Die Wiedervereinigung Ost- und Westdeutschlands könnte man mit einer Metapher so ansehen, als seien die beiden Teile den »Bund der Ehe« eingegangen.
Wenn zwei Menschen eine Bindung eingehen und zum Beispiel heiraten, sind sie zunächst an ihr Herkunftssystem mit den jeweiligen Werten, Rollen und Prägungen gebunden. Das Paar ist vor die Herausforderung gestellt, sich neu zu definieren. Wenn es beiden gelingt, das Herkunftssystem im anderen zu achten und beide sich liebevoll dafür öffnen, das zu entdecken, was sich weiterzuführen und an gemeinsamem Neuen zu entwickeln sich lohnt, dann wird Partnerschaft gelingen.
Vielleicht wird die Wiedervereinigung von einigen nicht als Liebes-, sondern eher als Zwangsheirat empfunden.
Könnte in diesem Fall der erste Schritt darin bestehen, zu registrieren, was wir aneinander haben, worin der Gewinn unserer Beziehung liegt?
Ich persönlich erfreue mich an einer wunderbaren Schwiegertochter und zwei entzückenden Enkeltöchtern, die es so nicht gäbe, wäre die Mauer nicht gefallen. Und so vertraue ich darauf, dass es gut weitergehen wird.
2In dem Webinar bei Gabriel Palacios erlebte ich viele kleine Trancezustände, aus denen sich in meiner Praxis diese Trance entwickelte.
3Hals, Körper, … Herzgegend …
4Vielleicht steckst du an irgendeiner Stelle fest und kommst nicht weiter. Dann visualisiere eine Farbe. Atme die Farbe zum Ort deiner Aufmerksamkeit, beobachte, wie sich die Farbe von dort aus immer mehr in deinem Körper verteilt. Bald hat jede Zelle deines Körpers diese Farbe aufgenommen. Vielleicht magst du dir sogar noch ein Kraftfeld in dieser Farbe um dich herum vorstellen.
Populismus und Mauerfall – Anmerkungen zur Auflösung einer unheilsamen Verbindung
Albrecht Mahr
Als Erstes möchte ich zwei zentrale Tatsachen hervorheben, die unsere ganze Aufmerksamkeit brauchen.
Populismus stellt eine ernste Gefahr dar, gegenwärtig vor allem in zwei seiner Ausprägungen: als rechtsextreme Splittergruppen und als Antisemitismus.
Rechtsextreme Splittergruppen nehmen überall zu. Sie bestehen lokal jeweils aus wenigen Personen, die über das Internet mit vielen anderen Gruppen verbunden sind, die einander aufstacheln und z. B. Prämien für erfolgreiche Morde ausstellen. Gegenwärtig ist die AWD (»Atomwaffen-Division«) mit ihren typischen Totenkopf-Masken als die radikalste und gefährlichste zu nennen, eine aus den USA stammenden Gruppe, die Töten und Vernichten mit allen Mitteln zum Ziel hat. In den USA gehen wahrscheinlich fünf Morde auf ihr Konto. 5
Der Antisemitismu s wächst in Deutschland. Nach einer repräsentativen Studie des Jüdischen Weltkongresses in Deutschland ( Zeit 24.10.2019) sind 27 % der Deutschen antisemitisch eingestellt, Tendenz steigend. Antisemitische Parolen auf Hauswänden, Pöbeleien oder körperliche Attacken gegen Juden auf offener Straße nehmen zu. Uns allen wünsche ich die Entschlossenheit und den Mut, dagegen aufzustehen!
Bei der Formulierung meines Themas, »Populismus und Mauerfall«, vor ein paar Monaten meinte ich, dass ich biografisch zu solchen Anmerkungen vielleicht etwas qualifiziert sei, weil meine Mutter in Chemnitz aufgewachsen ist und ich damit ein »halber Sachse« bin und weil ich seit vielen Jahren hier in Naumburg bei Beate Jaquet in Aufstellungsseminaren arbeite … Aber ich war bei der Vorbereitung dann alsbald perplex und betroffen davon, wie wenig ich von Mauerfall und Nachwendezeit de facto wusste!
Ich bin in Göttingen aufgewachsen, 30 km von der »Zonengrenze«, wo wir, meine Eltern und ich, glaube ich, nur einmal hinfuhren – wie an einen etwas exotischen und eigentlich unwichtigen Ort. 1989 lebten wir, meine Frau und unsere kleinen Kinder in Würzburg, wir hatten aus Überzeugung keinen Fernseher, und die Belange der DDR hatten für uns so gut wie keine Bedeutung. Ein Anruf meiner in Westberlin lebenden Schwester klärte mich dann auf, wir hörten von den bewegenden Momenten nach der Maueröffnung, jedoch auch in der Folgezeit entwickelte sich kein besonderes Interesse am wiedervereinigten Deutschland, das für uns halt ein Stück größer geworden war durch Übernahme der DDR in die BRD. Bei unserer Haushaltshilfe, die 1989 noch über Ungarn aus der DDR kam, waren wir ungläubig-überrascht, dass ihr erster Besuch in einem Westsupermarkt sie in eine Art von Schockstarre versetzt hatte, sodass sie nach wenigen Minuten völlig überwältigt aus dem Markt fliehen musste.
Meine Aufstellungsarbeit bei Beate Jaquet hier in Naumburg (später auch in Suhl, Dresden und Leipzig) habe ich immer sehr gerne gemacht, es wurden natürlich viele Fakten des Lebens in der DDR angesprochen und gut bearbeitet – aber merkwürdigerweise hat sie eine auch bei mir wirksame kollektive Ebene des Nicht-ganz-Beteiligtseins für lange Zeit unberührt gelassen.
Es gab für uns eine Art von eisernem Bewusstseinsvorhang, auf dessen östlicher Seite so etwas wie »Dunkeldeutschland« ein graues Dasein fristete. Grau schienen sogar die Ostlandschaften bei Zug oder Autoreisen nach Westberlin. Und »die da drüben« hatten mit der sowjetischen Besatzung, ihrem neuen totalitären Regime, der gegenseitigen Bespitzelung etc. eben Pech gegenüber dem ungleich besseren Los von Westdeutschland. Das war halt so und löste auch Schuldgefühle aus, die aber bei den allermeisten im Westen keine Handlungsimpulse weckten, was sich auch nach der Wende nicht wesentlich änderte.
In diesem westdeutschen Desinteresse sieht Irene Misselwitz in ihrem Tagungsbeitrag einen Grund für die besonderen Erfolge der AfD im Osten, die sich dort als »Kümmererpartei« anbiete und die Ostbelange scheinbar wirklich ernst nehme.
Die von vielen Westdeutschen geteilte Indifferenz hat sich bei mir in den letzten Monaten sehr verändert, was auch durch die Ausrichtung auf diese Tagung »30 Jahre Mauerfall« angestoßen wurde. Ich bin dabei, zu anderen Empfindungen zurückzukommen oder erstmals dorthin zu gelangen: eine einfache Verbindung vom Herzen aus, Anteilnahme und Zuneigung.
Zum Thema: Populismus und Mauerfall
Ich möchte vier Bereiche ansprechen:
1)Was ist Populismus?
2)Der Mauerfall und seine Folgen als ein »Brandbeschleuniger« für Populismus.
3)Die noch immer kontroverse Bedeutung der Treuhandanstalt für die Nachwendezeit.
4)Und schließlich die zentrale Rolle einer »frohen Botschaft« (so lautet ein Buchtitel), die auf der Tatsache beruht, dass sich die Welt über die vergangenen Jahrzehnte in fast allen Lebensbereichen nachweislich überaus positiv entwickelt hat. 6
Populismus ist definiert durch eine vierfache Idee von Gesellschaft, nämlich:
1)die Unterscheidung zwischen der Fiktion von einem »wahren Volk« (»populus«) einserseits – und »den korrupten Eliten sowie den anderen« andererseits. Also: auf der einen Seite wir/ das einfache Volk/die anständigen Bürger – auf der anderen Seite die Politiker/die Eliten/die anderen, die Ausländer, die Migranten
2)die Idee von gesellschaftlicher Homogenität, von weitgehender Übereinstimmung innerhalb dieses »Volkes« und damit die Annahme eines allgemeinen, identischen Volkswillens innerhalb dieses Wir
3)die Behauptung, dass wir am Abgrund stehen und in beängstigenden Gefahren leben, wie Migration, Islamisierung oder der »Umvolkung« des Westens
4)die Idee: Wir, das Volk, sind das Opfer dieser Entwicklungen, die von den Eliten sowohl hervorgerufen als auch geleugnet werden und die nicht benannt werden dürfen.
Daraus ergeben sich die vier konstituierenden, typischen Elemente des Populismus: 7
1)Antiestablishment
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