In den folgenden Jahrhunderten entstand eine chaotische Vielfalt an Namen und Beschreibungen der Pflanzen und Tiere. Im 17. Jahrhundert bemühten sich die Forscher um ein stimmigeres, einheitlicheres System. 1686 führte der englische Botaniker John Ray das Konzept der biologischen Art ein. Das Hauptkriterium war die Fähigkeit, sich miteinander fortzupflanzen, und das ist noch heute die üblichste Definition. 1735 brachte Linné seine Klassifikation in einem zwölfseitigen Heft heraus, doch bis zur 12. Auflage von 1778 war sie zu einem mehrbändigen Werk herangewachsen, in dem Linné das Konzept der Art zu einer Hierarchie von Gruppen mit gemeinsamen körperlichen Merkmalen ausbaute. Ganz oben standen drei Reiche: Tiere, Pflanzen und Mineralien. Sie teilten sich in Stämme, Klassen, Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten. Und Linné vereinheitlichte die Benennung der Arten durch einen zweiteiligen lateinischen Namen: Die beiden Teile bezeichnen Gattung und Art, wie z. B. bei Homo sapiens . Damit war Linné der Erste, der den Menschen ins Tierreich einordnete.
Linné ordnet Organismen nach gemeinsamen Merkmalen. Ein Tiger gehört zur Familie der Felidae (Katzen) und diese zur Ordnung der Carnivora (Raubtiere) in der Klasse der Mammalia ( Säugetiere).
Für Linné zeigte die Klassifizierung, dass »die Natur nicht in Sprüngen voranschreitet«, sondern einer gottgegebenen Ordnung folgt. Seine »natürliche Hierarchie«, nach der jede Art einer Gattung oder Familie durch Abstammung und Divergenz mit einem gemeinsamen Vorfahren verbunden war, ebnete Charles Darwin den Weg, der die evolutionäre Bedeutung des Schemas erkannte. Ein Jahrhundert nach Darwin entwickelte der deutsche Biologe Willi Hennig einen neuen Ansatz zur Klassifikation, die sogenannte Kladistik (griech.: klados , »Ast«), die die evolutionäre Verbindung von Organismen zeigt. Lebewesen werden darin anhand eines oder mehrerer gemeinsamer Merkmale, die sie von ihrem letzten gemeinsamen Vorfahren ererbten und die bei entfernteren Vorfahren fehlen, auf »Kladen« (Äste) verteilt. Die Ausarbeitung der Kladistik dauert noch an. 
Carl von Linné
Carl von Linné (bis 1757 Carl Linnæus) wurde 1707 in der südschwedischen Provinz geboren. Er studierte Medizin und Botanik in Lund und Uppsala und promovierte 1735 in den Niederlanden im Fach Medizin. Im selben Jahr brachte er ein zwölfseitiges Heft mit dem Titel Systema Naturae heraus, in dem er ein System zur Klassifikation der Lebewesen skizzierte. Nach weiteren Reisen durch Europa ließ sich Linné 1738 in Schweden als Arzt nieder, bis er 1741 in Uppsala eine Professur für Medizin und Botanik erhielt. Seine Studenten, darunter Daniel Solander, durchstreiften die Welt und sammelten Pflanzen. Mit dieser gewaltigen Sammlung erweiterte Linné seine Systema Naturae zu einem mehr als 1000 Seiten umfassenden, zwölfbändigen Werk, in dem er über 6000 Pflanzen- und 4000 Tierarten beschrieb. Als er 1778 starb, war er einer der gefeiertsten Forscher Europas.
Hauptwerke
1753 Species Plantarum
1778 Systema Naturae , 12. Auflage
DIE WÄRME, DIE BEI DER UMWANDLUNG VON WASSER IN DAMPF VERSCHWINDET, IST NICHT VERLOREN
JOSEPH BLACK (1728–1799)
IM KONTEXT
GEBIET
Chemie und Physik
FRÜHER
1661Robert Boyle untersucht die Isolierung von Gasen.
1750er-JahreJoseph Black wiegt die Substanzen vor und nach chemischen Reaktionen und entdeckt das Kohlendioxid.
SPÄTER
1766Henry Cavendish isoliert Wasserstoffgas.
1774Joseph Priestley isoliert Sauerstoff und andere Gase.
1798Der britische Physiker Benjamin Thompson behauptet, Wärme entstehe durch die Bewegung von Teilchen.
1845James Joule untersucht die Umwandlung von Bewegung in Wärme und behauptet, eine bestimmte Menge mechanischer Energie erzeuge dieselbe Menge von Wärmeenergie.
Black war Medizinprofessor, lehrte aber auch Chemie. Allerdings veröffentlichte er seine Ergebnisse nur selten auf die übliche Weise, sondern berichtete in seinen Vorlesungen davon. Seine Studenten waren also an vorderster Forschungsfront.
Unter Blacks Studenten waren auch mehrere Söhne von schottischen Whiskybrennern, die sich Sorgen über ihre Betriebskosten machten. Warum, so fragten sie, war das Brennen von Whisky so teuer, wo sie doch nur ihre Maische zum Kochen brachten und dann den Dampf kondensierten?
1761 untersuchte Black die Wirkung von Wärme auf Flüssigkeiten. Er entdeckte, dass sich Wasser beim Erhitzen schnell auf 100 °C erwärmt. Dann beginnt das Wasser zu sieden, aber die Temperatur erhöht sich nicht weiter, obwohl das Wasser immer noch Wärme aufnimmt. Black erkannte, dass diese Wärme benötigt wird, um das Wasser zu Dampf zu machen oder – um es in modernen Begriffen auszudrücken – um den Molekülen genug Energie zur Überwindung der Kräfte zu geben, die sie in der Flüssigkeit festhalten. Da diese Wärme die Temperatur nicht ändert und einfach zu verschwinden scheint, nannte Black sie »latente Wärme« (vom lateinischen Wort für »verborgen«). Diese Entdeckung war der Beginn der Thermodynamik, also der Untersuchung von Wärme, Energie sowie der Umwandlung von Wärme in Bewegung, mit der mechanische Arbeit geleistet werden konnte.
Wasser hat eine ungewöhnlich hohe latente Wärme. Das bedeutet, es siedet lange, bevor es vollständig verdampft. Deshalb ist das Dämpfen so effektiv zum Garen von Gemüse, deshalb kann man sich an Dampf so stark verbrühen, und deshalb wird Dampf auch in Heizsystemen eingesetzt.
So wie Wärme erforderlich ist, um Wasser zu verdampfen, braucht man auch Wärme, um Eis zu schmelzen. Die dazu benötigte Wärme wird aus der Umgebung entnommen. So kann ein Eiswürfel ein Getränk kühlen, denn die latente Wärme des schmelzenden Eiswürfels wird dem Getränk entzogen.
Zwar erläuterte Black all dies den Whiskybrennern, er konnte ihnen damit aber kein Geld sparen. Auch einem Kollegen namens James Watt, der herausfinden wollte, warum seine Dampfmaschine so ineffektiv arbeitete, erklärte er es. Daraufhin erdachte Watt den separaten Kondensor, in dem der Dampf kondensierte, ohne den Kolben und Zylinder abzukühlen. Das erhöhte die Effektivität der Dampfmaschine erheblich, und Watt verdiente ein Vermögen. 
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