Emmanuel Carrère - Yoga

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Alles beginnt gut: Emmanuel Carrère fühlt sich souverän als Herr über sein gelungenes Leben und plant ein heiteres, feinsinniges Büchlein über Yoga zu schreiben. Mit leichter Ironie, aber auch echter Hingabe wollte er dem Leser seine Erkenntnisse über Yoga enthüllen, das er er seit einem Vierteljahrhundert betreibt: ein Buch voller Weisheit über das Verhältnis zur Welt, wenn man Abstand zum eigenen Ego gewinnt. Zunächst läuft alles bestens, doch dann wird er während seiner Recherchen vom Tod eines Freundes beim Anschlag auf Charlie Hebdo eingeholt und gleich darauf von einer unkontrollierbaren Leidenschaft erschüttert. Von einem Tag auf den anderen kippt sein Leben, eine bipolare Störung wird diagnostiziert, und Carrère verbringt vier quälende Monate in der geschlossenen Psychiatrie, wo er versucht, seinen Geist mit Gedichten an die Leine zu legen. Entlassen und verlassen lernt er auf Leros in einer Gruppe minderjähriger Geflüchteter ganz anders Haltlose kennen. Zurück in Paris stirbt sein langjähriger Verleger – und doch gibt es am Ende auch wieder Licht. Denn Yoga ist die Erzählung vom mal beherrschten, mal entfesselten Schwanken zwischen den Gegensätzen. Durch schonungslose Selbstanalyse zwischen Autobiografie, Essay und journalistischer Chronik gelingt Carrère der Zugang zu einer tieferen Wahrheit: Was es heißt, ein in den Wahnsinn der Welt geworfener Mensch zu sein.

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Die Halle

Der Boden ist schwarz und schlammig, ich bin froh, gute Schuhe mitgenommen zu haben. Wir alle tragen Mützen und Parkas: Das Ganze könnte auch ein Aufbruch aus einer Berghütte vor Sonnenaufgang sein, nur dass man in Berghütten Tee oder Kaffee aus Thermoskannen trinkt, Müsliriegel isst und sich vor allem anschaut, ein paar Worte wechselt und das Gesicht verzieht, um klarzumachen, dass es einem schwergefallen ist, sich aus dem Schlafsack zu schälen. Hier nicht. Hier schaut sich keiner an. Man schaut auf die Erde oder in den Himmel, der sternenlos ist und genauso schwarz wie die Erde. Nach einem dritten Schlag verhallt der Gong. Am Eingang zur Halle beginnt der sympathische junge Mann, unsere Namen aufzurufen: Zu jedem gehört ein nummerierter Platz im Saal, wir werden ihn während der gesamten Zeit hier behalten. Wer aufgerufen wurde, betritt die Garderobe, zieht sich Parka und Schuhe aus, nimmt sich aus den Regalen Kissen und Decken und geht damit in den Saal. Es ist eine sehr große Halle, die durch einen drei oder vier Meter breiten Mittelgang in zwei Hälften geteilt ist. Links davon wir, die Männer, rechts davon die Frauen, die durch eine Tür auf der gegenüberliegenden Seite hereinkommen. Auf jeder Seite flache, quadratische Kissen von etwa achtzig Zentimetern Seitenlänge. Ich habe diese Kissen später einmal gezählt: sechs in jeder Reihe, zehn Reihen, mal zwei, heißt, wir sind hundertzwanzig. Diese Unterlegkissen sind alle blau und ebenso die Zafus, von denen jeder so viele aufstapelt, wie seine Knie brauchen, um geradezusitzen, nur die Decken, in die sich die Männer hüllen, sind blau und die der Frauen weiß. Sie sind warm und flauschig, es ist ein Genuss, sich in sie zu schmiegen, aber man könnte genausogut darauf verzichten, denn die Halle ist so gut geheizt wie mein Zimmer. An der Stirnseite vor jeder Gruppe steht ein Podest, auf dem im Schneidersitz vor den Männern ein in eine blaue Decke gehüllter Mann sitzt und vor den Frauen eine in eine weiße Decke gehüllte Frau. Der Mann ist hager, sein Adamsapfel ragt hervor, sein Gesicht ist ruhig. Die Frau hat kurze, weiße Haare, aber ich kann sie nur aus ziemlicher Entfernung betrachten, denn mein Platz befindet sich am entgegengesetzten Rand des Männerbereichs. Im Übrigen verliere ich bald jedes Interesse für den Frauenbereich. Meine Nachbarn nehmen nach und nach ihre Plätze ein, sie werden von den quadratischen Kissen definiert, die dieselbe Funktion haben wie die Matten in Yogakursen: Alle Bewegungen müssen innerhalb dieses Raums ausgeführt werden, ohne dessen Grenzen zu überschreiten und in den von anderen einzudringen. Die Vorstellung, dass man sich mit einer Fläche von fünfzig mal hundertachtzig Zentimeter begnügen kann, hat etwas sehr Reizvolles. Man sagt sich, wäre man im Gefängnis, bräuchte man nur eine Yogamatte auszurollen, und man könnte in der beklemmenden Enge einer Zelle eine gewisse Freiheit behaupten. Einer meiner Nachbarn packt seine Pobacken und zieht sie auseinander, um seinen Beckenboden besser auf dem Kissen zu platzieren – eine Geste, die dem Laien einigermaßen fragwürdig erscheinen dürfte, an der man aber mit Sicherheit den erkennt, der Iyengar-Yoga praktiziert. Er tut das völlig zwanglos, und ich tue es ebenso und gebe damit meine Konfession preis, bevor ich die Meditationshaltung einnehme.

Die Haltung

Meditieren ist ganz einfach, hatte ich gesagt, es ist nichts anderes als einen Moment lang reglos schweigend dazusitzen. Doch ich muss gleich hinzufügen, dass es alle möglichen Arten von Dasitzen gibt: im klassischen Schneidersitz mit überkreuzten Beinen, im halben Lotussitz, im Lotussitz, im japanischen Seiza - oder Fersensitz oder auch auf einem Stuhl, wenn man nicht gelenkig genug ist … Alle sind gut, solange sie ein Minimum an Bequemlichkeit verschaffen und einem – unter Umständen mithilfe von Kissen – erlauben, sich gerade zu halten. Denn gerade halten muss man sich. So gerade wie möglich. Die Wirbelsäule so weit nach oben strecken, als wolle man mit dem höchsten Punkt des Schädels die Decke anheben. Und sie gleichzeitig auch verwurzeln: so sitzen, dass das Becken, aus dem sie entspringt, in die andere Richtung zum Boden hinuntergezogen wird. Dehnt man die Wirbelsäule auf diese Weise, dann biegt sie sich leicht durch und verlängert sich und der Raum zwischen den Wirbeln weitet sich. Man begleitet ihren Verlauf vom Kreuzbein bis zur Schädelbasis. Man beobachtet ihre Krümmungen. Man beobachtet, was dabei herauskommt, wenn man versucht, sie umzukehren: wenn man die hohlen Abschnitte ausstülpt und die gewölbten einzieht. Wenn ich mich auf diese Weise ausstrecke, spüre und höre ich, wie einer meiner Wirbel knackt. Es ist ein angenehmes Geräusch, auch die damit verbundene Empfindung ist angenehm und stimulierend. Man hat nicht den geringsten Zweifel, dass sie guttut. Die Wirbelsäule so zu strecken ist eine Vollzeitbeschäftigung. Doch zur selben Zeit, in der man sich dieser Vollzeitbeschäftigung widmet, muss man sich noch einer anderen widmen, nämlich der, alles zu entspannen: das Gesicht, die Schultern, den Bauch, die Hände, alles, was man entspannen kann – und das ist viel, wirklich unendlich viel. Wenn man alles durchgeht, was verspannt ist, merkt man, dass auch das eine Vollzeitbeschäftigung ist. Die Wirbelsäule weitmöglichst strecken und den Rest weitmöglichst entspannen, das ergibt zwei Vollzeitbeschäftigungen zugleich. Oder, na ja, anfangs fast zugleich, sagen wir eher zugleich, etwa als würde man zwei zusammengespannte Pferde lenken, von denen jedes in eine andere Richtung ausscheren will. Das ist übrigens auch die ursprüngliche Bedeutung des Worts Yoga : zwei Pferde oder zwei Büffel in dasselbe Joch einspannen. Man wechselt von einem zum anderen, vom anderen zum einen. Wenn man versucht, seine Aufmerksamkeit auf das zu richten, was man tut, und sich bewusst zu machen, wenn auch nur ein winziges bisschen, was das Ziel der ganzen Angelegenheit ist, hat man keine Zeit, sich zu langweilen. Je anspruchsvoller die Haltung wird, desto mehr kann man ihr abgewinnen. Man richtet sich gern jeden Tag darin ein, nimmt sie gern zu einer festen Zeit ein. Schafft es immer länger, sie zu halten. Spürt, wenn sie zusammenzufallen beginnt. Dann korrigiert man sie, verfeinert sie, wird sich immer mehr der Balanceakte bewusst, aus der sie besteht. An manchen Tagen ist es ein Genuss, an anderen ist es nicht auszuhalten. Nichts funktioniert. Der ganze Körper protestiert und wehrt sich gegen die Reglosigkeit, nimmt nicht mal mehr einen der feinen, subtilen Balanceakte wahr, die zu beobachten so genussvoll war. Besser wäre es nun, die Aufmerksamkeit genau auf diesen Widerstand zu richten, auf diese Lustlosigkeit, diesen Widerwillen. Würde man ihn beobachten, würde er zur Meditation dazugehören. Doch meistens beeilt man sich eher, ihn loszuwerden, statt die Aufmerksamkeit darauf zu richten. Man steht auf und schaut seine E-Mails durch. Egal.

Die Anweisung für die praktischen Aufgaben

Alle sind still, außer mein Nachbar rechts von mir, der sich erst nach mir hingesetzt hat und ein Mordsspektakel macht: Räuspern, Schmatzen, Schnauben – wobei mir bei seinem Schnauben scheint, er macht das absichtlich, weil er meint, so atme man richtig, und es kümmert ihn nicht im Geringsten, dass er der Einzige ist, der das meint. Zehn Tage neben diesem Typen ist wie mit jemandem in einem Raum zu schlafen, der schnarcht oder stinkt – keine Ahnung, wie ich das aushalten soll. Ich öffne kurz die Augen, blicke flüchtig nach rechts und wundere mich nicht, den kleinen Herrn mit Spitzbart und Strickpulli wiederzusehen, der mich in den längst vergangenen Zeiten, als wir noch sprachen, schon mit seinem Gerede übers Loslassen genervt hat. Loslassen, im Moment leben – ich kenne diese Leier, und auch wenn mir die Idee grundsätzlich richtig erscheint, ist mir aufgefallen, dass man sie, genau wie große Reden über Anarchismus, oft von schrecklichen Zwangsneurotikern hört. Genauso ist mir aufgefallen, dass der kleine Herr, der so gern mit seiner Gelassenheit glänzen wollte, jede, aber auch jede Aufgabe – wie eine Schüssel in die Hand nehmen oder Bierhefe in die Suppe streuen – mit doppelt so vielen Bewegungen ausführt wie nötig. Schon gestern Abend hat er mich an jemanden erinnert, und jetzt plötzlich fällt mir ein, an wen: Monsieur Ribotton, einen Biologielehrer, den ich in der achten Klasse hatte. Es gibt großartige Lehrer, die echte Erwecker sind, sie sind selten und es ist ein großes Glück, auf einen zu treffen, und sei es auch nur einen in der gesamten Schulzeit. Aber man begegnet auch Durchgeknallten, und die Durchgeknalltheit von Monsieur Ribotton äußerte sich in einer sehr speziellen Weise. Der Biologieunterricht beinhaltet praktische Aufgaben, und diese bestehen vor allem darin, Frösche zu sezieren. Um uns darauf vorzubereiten, hatte Monsieur Ribotton eine »Anweisung für die praktischen Aufgaben« ausgearbeitet, und er verbrachte die gesamte erste Stunde damit, ihre Bedeutung herauszustellen, und die zweite, sie uns zu diktieren. Die Anweisung war so detailliert und ausschweifend und sie berücksichtigte so viele mögliche Szenarien, die sich während der praktischen Aufgaben ergeben könnten, dass das Diktat noch in der dritten, vierten und fünften Stunde fortgesetzt wurde, und in der ersten Klassenarbeit wurde nicht der Lehrstoff abgefragt, sondern die Anweisung für die praktischen Aufgaben. Unsere Ergebnisse enttäuschten Monsieur Ribotton jedoch, wir hatten die Anweisung für die praktischen Aufgaben nicht richtig verstanden und verinnerlicht. Sie musste also wiederholt, vertieft und ergänzt werden. Noch einmal diktiert und noch einmal abgeschrieben werden. Unsere Hefter nahmen im selben Maß an Umfang zu wie die Anweisung für die praktischen Aufgaben, die immer mehr jener Art von Verträgen ähnelte, bei denen man vor Unterzeichnung erklären muss, sie zur Kenntnis genommen zu haben, obwohl sie tausend Seiten umfassen und niemand sie je liest. Das ganze Schuljahr belief sich darauf, diese sich ständig erweiternde Anweisung für die praktischen Aufgaben abzuschreiben, auswendig zu lernen und in Tests wiederzugeben, ohne dass wir je eine einzige Stunde derart streng geregelte praktische Aufgaben aufbekommen hätten. Monsieur Ribotton muss schon längst tot sein, doch ich habe den Eindruck, seine Reinkarnation an meiner Seite sitzen zu haben, und ich denke mir, zehn Tage neben Monsieur Ribotton zu meditieren und seiner schnaubenden Atmung und manischen Ausstrahlung ausgeliefert zu sein, das wird kein Spaziergang. Aber sobald ich das gedacht habe, denke ich sofort das nächste, nämlich dass auch ich nicht unbedingt ein Spaziergang bin und das Wesen der Meditation doch genau darin besteht, Monsieur Ribottons Anwesenheit neben mir als Segen zu betrachten. Nicht als Anlass, um sich aufzuregen oder verächtlich und ironisch zu werden, sondern als Gelegenheit, um Wohlwollen und Gleichmut zu entwickeln. Denn eine weitere Definition für Meditation – ich glaube, es ist schon die fünfte – ist: sich auf alle Widrigkeiten einzulassen, die das Leben so bereithält, statt davor wegzulaufen. Das heißt, die Widrigkeit zu erforschen und mit der Widrigkeit genauso zu arbeiten wie mit dem Atem. Und das ist auch gleich die sechste Definition: lernen, nichts zu bewerten, oder zumindest weniger, ein bisschen weniger zu werten. Also jene hochtrabende Position aufzugeben, die sowohl ein moralischer Fehler als auch ein philosophischer Irrtum ist. Wie heißt es noch in dem buddhistischen Sutra, das ich so mag, dass ich es schon zweimal in einem Buch zitiert habe: »Der Mensch, der sich einem anderen gegenüber für überlegen, unterlegen oder selbst für gleichwertig hält, begreift die Wirklichkeit nicht.«

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