Bettina Hanke
Mathida und das Geheimnis des Russen
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Inhaltsverzeichnis
Titel Bettina Hanke Mathida und das Geheimnis des Russen Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Alles ist neu
2. Die Hütte
3. Fußspuren eines Unbekannten
4. Onkel Toms Hütte
5. Die zwei Gesichter des Fred Michel
6. Toms Geschichte von einem verschwundenen Russen
7. Die beste Freundin
8. Eine Stadtführung der ganz besonderen Art
9. Der Schnee muss weg
10. Abenteuer im Dunkeln
11. Die fremde Schrift
12. Feierlicher Einzug in die Werkstatt
13. Erstaunliche Erlebnisse in Hochstimmung
14. Adrian wird befragt
15. Eine Portion Glück für jeden
16. Celine hat eine geniale Idee
17. Neue Rätsel tun sich auf
18. Die zweite Maschine wird gebaut
19. Ein Ausflug in die Hölle
20. Mathida bekommt Hilfe
21. Zu Besuch bei Celine
22. Eine haarsträubende Geschichte über einen Mietwagen
23. Ein ungeheuerlicher Verdacht
24. Andi lüftet das Geheimnis
Impressum
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Es war ein kalter Morgen, als Mathida mit ihrer Mutter das Haus verließ. Draußen war es noch finster. Die Straßenlampen warfen ihr Licht auf eine schneebedeckte Straße. Die ganze Stadt lag unter einer weißen Schneedecke. Es war, als ob die Stadt sich friedlich eingekuschelt hätte, um noch ein bisschen zu dösen, bevor das Tageslicht und die Betriebsamkeit der Menschen sie weckten.
Leise tanzten dicke Schneeflocken im fahlen Schein der Laternen durch die Luft bis zum Boden. Eine vorwitzige Schneeflocke setzte sich genau auf Mathidas Nasenspitze und begann zu tauen. Mathida wischte sich das kitzelnde Etwas von der Nase und steckte ihre Hand schnell wieder in die warme Jackentasche.
Mathida und ihre Mutter marschierten schweigend in Richtung Schule. Der Schnee knirschte unter ihren Füßen. Mathida bibberte still vor sich hin. Sie wusste jedoch nicht so genau, ob sie mehr vor Kälte oder vor Aufregung zitterte.
In den Weihnachtsferien war sie mit ihrer Familie hierher gezogen. Nun lag der erste Schultag in einer ihr unbekannten Klasse vor ihr. Und das mitten im Schuljahr! Deshalb waren sie heute fast eine Stunde eher losgelaufen, denn die Lehrerin hatte Mathida gemeinsam mit einem Elternteil so bald in die Schule bestellt. Eine ihr noch völlig fremde Lehrerin.
Überhaupt war hier alles neu und unbekannt: die Stadt, die Menschen, der Schulweg, die Klassenkameraden. Zu allem anderen kam noch, dass Mathida heute Mittag ganz allein nach Hause laufen musste, zurück in ein leeres Haus. Denn ihre Mutter arbeitete jetzt wieder und würde erst am Nachmittag zusammen mit Max, ihrem kleinen Bruder, heimkehren und Mathidas Einsamkeit beenden.
Mathida seufzte. Noch war ihre Mutter bei ihr; aber nicht mehr lange, und sie würde ganz auf sich selbst gestellt sein. Na gut, beinahe allein.
Denn ganz tief unten in ihrer Schultasche steckte Fred, ihr Teddybär. Hoffentlich bemerkte ihn niemand, denn Mathida ging immerhin schon in die vierte Klasse. Deshalb musste Fred bis zum Mittag ganz unten in der Dunkelheit des Ranzens ausharren. Sicher war sicher!
Beinahe hätte Mathida auf Freds Beistand verzichten müssen, wäre da nicht dieser sommersprossige Junge gewesen. Denn vor drei Tagen hatte sie mit ihren Eltern, Max und Fred einen Spaziergang durch die Stadt unternommen und ihre neue Heimat erkundet. Sie hatte Fred einfach in ihre Jackentasche geschoben und dann ihre Hand hinterher gesteckt. Aber als sie durch den kleinen Park gelaufen waren, hatten sie einen Teich entdeckt.
Auf dem Gewässer wimmelte es nur so vor Enten. Einige Tiere watschelten aufgeregt schnatternd auf der Wiese und dem Weg hin und her.
Max blieb ganz begeistert stehen und begann, die Enten mit seinem Butterhörnchen zu füttern, das er gerade angebissen hatte. Dabei fiel sein rechter Handschuh auf den verschneiten Boden. Mathida hob ihn schnell auf. Sie dachte überhaupt nicht mehr an ihren Teddy.
Dann rannte dieser Junge hinter ihnen her und schrie: „He, du hast da was verloren!“
Als Mathida sich umdrehte, streckte der Junge ihr Fred entgegen. Der Junge hatte blondes Haar, blaue Augen und ganz viele Sommersprossen überall auf seinem Gesicht. Er sah Mathida vorwitzig an und grinste dabei frech. Er war ein paar Zentimeter größer als sie und untersetzt. Er trug ausgewaschene dreckige Jeans, hohe braune Winterstiefel und eine dicke olivgrüne Winterjacke mit einem Skelett auf dem Rücken. Aus der linken hinteren Hosentasche lugte ein Zipfel einer schwarzen Wollmütze hervor.
Mathida starrte ihn entgeistert an. „Danke!“, stammelte sie und nahm ihren Teddy entgegen.
Aber der Junge drehte sich sofort um und lief davon.
Er rannte zu einem etwas größeren schlanken, schwarzhaarigen Buben, der am Teich gerade eine Ente vor sich her scheuchte.
Vielleicht wohnte er ja in ihrer Nähe und sie konnten sich anfreunden. Obwohl sie am liebsten wieder eine beste Freundin hätte. Ob der zweite Junge sein Bruder war?
Jetzt lag der Teddy friedlich in Mathidas Schultasche und wurde bei jedem Schritt hin und her geschaukelt. Allmählich kamen ihre Mutter und sie der Schule näher.
Die Schule war ein großes dreistöckiges Gebäude, das wie ein überdimensionaler grauer Schuhkarton mit einem weißen Schneedeckel aussah. Dieser Schuhkarton hatte in regelmäßigen Abständen unzählige längliche dunkle Schlitze. Nur zwei davon waren hell beleuchtet und damit als Fenster zu erkennen.
Sie bogen in den Weg ein, der von der Straße zu dem etwas zurückgesetzten Flachdachgebäude führte. Jetzt konnte Mathida die Eingangstür und die hell erleuchtete Aula, die dahinter lag, klar und deutlich wahrnehmen. Der Schnee lag noch unberührt vor ihnen auf dem Weg. Die Spuren der bereits anwesenden Lehrerin hatte der Schnee offenbar schon wieder zugedeckt.
Je näher Mathida und ihre Mutter der Eingangstür kamen, desto schneller und lauter klopfte Mathidas Herz vor Aufregung. Instinktiv griff ihre Hand nach der Hand ihrer Mutter.
„Meinst du, die Lehrerin ist nett?“, fragte Mathida. „Wie heißt sie gleich noch mal? Ich bin ja so gespannt!“
„Sie heißt Frau Lamprecht und sie ist bestimmt sehr nett. Immerhin will sie dir die ganze Schule zeigen und ist deshalb extra früher aufgestanden“, erwiderte Mathidas Mutter in ruhigem Ton.
Mathida seufzte noch einmal laut, dann betraten die beiden das Gebäude. Es war still in der Schule, niemand war zu sehen.
„Ob sie schon da ist?“, flüsterte Mathida voller innerer Unruhe.
Bevor ihre Mutter antworten konnte, öffnete sich eine Tür auf der linken Seite der Eingangshalle. Eine schlanke hochgewachsene Frau mit kurzen dunklen Haaren kam mit schnellen Schritten herbeigeeilt. Sie trug eine modische weiße Bluse und einen eleganten dunkelblauen Rock. Ihre Schuhe machten bei jedem ihrer Schritte klack. Klack, klack. Klack, klack, klack, klack.
Wäre Mathida nicht so gespannt und aufgeregt gewesen, hätte sie bestimmt laut lachen müssen. Es war wirklich komisch, wie die Schuhe der Lehrerin in der leeren Aula hallten. Das Geräusch erfüllte die gesamte Eingangshalle und schien in der sonst herrschenden Stille immer lauter zu werden. Mathida musste innerlich nun doch ein wenig schmunzeln, auch wenn sie es nach außen nicht zeigte. Auf sonderbare Weise beruhigte dieses Klacken Mathida ein wenig.
„Hallo, ich bin Frau Lamprecht, deine Klassenlehrerin. Und du bist sicher Mathida Glück? Herzlich willkommen in unserer Schule!“ Die Lehrerin gab Mathida die Hand. Dabei lächelte sie Mathida voller Wärme an.
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