Das Seelische gestaltet sich im Körperlichen. Der Körper aber in seinem Aussehen wirkt zurück auf die Entwicklung und Entfaltung des Seelischen, auf seine Kraft oder sein Zagen, auf seine Stärke oder seine Schwäche, auf seine Harmonie oder Zerrissenheit, auf die Sicherheit oder das Schwanken der Seele. Wir Menschen sind seelisch-geistige Wesen, die sich körperhaft in Raum und Zeit darleben. So spricht das Seelische aus dem Körper: Sind wir fröhlich und heiter, zufrieden und lebensfroh, dann ist unser Aussehen jugendlich, unser Teint belebt, unsere Haut frisch und hell. Sind wir jedoch traurig und niedergeschlagen, unzufrieden und lebensmüde, so sehen wir um Jahre gealtert aus, unsere Haut wirkt welk und fahl. All dies hinterlässt auf dem Gesicht seine Runen und Zeichen und kann die ansprechende Harmonie eines menschlichen Antlitzes zerstören. Welch eine tiefe intuitive Erkenntnis offenbart sich uns darin, dass sich in der Eigenschaft hässlich das Moment des Hasses verbirgt. So ist der Mensch von Anbeginn seines Werdens eine untrennbare Einheit von Seelischem als der Idee seiner individuellen Persönlichkeit und Körperlichem als ihrer sich ausprägenden Erscheinung. Daraus erklärt sich nun, weshalb wir von Erscheinungen des Körpers, des Aussehens, des Sichgebens, der Gestik und der Mimik auf Eigenschaften, Veranlagungen, Einstellungen und Neigungen rückschließen können. Das Äußere ist das Sichausprägen des Inneren. Wir müssen nur lernen, die Kennzeichen, die Charakteristika und Merkmale zu erkennen, sie zu deuten und sie zu verstehen, um aus der daraus sich ergebenden Kenntnis und Erfühlung des Menschen die individuelle Diagnose, die persönliche Charakterisierung und die jeweilige Art der Begegnung, des Gespräches und des Umganges abzuleiten. Aber kommen die meisten der heutigen Menschen dazu, sich diese Lebensfragen bewusst werden zu lassen? Die bunte, schillernde Vielfalt der modernen Welt bricht Tag für Tag mit einer derartigen Vehemenz über uns herein, dass man sich dazu losreißen muss. Wer dies nicht ganz kann und nicht weiß, sollte sich dabei führen und leiten lassen.
Lebenssinn der Kosmetik
Und hierin liegt der tiefe menschliche Lebenssinn der Kosmetik. Alle die nervösen, hastigen, ruhelosen und zeitarmen Menschen, die zur Kosmetik kommen, die sich vielleicht sogar unbewusst zu ihr flüchten, nehmen Sie in die Obhut Ihrer Behandlung. Sie nehmen Ihre Klientin gewissermaßen bei der Hand und führen sie durch Ihre ruhige verständige Art dahin, dass sie sich loslöst von der Welt draußen, dass sie sich entspannt und freimacht von den alltäglichen Nöten und Sorgen. Sie soll sich ganz dem Gefühl überlassen können, sich nur ihrem eigenen schöneren Ich hinzugeben. Wenn Ihre Klientin sich von Mal zu Mal darauf freut, wieder bei Ihnen in Behandlung sein zu dürfen, weil sie weiß: „Hier bin ich Mensch, hier kann ich’s sein“, dann haben Sie sie nicht nur für sich gewonnen, sondern einem Menschen geholfen, zu sich selbst zu finden.
Geben und Nehmen
Wenn Sie mit dieser Erkenntnis und diesem Gefühl in Ihrer Praxis an die Arbeit gehen, dann werden Sie bald selbst empfinden, wie reich Ihre Arbeit am Menschen ist, an der Gestaltung seiner schöneren Erscheinung, wie Sie selbst wieder beschenkt werden durch die Zwiesprache von Mensch zu Mensch und durch die Zuneigung und das Vertrauen, die Sie ernten. So ist Kosmetik ein Führen und Geleiten der sich ihr anvertrauenden Menschen zu einer Harmonie ihrer Persönlichkeit auf dem Wege der Schönheit als einer Harmonie der Erscheinung.
Führen und Geleiten
Die Voraussetzung allerdings, dass Sie so in Ihrer Praxis wirken können, dass Sie Vertrauen zu schenken vermögen, ist, dass Sie zu sich selbst als Mensch sowie zu Ihrem fachlichen Können ein echtes, festes Zutrauen haben und zum anderen, dass Sie auch den biokosmetischen Präparaten Vertrauen entgegenbringen, mit denen Sie arbeiten und helfen.
Zur Selbstverwirklichung der Frau
„Der Weg der Frau“
Esther Harding, die amerikanische Psychotherapeutin und Schülerin von C.G. Jung, schreibt in ihrem Buch „Der Weg der Frau“: „In den wechselnden Schicksalsmöglichkeiten der heutigen modernen Frau ist mancher Mythos dahingeschwunden, den die männliche Illusion um sie gesponnen hat. Frühere Zeiten mögen diese Illusionen in ihrer Unbewusstheit widerspruchslos auf sich genommen haben, die Frau heute aber zeigt sich so, wie sie wirklich ist. Sie hat ihre eigene weibliche Persönlichkeit selbst gefunden und damit das Zauberkleid von sich geworfen, in das der Mann sie eingehüllt hatte. Die Frau von heute wagt es, sich in ihrer eingestandenen Schwachheit, aber auch in ihrer Stärke als sich selbst zu zeigen. Die Illusion des Mannes hat vordem das Bild der Frau in Licht und Schatten gemalt mit übermenschlichen Farben: Sie war göttlich schön und dämonisch furchtbar. Indem die Frau aber heute es gewagt hat, in das Licht der Wirklichkeit hinauszutreten, hat sie wohl den Schleier der Illusion verloren, dafür aber sich selbst gewonnen, als eine sich ihrem ureigensten Wesen selbstbewusste Persönlichkeit.“
Wahres weibliches Wesen
Was aber ist dieses „wahre weibliche Wesen“, früher und heute, dessen sich die moderne Frau bewusst geworden ist?
Das Mütterlich-Weibliche
Wenn wir uns dem eigentlichen Wesen der Frau von den Urgründen des Seins nähern wollen, so müssen wir zurückgehen auf die Urbilder, den Archetypus der Ur-Mutter oder der Großen Mutter. Dieses archetypische Bild findet seinen symbolhaften Ausdruck in den Mutterdarstellungen und Muttergöttinnen der verschiedensten Kulturen, früherer und heutiger Zeiten und Völker. Es beinhaltet bereits zwei Aspekte, zum einen das Gütige, Hegende, Tragende, Wachstum-, Fruchtbarkeit- und Nahrungsspendende, zum anderen aber das Geheimnisvolle, Verborgene, Finstere, Verschlingende und Angsterregende. Dies sind die beiden Gesichter der liebenden und zugleich dämonischen Ur-Mutter, des Urbildes der aus ihrem Schoße Gebärenden, allem Leben Schenkenden und im Tode wieder in sich Verschlingenden. In der Tiefenpsychologie nennt man diese Urform der Großen Mutter den Elementarcharakter des Weiblichen.
Elementarcharakter
Das Grundmotiv dieses Elementarcharakters ist, aus einer Überfülle Leben zu schenken, aus sich heraus zu gebären, Leben zu erhalten und ein am Ende wieder in sich Festhalten und Heimholen. Es ist ein schutzgebendes Wahren, Wärmen und Nähren, aber auch ein Behalten-, Nicht-mehr-hergeben-wollen.
Das Mädchenhaft-Frauliche
Bis in unsere Zeit herrschte allgemein die Vorstellung, dass allein Muttertum und Frauentum miteinander identisch seien und dass es darüber hinaus kein frauliches Charakterbild gäbe. In Wirklichkeit aber beinhaltet das weibliche Wesen schon seit der Antike zwei einander bedingende Pole: Das urtümlich mütterlich Weibliche und das mädchenhaft Frauliche. Den schönsten und besten Ausdruck für diese beiden weiblichen Wesensseiten finden wir in den griechischen Göttergestalten von Demeter und ihrer Tochter Persephone. Da die griechischen Göttergestalten zeitlose geistige Ideen darstellen, sind ihre Gestaltungen der Ausdruck innerer, seelischer Wirklichkeiten. Demeter ist die Mutter Erde, die Göttin der Fruchtbarkeit, Persephone aber erscheint in der Gestalt der Kore als mädchenhafte Gattin. So werden in diesen beiden Frauengestalten die beiden großen Pole des Weiblichen lebendig, Ur-Mutter und mädchenhafte Frau und Gattin.
Emanzipation
Erst im Zuge der Emanzipation erkannte die Frau mit steigendem Bewusstwerden ihrer Individualität, dass sie diesen mädchenhaften Teil ihrer eigenen weiblichen, seelischen und geistigen Entwicklungsmöglichkeiten hatte brach liegen lassen. Diese Wesensseite harrte noch der bewussten Erweckung. Erst im Typus der modernen mädchenhaften Frau und Partnerin des Mannes beginnt diese zweite Seite lebendig zu werden. Es vollzieht sich dabei eine innere Wandlung der Lebensauffassung, der Welteinstellung und vor allem der Begegnung mit dem Mann.
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