglich selbst vorzunehmen, in den Akten zu vermerken und diese Maßnahme dem FAFuSt anzuzeigen (vgl. auch § 10 BpO 2000). In der Praxis wird der in § 399 Abs. 2 AO geregelte Fall die Ausnahme sein und nur in Betracht kommen, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen der Außenprüfung für den Prüfer erkennbar im Begriff ist, Unterlagen beiseite zu schaffen.
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