bb) Stufen der allgemeinen Verwaltungsbehörden auf Landesebene
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Als weiteres in vielen Ländern beim Aufbau der Landesverwaltung verfolgtes Prinzip lässt sich eine dreistufige Gliederungbeobachten. Die Oberstufe bilden die Landesregierung bzw die Ministerien, die Mittelstufe die Regierungspräsidenten/Bezirksregierungen (insoweit sprechen die Gesetze manchmal auch von „Oberer“ Behörde), die Unterstufe der Landrat/Oberbürgermeister bzw der Landrat/Bürgermeister.
Beispiel:
Nach § 57 Abs. 1 BauO NRW ist oberste Bauaufsichtsbehörde das für die Bauaufsicht zuständige Ministerium; obere Bauaufsichtsbehörden sind die Bezirksregierungen sowie die Landräte und untere Bauaufsichtsbehörden die kommunalen Behörden[23].
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Die Mittelstufe fehlt zunächst in den „Stadtstaaten“ Berlin, Bremen und Hamburg. Da diese Länder Staat und Stadt zugleich sind (Art. 1 Abs. 1 Verfassung von Berlin: „Berlin ist ein deutsches Land und zugleich eine Stadt.“)[24], ist eine Mittelinstanz entbehrlich[25]. Aber auch in einigen (kleineren und mittelgroßen) Flächenstaaten ist der Aufbau zweistufig, da eine mittlere Verwaltungsstufe als nicht (mehr) erforderlich erachtet wurde.
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Auf der Oberstufefindet sich neben den bereits erwähnten Landesregierungen bzw Ministerien – sie sind sowohl Regierungs- als auch Verwaltungsinstanz – eine unabhängige oberste Landesbehörde: der Landesrechnungshof. Den Ministerien nachgeordnet, aber nicht der Mittelstufe zugehörig, sind die Landesoberbehörden. Ihre sachliche Zuständigkeit beschränkt sich auf eine spezielle Aufgabe, ihre örtliche Zuständigkeit erstreckt sich über das ganze Land. Sie sind Sonderverwaltungsbehörden und heißen in aller Regel „Landesamt“. In einigen Bundesländern gibt es ein Landesverwaltungsamt, dem eine Vielzahl von Aufgaben übertragen ist, die in anderen Bundesländern einzelne Landesämter wahrnehmen.
Beispiele für Landesämter:
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Landeskriminalamt, |
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Landesamt für Besoldung und Versorgung, |
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Landesamt für Denkmalpflege. |
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Die für die Mittelstufetypische Behörde ist der Regierungspräsident/die Bezirksregierung. Diese Behörde ist im Prinzip sachlich allzuständig, örtlich indes nur für einen bestimmten Bezirk des Landes. Die mittlere Stufe ist in den größeren Flächenstaaten anzutreffen.
Beispiele:
In Baden-Württemberg gibt es vier Regierungsbezirke (Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart und Tübingen). In Bayern gibt es sieben „Regierungen“ (die von Ober- und Niederbayern, die der Oberpfalz, die von Ober-, Mittel- und Unterfranken sowie die von Schwaben). In Nordrhein-Westfalen gibt es fünf Bezirksregierungen (in Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster).
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Die Unterstufebildet „das“ Problem der Landesverwaltungen. Allgemeine Verwaltungsbehörden sind entweder der Kreis/der Landkreis, die kreisfreie Stadt oder Große kreisangehörige Städte.
Beispiel:
Nach § 122 Abs. 2 S. 1 BbgKVerf erfüllt der Landkreis die ihm zugewiesenen staatlichen Aufgaben als untere Verwaltungsbehörde; nach § 1 Abs. 2 BbgKVerf erfüllt die kreisfreie Stadt alle dem Landkreis obliegenden Aufgaben; nach § 1 Abs. 4 S. 1 BbgKVerf erfüllt die Große kreisangehörige Stadt bestimmte Aufgaben des Landkreises, wenn die gesetzlich geforderten Bedingungen erfüllt sind.
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Auf der Unterstufe kommt es damit zu einer Verzahnung mit der kommunalen Ebene. Hier sind zwei Modelle zu unterscheiden[26]. Oftmals werden staatliche Aufgaben auf dieser Ebene vollständig kommunalisiert. Adressat der Aufgabe ist dann die Kommunalkörperschaft als Verwaltungsträger. Die weitere interne Verteilung der Zuständigkeit richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. In einigen Bundesländern ist – insbes. auf Ebene der Landkreise – hingegen das Modell der Organleiheanzutreffen: Soweit hier staatliche Aufgaben zu erledigen sind, wird das Organ – im Regelfall der Landrat – organisatorisch in die staatliche Verwaltungsorganisation eingegliedert. Der Landrat weist dann eine Doppelstellung auf: Er wird – je nach wahrgenommener Aufgabe – entweder als Verwaltungsorgan des Kreises oder als staatliche Verwaltungsbehörde tätig[27]. Eine solche Organleihe hat insbes. Auswirkungen auf die Wahl des richtigen Klagegegners sowie die Bestimmung des Schuldners bei Haftungs- und Entschädigungsansprüchen[28]: Nimmt das geliehene Organ staatliche Verwaltungsaufgaben wahr, ist das ausleihende Land jeweils Adressat, bei Selbstverwaltungsangelegenheiten hingegen die jeweilige Kommunalkörperschaft.
2. Mittelbare Staatsverwaltung
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Mittelbare Staatsverwaltung ist die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben durch rechtlich verselbstständigte Verwaltungsträger. Sie findet insbes. statt durch juristische Personen des öffentlichen Rechts: Körperschaften, Anstalten und Stiftungen. Hinzu kommen bestimmte natürliche Personen sowie juristische Personen des Privatrechts, sofern sie mit hoheitlichen Aufgaben und Befugnissen betraut sind (sog. Beliehene). Mittelbare Staatsverwaltung gibt es auf der Bundesebenewie auf der Landesebene.
a) Körperschaften des öffentlichen Rechts
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Körperschaften sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, die mitgliedschaftlich verfasstsind (also Mitglieder haben) und unabhängig vom Wechsel der Mitglieder bestehen. Sie verdanken ihre Individualität als Rechtssubjekt nicht der Privatautonomie ihrer Mitglieder, sondern einem Hoheitsakt, nämlich in der Regel einem Gesetz oder einem Staatsakt (Gründungsakt) auf Grund eines Gesetzes. Sie haben in der Regel hoheitliche Befugnisse – Kompetenz zur Rechtsetzung, zum Erlass einseitiger Entscheidungen (VAe), Androhung und Anwendung von Zwangsmitteln.
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Nach der Art der Rechtsquelle, auf Grund derer die Körperschaften des öffentlichen Rechts gebildet sind, lassen sich unterscheiden:
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völkerrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts: die EU; |
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staatsrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts: die Gemeinden und Gemeindeverbände, Art. 28 Abs. 2 GG[29]; die Sozialversicherungsträger nach Art. 87 Abs. 2 GG: zB die Deutsche Rentenversicherung Bund, die Bundesknappschaft, die Berufsgenossenschaften; |
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verwaltungsrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts: die Landwirtschaftskammern; die Architektenkammern; die Ärzte-, Zahnärzte-, Tierärzte- und Apothekerkammern (geregelt in den landesrechtlichen Heilberufegesetzen); die Handwerksinnungen (§ 52 HwO), die Kreishandwerkerschaften (§§ 86, 53 HwO), die Handwerkskammern (§ 90 Abs. 1 HwO)[30]; die gesetzlichen Krankenkassen: AOK und Betriebskrankenkassen; die Universitäten und Fachhochschulen (§ 2 Abs. 1 BerlHG); |
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kirchenrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG iVm Art. 137 WRV: die Diözesen der katholischen Kirche in Deutschland, die evangelischen Landeskirchen, aber auch eine Vielzahl kleinerer Kirchen: das Bistum der Altkatholiken in Deutschland, die jüdischen Gemeinden. |
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Weiterhin lassen sich die Körperschaften in Gebiets-, Personal-, Real-, sowie Verbandskörperschaften einteilen. Sie unterscheiden sich nach dem Anknüpfungspunkt für die Mitgliedschaft. Bei Gebietskörperschaftenführt bereits der örtliche Bezug kraft Gesetzes zur Mitgliedschaft, sofern nicht weitere Unterscheidungsmerkmale hinzutreten, wie etwa die Staatsangehörigkeit[31]. Zu den Gebietskörperschaften zählen aus dem Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung insbesondere die Gemeinden. Deren „Mitglieder“ sind die Einwohner, also alle Personen mit Wohnsitz in der Gemeinde[32]. Hinzu kommen die Landkreise. Denn „Mitglieder“ der Landkreise sind jedoch nicht die kreisangehörigen Gemeinden, sondern deren Einwohner[33]. Sie werden daher auch als „unechte Gemeindeverbände“ bezeichnet.
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