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Abbildung 1: Schüler*innen der vierten Klassen der Mittelschule St. Veit/Gölsen (Johann Gastegger)
Abbildung 2: Fenster der Erinnerung der Mittelschule St. Veit/Gölsen (Johann Gastegger)
1Allgemeinbildende Höhere Schule
2Berufsbildende Mittlere/Berufsbildende Höhere Schule
3Polytechnische Schule
4Vgl. https://wien.orf.at/stories/3047858/und https://zpb.phwien.ac.at/wp-content/uploads/Kurzfassung_Studie_Sch%C3%BClerinnen-Wissen-zu-Nationalsozialismus-4.pdf, Zugriff: 12.11.2020
5Bezirk Scheibbs im Mostviertel
6 http://town-wiener-neustadt.at/, Zugriff: 18.01.2021
Anke Kramer
Nachhaltige Blütenlese
Aspekte einer Literaturdidaktik der Pflanzen (Tieck, Droste-Hülshoff, Olfers)
1. Einleitung
Eine Didaktik, die sich kulturelle Nachhaltigkeit zum Ziel setzt, muss ihr Interesse auf die Pflanzen richten. Pflanzen sind mit Nachhaltigkeit schon begriffshistorisch eng verknüpft, denn der Begriff der Nachhaltigkeit wurde durch Hans Carl von Carlowitz’ forstwissenschaftliche Schrift Sylvicultura oeconomica (1713) entscheidend geprägt (vgl. u.a. Schlechtriemen 2019, 29–34). Pflanzen sind die Basis des Lebens auf der Erde; ohne Pflanzen gäbe es keine Tiere und keine Menschen. Das aktuelle Massensterben der Pflanzen erfährt allerdings deutlich weniger öffentliche Aufmerksamkeit als das der Tiere. Zu einem großen Teil liegt dies sicherlich an einem Phänomen, das „Plant blindness“, Pflanzenblindheit, genannt wird (Wandersee & Schussler 1999): das weitverbreitete Unvermögen von Menschen, Pflanzen angemessen wahrzunehmen und wertzuschätzen. Ziel einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) muss eine verstärkte Wahrnehmung und Wertschätzung von Pflanzen sein, die auch deren kulturelle Dimension sichtbar macht und dadurch Grundlagen und Motivationen für nachhaltiges Handeln schafft.
Die Literaturdidaktik kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten; auf welche Weise dies geschehen kann, zeigen die folgenden Überlegungen auf. Literarische Entwürfe von Pflanzen beleuchten deren ästhetische Dimensionen, machen ihren Anteil am Handeln sichtbar, reflektieren das Verhältnis zwischen Pflanzen, Menschen und den übrigen Wesen der Natur, machen auf das Wissen aufmerksam, das Pflanzen übertragen, und rücken die ethischen Fragen ins Bewusstsein, die mit ihnen verknüpft sind. Ein Literaturunterricht, der an kultureller Nachhaltigkeit orientiert ist, kann, so argumentiere ich, diesen Anregungen, Verknüpfungen und Problemen gezielt nachgehen und Schülerinnen und Schüler dadurch anregen, Pflanzen in ihren materiellen und semiotischen Zusammenhängen mit den übrigen, menschlichen und nichtmenschlichen, Wesen der Natur wahrzunehmen. Zugleich kann er Strategien bereitstellen, um komplexe literarische Texte zu erfassen und unter einer aktuell relevanten Perspektive neu zu lesen. Grundlagen dafür sind die Begriffe und Methoden der kulturwissenschaftlichen Pflanzenforschung (Plant Studies) und der themenorientierten Literaturdidaktik.
Dieser Beitrag stellt drei literarische Entwürfe von Pflanzen aus dem langen 19. Jahrhundert vor, die sich für die Lektüre mit Schülerinnen und Schülern eignen, und befragt sie aus der Perspektive der aktuellen kulturwissenschaftlichen Pflanzenforschung auf ihr Potenzial für eine Didaktik kultureller Nachhaltigkeit hin: Ludwig Tiecks Erzählung Die Elfen , die 1811 für den Phantasus entstand; Sibylle von Olfers’ Bilderbuch Etwas von den Wurzelkindern (1906); Annette von Droste-Hülshoffs Gedicht Der Knabe im Moor (1841/42). Aus der Vielzahl möglicher Aspekte, unter denen die Pflanzen in der deutschsprachigen Literatur im Kontext einer Literaturdidaktik der Pflanzen gewinnbringend zu betrachten wären, greife ich dabei die der anthropomorphen Darstellung von Pflanzen heraus. Anthropomorphe Pflanzendarstellungen können im Sinne des neueren Ecocriticism ‚gegen den Strich‘ als dem Anthropozentrismus entgegen wirkende Textverfahren gelesen werden (z.B. Iovino & Opperman 2012, 82; Moore 2008, 11). Solche Lesarten lenken die Aufmerksamkeit auf Ähnlichkeiten zwischen Pflanzen und Menschen, auf agentielle Potenziale von Pflanzen, ihren zentralen Stellenwert im Ökosystem als Lebensgrundlage der Tiere und Menschen sowie ihre ästhetischen Besonderheiten.
Bis vor Kurzem wurden Pflanzen in den Literatur- und Kulturwissenschaften wenig beachtet, sie wurden als Teil der Szenerie betrachtet oder als Symbole oder Metaphern gelesen, die externe Bedeutungen übertragen. Hier setzen die kulturwissenschaftlichen Plant Studies an, 1 die sich derzeit als neues Forschungsfeld formieren und seit Kurzem auch in der Literaturdidaktik aufgegriffen werden: 2 Sie richten den Blick gezielt auf Pflanzen in ihrer medialen Vermittlung, auf ihre Aktivität, ihren Beitrag zum Handeln, das von ihnen übertragene Wissen, ihre ethische Dimension und ihr ästhetisches und poetologisches Potenzial. Basierend auf Ansätzen der Akteur-Netzwerk-Theorie, der Environmental Humanities und des Ecocriticism bemühen die Plant Studies sich um eine neue kritische Wahrnehmung der in Kunst und Kultur allgegenwärtigen Pflanzen und um eine ihnen angemessene Weise des Sprechens über sie. 3 Roland Borgards Bemerkung über die Tiere lässt sich auf die Pflanzen übertragen: Sie sind „überall, und doch bedarf es einer eigenen Anstrengung, auf diese Allgegenwart angemessen zu reagieren.“ (Borgards 2016a, VII). Dazu ist ein erweiterter Begriff von agency (Wirksamkeit, Handlungsmacht) notwendig, der von Intentionalität und Rationalität abgekoppelt ist. Handeln ist nach dieser Auffassung nicht mehr nur Sache von Menschen und Tieren, sondern auch von unbeseelten und sogar unbelebten Wesen – Flüssen, Stürmen, Dingen, Bakterien, Viren und natürlich Pflanzen. Sie alle können am Handeln teilhaben, wie die Akteur-Netzwerk-Theorie, die Philosophie Donna Haraways und der auf beiden aufbauende New Materialism lehrt. Durch diesen erweiterten Begriff des Handelns und durch die Historisierung und Kontextualisierung der inszenierten Pflanzen gehen die Plant Studies über Motivanalysen hinaus. 4 Eine zentrale Fragestellung einer von den Plant Studies informierten Lektüre ist: In welcher Weise verändern die Pflanzen in einem Text „eine gegebene Situation […], indem [sie] einen Unterschied mach[en]“ (Latour 2007, 123), wodurch sie mit Bruno Latour zu Akteuren werden? In welcher Weise tragen sie zum Handeln bei? Mit welchen Verfahren stellt der jeweilige literarische Text die agency von Pflanzen dar und her? Welche Wechselwirkungen gehen Pflanzen mit den übrigen – menschlichen und nichtmenschlichen – Wesen ein, wie sind sie mit ihnen verwoben? Mit welchen Textverfahren werden Pflanzen von anderen Wesen abgegrenzt, und wie stabil oder porös sind diese Grenzen? Und welche poetologischen Verfahren basieren auf der Dynamik der Pflanzen?
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