Die vorbeugende Gesundheitspflege will erreichen, dass bei einer Neigung zu Seborrhoe, Hautunreinheiten, bei einer Tendenz zu vorzeitigen Alters- und Degenerationserscheinungen, bei einer Anfälligkeit und Überempfindlichkeit für Reizungen, Rötungen, Irritationen, einer erhöhten Disposition zu Allergie der Körper in seiner Gesamtheit und die Haut im speziellen vorsorglich so behandelt wird, dass die genannten Symptome und Syndrome nicht oder nur in leichtem, vorübergehendem Maße auftreten. Bei einem atrophierenden Teint regen wir den peripheren Stoff- und Energiewechsel der Haut durch eine belebende, leicht durchblutende, revitalisierende Behandlung an. Das heißt, prophylaktisch suchen wir stets physiologisch die Vorgänge und Prozesse in der Haut zu beeinflussen.
Wenn wir mit fehlenden Substanzen ergänzend behandeln wollen, dann müssen wir vorher wissen, was der betreffenden Haut an materiellen Stoffen und Stoffkomplexen fehlt, um diese dann epikutan und endoderm zu geben. So fehlt der trockenen Haut sowohl Fett (als fett-arme) als auch der natürliche Feuchtigkeitsfaktor (als feuchtigkeits-arme Haut), und daraus ergibt sich für die substituierende Behandlung, dass wir dem Teint physiologisch und biologisch dem natürlichen Hautfett möglichst verwandte Fette und Öle in Form von Emulsionen zuführen und außerdem den natürlichen Feuchthaltefaktor (NMF) geben. Daraus folgt, dass die substituierende Behandlung stets mit Substanzen arbeitet, die ersetzt und ergänzt werden sollen. Sie wirkt also primär substanziell und erst in zweiter Linie funktionell.
Die Haut ist ein weit ausgedehntes (2,0 bis 2,2 m 2), vielfältiges Organ, welches im Rahmen des gesamten Organismus gesehen werden muss, da enge Verbindungen zwischen der Haut und den inneren Organen des Körpers bestehen. Im Zusammenhang mit den Körperfunktionen hat die Haut folgende Aufgaben:
Schutzorgan
Sie ist ein Schutzorgan gegen mechanische, physikalische oder chemische Einflüsse und Reize von außen: Die Hornschicht schützt vor Verletzungen durch Druck und Reibung. Ihr Fettanteil, der aus Bestandteilen des Hauttalgs und bei der Verhornung frei werdendem Hornschichtfett besteht, schirmt chemische und physikalische Reize ab. Durch die Einlagerung des Hautpigmentes in die Basalschicht und durch die reiche Ausbildung des oberflächlichen Gefäßnetzes wird ein zu starkes Eindringen von Licht und Wärme verhindert. Freie Fettsäuren und die bei der Verdunstung zurückbleibenden Bestandteile des Schweißes bilden den Säureschutzmantel der Haut (Marchionini). Die Haut besitzt peripher eine körpereigene und körperspezifische Bakterienflora, welche Fremdkeime in ihrem Wachstum zu hemmen vermag. Schutzfunktionen der Haut haben deshalb:
1 Die Hornschicht.
2 Das Pigment.
3 Das Haut- und Hornschichtfett.
4 Der Säuremantel.
5 Die hauteigene Bakterienflora.
Speicherorgan
Die Haut ist darüber hinaus ein Speicherorgan: Im Fettgewebe der Subkutis (Panniculus adiposus) kann der Mensch neben Flüssigkeit und Salzen 10 bis 15 kg Fett speichern. Dieses Fett schützt den Körper vor mechanischen und physikalischen Schädigungen und ist zugleich ein Energiedepot. Zusätzlich speichert die Haut Zucker und Kochsalz.
Wärmeregler
Als Wärmeregler zieht sich die Haut in der Kälte zusammen (Gänsehaut), dabei wird Talg ausgepresst. Beide Funktionen, Kontraktion und Einfettung, verhindern einen Verlust von Wärme. Bei einer erhöhten Wärmeeinwirkung hingegen dehnt sich die Haut aus, die Gefäße erweitern sich und die Schweißdrüsen werden tätig. Die Verdunstungskühle des Schweißes vermindert die äußere Körpertemperatur und ist ein notwendiger Ausgleich gegen die Überhitzung des Körpers.
Absonderungsorgan
Durch die Haut werden die folgenden Bestandteile abgesondert:
1 Schweiß: Man unterscheidet die Perspiratio sensibilis – eine in Form kleiner Schweißtröpfchen wahrnehmbare Ausscheidung – von der Perspiratio insensibilis, bei der ständig Wasser abgegeben wird, das sofort verdampft.
2 Talg: Der zweite Absonderungsprozess der Haut erfolgt in den Talgdrüsen. Der von ihnen gebildete Hauttalg fettet die Oberhaut ein, macht sie geschmeidig und schützt sie vor Austrocknung.
3 CO2: Außerdem scheidet die Haut ungefähr 2 bis 3 % des gesamten Kohlendioxids perkutan aus.
Aufnahmeorgan
Die Haut ist weiterhin ein Aufnahmeorgan. Hierbei muss man die Konstitution der jeweiligen Stoffe unterscheiden, die verschiedene Fähigkeiten haben, durch die Haut zu penetrieren, von der Haut aufgenommen oder auch abgewiesen zu werden. Lipidlösliche (fettlösliche) Stoffe durchdringen in Emulsionsform die Oberhaut leicht, ebenso gasförmige Substanzen. Darauf beruht die Möglichkeit, kosmetologisch Wirkungen in der Haut und im Unterhautzellgewebe hervorzurufen.
Quellung und Sauerstoff
Wasser lässt die Haut nur oberflächlich quellen. Allerdings nimmt die Haut auch etwa 1 % des gesamten Sauerstoffbedarfs des Organismus auf. Dadurch sind speziell die Zellen der Epidermis von einer Sauerstoffzufuhr über die Gefäße von innen zum kleinen Teil unabhängig.
Stoffwechselorgan
Die Haut steht in einer ständigen Stoffwechselbeziehung zu dem ganzen Körper. Ihr Stoffwechsel und ihre Reaktionslage werden daher maßgeblich vom Zustand der Haut, von der Ernährung, den enzymatischen und hormonalen Funktionen und vom vegetativen Nervensystem beeinflusst. Eine gesunde oder eine krankhafte wie beispielsweise eine atrophisch erscheinende Haut lässt somit Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des gesamten Organismus zu.
Bildung von Antikörpern
Ausschlaggebend für die Entstehung von Allergien ist die Fähigkeit der Haut, Fremdes zu erkennen und sich daran zu erinnern. Wenn man einen sensibilisierend wirkenden Stoff, ein Allergen, auf oder in die Haut bringt, so entsteht ein Reaktionsprozess zwischen dieser Substanz und den Eiweißkörpern der Haut unter Bildung von Antikörpern (Gegen-Körpern).
Empfindungsorgan
Die Haut ist reichlich mit Nervenelementen des zentralen und autonomen Nervensystems durchzogen. Dabei werden Reize von ihren entsprechenden, das heißt auf sie abgestimmten Reizempfängern (Rezeptoren) aufgenommen. Die Reize können von außen auf die Haut treffen oder auch in der Haut selbst entstehen. Sie werden zum Hirn weitergeleitet und dort wahrgenommen. Diese Reizübermittlung vollzieht sich impulsartig in Form von elektrischen Erregungswellen. Elektrophysiologisch ist jede Erregung der Nerven eine Störung des Ruhepotenzials, welches durch die Erregungsausbreitung wieder hergestellt und aufrechterhalten wird. Natrium- und Kalium-Ionen strömen wechselseitig ein und aus, bis das elektrophysiologische Gleichgewicht wieder hergestellt ist, das vor der Erregung bestand.
Rezeptoren
Als Rezeptoren kommen in der Haut neben strukturierten Endorganen auch frei endigende Nervenfasern vor. Dabei vermitteln die freien Endigungen (nach Head und Rivers) nur Sinnesempfindungen, die einfache, primitive Wahrnehmung betreffen. Die strukturierten Rezeptoren hingegen besitzen ein höher empfindliches und besser differenzierendes Unterscheidungsvermögen für jeweils ganz bestimmte Reize (Abbildung 3).
Abbildung 3
Aufbau der Haut aus Epidermis (a), Dermis (b) und Subcutis (c) mit einer freien Nervenendigung (d), kapsulären Nervenenden wie den Meissnerschen Körperchen (e) und dem Pacinischen Körperchen (f). Der schichtweise Aufbau des Pacinischen Körperchens begünstigt die Wahrnehmung von Deformationen der Haut. Die elektonenmikroskopischen Aufnahmen I und II zeigen einen Querschnitt durch ein Meissnersches Körperchen in unterschiedlichen Vergrößerungen. Die Feinstruktur des Körperchens dient der Verbesserung der Wahrnehmung des Berührungsreizes.
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