Der Begriff der Art war zwar schon vor Ray in Gebrauch, war aber seit der Antike eng verbunden mit Religion und Metaphysik. Bereits die Philosophen Platon, Aristoteles und Theophrast hatten Klassifikationen diskutiert und dabei mit Begriffen wie »Gattung« und »Art« Gruppen und Untergruppen aller Arten von belebten und unbelebten Dingen beschrieben. Dabei hatten sie aber auch unklare Eigenschaften wie »Essenz« oder »Seele« verwendet. Demnach teilten die Mitglieder einer Art dieselbe »Essenz«. Von gleicher Erscheinungsform oder der Fähigkeit, sich miteinander fortzupflanzen, war nicht die Rede.
Bis zum 17. Jahrhundert waren Unmengen von Klassifikationen entstanden. Viele waren alphabetisch aufgebaut oder fassten etwa Pflanzen nach den Krankheiten zusammen, die sie heilten. Als Ray 1666 von einer dreijährigen Europareise zurückkehrte, führte er eine große Sammlung von Pflanzen und Tieren mit sich, die er und sein Kollege Francis Willughby nach wissenschaftlicheren Gesichtspunkten klassifizieren wollten.
»Nichts ist erfunden und zur gleichen Zeit perfekt. «
John Ray
Ray führte einen praxisorientierten Ansatz auf Basis von Beobachtungen ein. Er studierte alle Teile der Pflanzen, von den Wurzeln über den Stamm bis zu den Blüten, setzte die Begriffe »Blütenblatt« und »Pollen« durch und beschrieb die Form der Blüten und Samen als wichtige Klassifikationsmerkmale. Er unterschied erstmals zwischen Monocotyledonen und Dicotyledonen (ein- und zweikeimblättrigen Pflanzen). Doch er empfahl auch, die Klassifikationsmerkmale zu begrenzen, um die Zahl der Arten nicht in unsinnige Höhen zu treiben. Sein Hauptwerk Historia Plantarum ( Geschichte der Pflanzen ), dessen drei Bände 1686, 1688 und 1704 erschienen, enthält über 18 000 Einträge.
Für Ray war die Fortpflanzung der Schlüssel zur Festlegung des Artbegriffs. Seine eigene Definition beruhte auf den Erfahrungen beim Sammeln von Proben, der Aussaat der Samen und der Beobachtung des Keimens: »Mir scheint es kein sichereres Kriterium zur Bestimmung einer [Pflanzen-]Art zu geben, als die Merkmale zu unterscheiden, die beim Heranwachsen aus dem Samen gleich bleiben …. Auch Tiere, die sich voneinander unterscheiden, bleiben in ihrer bestimmten Art. Eine Art entspringt niemals dem Samen einer anderen.« So legte er die Grundlage für die fortpflanzungsfähigen Gruppen mit gleichem Erbgut, durch die die Arten noch heute definiert werden. Der tiefreligiöse Ray sah in seinem Werk einen Weg, die Wunder Gottes zu zeigen. 
Weizen gehört zu den Einkeimblättrigen,ein Kriterium, das Ray definiert hat. In 10 000 Jahren des Anbaus sind rund 30 Arten dieser wichtigen Kulturpflanze entstanden, die alle zur Gattung Triticum gehören.
John Ray
John Ray wurde 1627 als Sohn eines Dorfschmieds geboren, der zugleich ein guter Kräuterkenner war. Im Alter von 16 Jahren ging er nach Cambridge, studierte mehrere Fächer und lehrte Verschiedenes, von Griechisch bis Mathematik, bis er 1660 in den geistlichen Stand trat. Nach einer Erkrankung hatte er bereits ab 1650 begonnen, ausgedehnte Spaziergänge in der Natur zu unternehmen und so Interesse an Botanik entwickelt.
In Begleitung seines reichen Studenten und Gönners Francis Willughby reiste Ray in den 1660er-Jahren durch Europa und baute dabei eine Sammlung von Pflanzen und Tieren auf. Nach Willughbys Tod heiratete Ray und zog zurück in seine Heimat. In seinen späten Jahren untersuchte er die Proben seiner Sammlungen und erstellte immer ambitionierte Pflanzen- und Tierkataloge. Er verfasste mehr als 20 Werke über Pflanzen und Tiere und ihre Taxonomie sowie über Theologie und seine Reisen.
Hauptwerk
1686–1704 Historia Plantarum
GRAVITATION BEEINFLUSST ALLES IM UNIVERSUM
ISAAC NEWTON (1643–1727)
IM KONTEXT
GEBIET
Physik
FRÜHER
1543Laut Nikolaus Kopernikus kreisen die Planeten um die Sonne, nicht um die Erde.
1609Johannes Kepler sagt, dass sich die Planeten auf elliptischen Bahnen bewegen.
1610Die Beobachtungen von Galileo Galilei stützen das kopernikanische System.
SPÄTER
1846Mithilfe der Newton’schen Gesetze bestimmte Urbain Le Verrier den Ort, an dem Johann Galle den Planeten Neptun entdeckt.
1859Laut Le Verrier ist die Merkurbahn nicht mit Newton’scher Mechanik erklärbar.
1915In seiner Allgemeinen Relativitätstheorie beschreibt Albert Einstein die Gravitation als Krümmung der Raumzeit.
Zur Zeit von Isaac Newtons Geburt war das heliozentrische Modell des Universums – die Erde und die anderen Planeten umkreisen die Sonne – die anerkannte Erklärung für die beobachteten Bewegungen von Sonne, Mond und den Planeten. Dieses gar nicht so neue Modell hatte Bedeutung gewonnen, als Nikolaus Kopernikus 1543 darüber geschrieben hatte. In Kopernikus’ Beschreibung drehten sich die Erde und jeder der Planeten in einer eigenen kristallenen Sphäre um die Sonne, und eine äußere Sphäre trug die Fixsterne. Dieses Modell wurde abgelöst, als Johannes Kepler 1609 seine Gesetze der Planetenbewegung veröffentlichte. Kepler verbannte Kopernikus’ Kristallsphären und zeigte, dass die Planetenbahnen Ellipsen waren, in deren einem Brennpunkt die Sonne stand. Außerdem beschrieb er, wie sich die Planetengeschwindigkeit entlang der Bahn ändert.
Doch alle diese Modelle boten keine Erklärung, warum sich die Planeten auf diese Weise bewegten. Hier kam Newton ins Spiel. Er erkannte, dass die Kraft, die einen Apfel zum Erdmittelpunkt zieht, dieselbe Kraft ist, die die Planeten auf ihrer Bahn um die Sonne hält, und er zeigte mathematisch, wie sich diese Kraft entsprechend der Entfernung verändert. So leitete er seine drei Bewegungsgesetze und das Gravitationsgesetz her.
Jahrhundertelang war das wissenschaftliche Denken von den Ideen des Aristoteles beherrscht, der nur Schlüsse gezogen hatte, ohne sie im Experiment zu prüfen. Aristoteles lehrte, dass bewegte Körper nur so lange in Bewegung bleiben, wie sie angeschoben werden, und dass schwere Körper schneller fallen als leichte. Sie fallen zur Erde, weil sie sich zu ihrem natürlichen Ort bewegen. Und Himmelskörper bewegen sich mit konstanter Geschwindigkeit auf Kreisbahnen.
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