Ein Spuckstein für die Giftmörderin Gesche Gottfried
Man muss sich nicht wundern, wenn Banker im feinen Zwirn oder gut betuchte ältere Damen im Vorbeigehen plötzlich ausspucken. Denn in Bremen hat das Tradition. Mit dem Ausspucken am sogenannten Spuckstein auf der Nordseite des St.-Petri-Domswollen die vorbeieilenden Bremer ihre Verachtung für die Giftmörderin Gesche Gottfried zum Ausdruck bringen.
Gottfried wurde 1828 unter dem Tatverdacht verhaftet, 15 Menschen vergiftet zu haben - darunter ihre Eltern, ihre Kinder, ihre Ehemänner Nummer eins und zwei sowie später auch noch ihren Verlobten. Gesche Gottfried tötete ihre Opfer mit „Mäusebutter“, einer Mischung aus Schmalz und dem tödlichen Gift Arsen - damals ein gängiges Mittel, um Mäuse anzulocken und zu töten. Das erste Opfer war bereits 1813 ihr erster Ehemann Johann Gerhard Miltenberg - ein Trunkenbold, der seine Frau regelmäßig verprügelte. Knapp zwei Jahre später starben drei Kinder und Gesche Gottfrieds Eltern. Die Opfer hat sie während deren Leidenszeit scheinbar liebevoll und mit Geduld gepflegt, weshalb sie in der Stadt zunächst als „Engel von Bremen“ wahrgenommen wurde. Und die Giftmörderin selbst veröffentlichte zu Herzen gehende Todesanzeigen in den Bremer Nachrichten. Nach dem Tod ihres zweiten Mannes Michael Christoph Gottfried im Jahr 1817 dauerte es weitere sechs Jahre, ehe ihr Verlobter Paul Thomas Zimmermann das Zeitliche segnete. Es folgten scheinbar wahllos sechs weitere Opfer, ehe ihr Vermieter der Giftmischerin schließlich auf die Schliche kam.
Am 6. März 1828, ihrem 43. Geburtstag, wurde Gesche Gottfried verhaftet. In der Zeit der rund dreijährigen Haft gestand sie all ihre Taten. Ihr Anwalt, Friedrich Leopold Voget, protokollierte den Inhalt der Vernehmungen, und das Bild, das sich daraus ergab, war klar: Gesche Gottfried war eine heimtückische Mörderin, die aus niederen Beweggründen tötete. Doch rund 150 Jahre später, nachdem die zwischenzeitlich verschollenen Protokolle wieder aufgetaucht waren, stellte sich heraus, dass Gottfried häufig falsch zitiert worden war. Es schien, als müsste die Geschichte über die Serienmörderin zumindest in Teilen neu geschrieben werden. Aus den Akten und Briefen Gottfrieds soll u. a. hervorgehen, dass viele aus ihrem Umfeld etwas wussten oder zumindest etwas ahnten - sie aber aus Mitleid deckten. Ärzte sollen falsche Totenscheine ausgestellt haben, sogar die überlebenden Opfer schützten Gesche Gottfried. Nach Ansicht des Autors Peer Meter war Gesche Gottfried eine psychisch kranke Frau. Sie selbst schilderte in ihren Briefen, sie habe eine innere Stimme gehört, die sie zu den Taten aufgerufen habe.
Gesche Gottfried wurde schließlich zum Tode verurteilt und am 21. April 1831 auf dem Domshof bei Bremens letzter öffentlicher Hinrichtung geköpft. 30.000 Zuschauer wollten das gruselige Spektakel sehen, wohl nicht nur aus purem Voyeurismus, sondern - so wird im damaligen „Bremischen Veranstaltungsblatt“ berichtet - auch weil sie ihnen leid tat. Genau dort, wo damals das Schwert den Kopf abtrennte, befindet sich heute besagter Spuckstein.
ART.tours-Bremen ( www.arttours-bremen.de), die Initiative kultur vor ort ( www.kultur-vor-ort.de) sowie die Bremen-Lotsen ( www.bremenlotsen.de) bieten thematische Gesche-Gottfried-Führungen an. Im Rundgang „Bremens düstere Seiten“ spielt Gesche Gottfried ebenfalls eine Rolle; zu buchen über www.bremen-tourismus.de. Im Bremer Geschichtenhaus wird die Geschichte der Giftmörderin gespielt und erzählt.
Auszeit mitten in der Stadt: kaffeesieren in der Wallmühle
Praktische Infos Karte
Essen & Trinken
Ratskeller11, den Wein im Bremer Ratskeller haben im Lauf der vergangenen Jahrhunderte einige berühmte Menschen probiert: die Dichter Heinrich Heine und Theodor Fontane oder auch die gekrönten Häupter Kaiser Wilhelm II. und Queen Elizabeth. Heute kann man im Bremer Ratskeller ziemlich gut essen. Dafür sorgt schon Geschäftsführer Arnd Feye, der sich einst in Bremen mit seinem Restaurant L’Orchidée einen Michelin-Stern erkocht hat. Sterne-Küche kann man in den historischen Gewölben natürlich nicht erwarten, eher regionale Spezialitäten, aber auch Gutbürgerliches zu einem anständigen Preis-Leistungs-Verhältnis (Hauptgerichte überwiegend zwischen 11,50 und 20 €, Mittagstisch 7,90 €, Schoppen Wein ab 3,80 €). Tägl. 11-24 Uhr (Küche 12-23 Uhr). Am Markt, Tel. 0421/321676, www.ratskeller-bremen.de. S 2 und 3.
Stockhingers Bratwurstglöck’l 8, die Bremer hätten es auch gewusst, ohne dass das Gourmet-Magazin „Der Feinschmecker“ Stockhingers Bratwurtsglöck’l lobend erwähnt hätte. In dem Pavillon auf dem Liebfrauenkirchhof gibt es 1-A-Bratwürste, für viele die besten der Stadt. Wobei man unterscheiden muss: Der Bremer isst zu mindestens 90 % die „vom Rost“ für 3,20 €. Nicht selten hört man bei Stammgästen den Zusatz „aber eine schöne dunkle bitte“. Im Angebot ist auch noch die Wurst aus der Pfanne und inzwischen gibt es bei Stockhingers auch Kartoffelsalat zur Wurst. Gleich gegenüber ist der Laden der Bremer Imbiss-Dynastie Kiefert. Das sei der Fairness halber erwähnt, denn die Bremer werden sich nie einig, wer die bessere Wurst brät - wobei der Autor eindeutig ein Stockhinger-Fan ist. Tägl. 9.30-23.30 Uhr. Unser Lieben Frauen Kirchhof, Tel. 0421/3398804. S 2 und 3.
Raths-Konditorei Stecker 12, bei schönem Wetter genießt man die Spezialitäten der Raths-Konditorei mitten auf dem Marktplatz, ansonsten drinnen im urgemütlichen Gastraum im Souterrain eines der schönen Bürgerhäuser an der Westseite des Marktplatzes. Stecker blickt auf eine über 100-jährige Geschichte zurück, die meisten der Kuchen- und Tortenspezialitäten sind auch heute noch handgemacht und haben zahlreiche Preise gewonnen, so zum Beispiel die original „Bremer Kluten“. Im Stammhaus in der Knochenhauerstraße hat einst täglich Werder-Trainer Otto Rehhagel gesessen und bei Kaffee und Kuchen angeblich die Aufstellungen seiner Mannschaft ausgebrütet. Tägl. 10-18.30 Uhr. Am Markt 11, Tel. 0421/12593, www.konditorei-stecker.de.
D’Oro 15, eine Oase der Ruhe inmitten der Stadt. Zwischen Dom und dem Konzerthaus Glocke sitzt man im idyllischen Bibelgarten, lauscht dem Plätschern des Brunnens, lässt den Herrgott einen guten Mann sein und gönnt sich eine Pizza oder Pasta. Die Küche ist nicht gerade zum Niedernknien, aber in diesem Ambiente schmeckt tatsächlich alles einen Tick besser. Jedenfalls sitzt kaum jemand drinnen, selbst wenn es draußen noch etwas frisch ist. Von Mo bis Fr gibt es einen Mittagstisch mit Gerichten von 6,50 € (Suppe) über Ravioli für 9 € bis zu Hauptgerichten für 10 bis 13 €. Auf der Abendkarte finden sich italienische Klassiker wie Pizza und Lasagne, aber erstaunlicherweise auch so etwas wie Barbarieentenbrust mit Knödeln. Mo-Fr ab 11 Uhr, Sa/So ab 12 Uhr. Domsheide 6, Tel. 0421/3366888, www.doro-bremen.de. S 2, 3, 4, 6 und 8, Busse 24 und 25.
Bio/Regional Markthalle Acht 10, der Bremer ist bekanntlich ein wenig stur, und so hat es eine Weile gedauert, bis er das Konzept der 2016 eröffneten Markthalle Acht am Domshof angenommen hat. Dabei ist das wirklich nicht schlecht. Das Motto der Betreiber ist: „Weniger, dafür besser“. In der Halle jedenfalls sind diverse „Marktleute“ versammelt, die dort ihre Speisen anbieten. Einen schnellen Mittagstisch bekommt man hier, allerdings nicht in Plastik, sondern auf richtigem Geschirr. Die Gastgeber in der Markthalle Acht setzen vielfach auf biologisch erzeugte Produkte oder zumindest auf regionale Zutaten. Von Italienisch über Asiatisch bis hin zu deutscher Küche, vielfach vegan und vegetarisch reicht das Angebot. Richtig spannend wird’s an den Streetfood-Donnerstagen, wenn immer wieder neue Gastronomen für einen Tag in der Markthalle kochen und zudem verschiedene Künstler auftreten. Freitagabend (18-22 Uhr) legen DJs auf. Di-Mi 11-19, Do, Fr und Sa 11-22 Uhr. Domshof 8-12, Tel. 0421/33118311, www.markthalleacht.de.
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