An diesen allgemeinen Teil schließt sich die Darstellung konkreter Ansätze und Konzepte an (
Teil II
), die denkbar sind und einen Kulturwandel in der Pflege weg von einer Aufgabenorientierung hin zu einer Person-zentrierung verlangen. Dabei wird nicht nur die Rolle, die Institutionen der Pflegepraxis bei der Praxisentwicklung spielen können, beleuchtet, sondern auch der Beitrag, der durch die Hochschulen geleistet werden kann. Den Beginn macht das Konzept einer gerontologischen Pflegeexpetise, die an die Anforderungen der Pflege- und Betreuungssettings und die zukünftigen Herausforderungen in der Langzeitpflege anschlussfähig ist (
Kap. 7
). Der Beitrag zur hochschulischen Ausgestaltung der im PflBG verankerten Vorbehaltsaufgaben (PflBG § 4 (2) Vorbehaltende Tätigkeiten) macht mit Blick auf den Pflegeprozess deutlich: was sind hochschulische Anteile der Pflegeprozessgestaltung mit Blick auf die Verstehende Pflegediagnostik, Partizipative Entscheidungsfindung und Aushandlungsprozesse in der Pflegesituation. Wie ist die hochschulische Ausgestaltung der Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Qualität der Pflege (§ 5 (3), 1d) im Rahmen der Praxisentwicklung zu denken (in Weiterentwicklung Schilder 2010; Brandenburg 2016, S. 52) (
Kap. 8
)? Der diesen Teil beschließende Beitrag (
Kap. 9
) enthält die Konzeptentwicklung zu einem psychiatrischen Rollenbild mit hochschulischer Qualifikation, das auf empirischen Befunden aufbaut und dies gegenüber anderen Qualifikationen in der psychiatrischen Pflege differenziert.
Im dritten Teil (
Teil III
) werden dann empirische Befunde aus der Begleitforschung zu derzeit laufenden Praxisentwicklungsprojekten sowie die Erfahrungen aus Best-Practice-Beispielen vorgestellt, die einen exemplarischen Eindruck über erste Projekterfahrungen in der Umsetzung neuer Konzeptionen bieten. So zeigt die erste Studie Implementationsbedingungen aus Sicht von Pflegefachpersonen in der stationären Altenpflege auf und vermittel einen Einblick in deren Wahrnehmung von hochschulisch Qualifizierten in ihrem direkten Praxisfeld. Gerade diese Erkenntnisse fordern dazu auf, in zukünftigen Projekten, die Pflegeprakterinnen bei der Einführung neuer Rollenbilder mehr »mitzunehmen« (
Kap. 10
). Der darauffolgende Beitrag beinhaltet einen Ausschnitt aus einer Implementierungsforschung, in der die Bedingungen vor der Implementation hochschulisch qualifizierter Master-Absolventinnen in Pflegeteams eines Universitätsklinikums dargelegt werden (
Kap. 11
). Dann werden in retrospektiver Betrachtung eines Praxisentwicklungsprojektes dessen Gelingens- und Misslingenbedingungen aufgeschlüsselt und Implikationen für die zukünftige Ausgestaltung von Projekten zur Praxisentwicklung dargelegt (
Kap. 12
). Eine weitere pflegewissenschaftliche Studie beleuchtet die Interprofessionelle Praxisentwicklung in einem klinischen Setting im Kontext der Delirprävention, aus der heraus Schlussfolgerungen für die pflegerische Rollenentwicklung abgeleitet werden (
Kap. 13
). Dieser Teil wird durch Einblicke in ein Praxisentwicklungprojekts eines Klinikums beschlossen, in der es um die Weiterentwicklung der akutstationären Versorgung geriatrischer Patienten mit kogntiven Einschränkungen geht (
Kap. 14
).
Im vierten Teil
(Teil IV) wird abschließend ein Fazit u. a. für die hochschulische Gestaltung von Praxisentwicklung gezogen.
Unser Anliegen ist es dabei einerseits eine Übersicht über derzeit entstehende Konzepte und Ansätze der Praxisentwicklung im deutschsprachigen Raum zu geben, andererseits soll aber auch zu einem kritischen Diskurs über die Sinnhaftigkeit eines kontinuierlichen Optimierungsbestrebens, wie es in diesen Bestrebungen zur Praxisentwicklung zum Ausdruck kommt, angeregt werden. Dabei sollte der Leser sich fragen, ob und in welcher Weise Praxisentwicklung der Selbstbestimmung von Pflegeempfängern dient und ein Empowerment der Pflegenden fördert und wann sie stattdessen für alle Beteiligten zu einem Optimierungszwang führt, der aus der Logik eines ungebremsten Fortschrittdenkens resultiert. Die vor diesem Hintergrund erfolgende Darstellung von Ansätzen und Konzepten zur Praxisentwicklungen soll Entscheidungsträgern und Praxisentwicklern in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie Studierenden, die sich auf eine derartige Rolle vorbereiten, als Grundlage für eine informierte Entscheidungsfindung bei der Wahl ihres Ansatzes zur Praxisentwicklung dienen.
Brandenburg H (2016) Das Verhältnis von Theorie und Praxis in Pflege und Gerontologie. In: Hoben, M., Bär, M. & Hans-Werner Wahl (Hrsg.). Implementierungswissenschaft in Pflege und Gerontologie: Grundlagen und Anwendung. Stuttgart: Kohlhammer, S. 48–60.
Hoben M, Bär M, Wahl HW (Hrsg.) (2016) Implementierungswissenschaft in Pflege und Gerontologie: Grundlagen und Anwendung. Stuttgart: Kohlhammer.
Howaldt J, Kopp R, Schwarz M (2014) Zur Theorie sozialer Innovationen. Tardes vernachlässigter Beitrag zur Entwicklung einer soziologischen Innovationstheorie. Weinheim/Basel: Beltz/Juventa.
McCormack B, Manley K, Garbett R (Hrsg.) (2009) Praxisentwicklung in der Pflege. Bern: Huber.
Schilder M (2010) Zur Bedeutung der klinischen Pflegewissenschaft für eine forschungsbasierte Praxisentwicklung, Pflege & Gesellschaft, 15 (1), S. 48–64.
Stiftung Münch (Hrsg.) (2019) Pflege in anderen Ländern: Vom Ausland lernen? Heidelberg: medhochzwei.
1Texte sollten lesbar und verständlich sein, und dazu muss auch die Sprache beitragen. Sprache bildet allerdings auch Aspekte der Wirklichkeit ab bzw. schafft neue »Wirklichkeiten«. Da in dem hier zu verhandelnden Bereich der Pflege überwiegend Frauen arbeiten, sollte dies auch sprachlich zum Ausdruck kommen. Zum Gendern bietet die deutsche Schriftsprache mehrere Möglichkeiten an, die allerdings die Lesbarkeit und Verständlichkeit der Texte reduzieren können. Wir als Herausgeber und Autoren dieses Buches werden daher auf das Gendern verzichten und stattdessen wenn möglich eine neutrale Form wählen. Falls dies nicht möglich ist, werden wir (überwiegend) die weibliche Form benutzen. Sie schließt – sofern nicht anders genannt – alle weiteren Geschlechtsformen mit ein. Da dieses Buch jedoch von mehreren Personen verfasst worden ist, war diesen die Freiheit ihres sprachlichen Ausdrucks zuzugestehen. Es war daher den Autoren und Autorinnen überlassen, ob sie sich in ihren Beiträgen für die von den Herausgebern präferierte Lösung oder für eine Variante des Genderns entscheiden.
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