1 ...7 8 9 11 12 13 ...18 »Hanna«, fragte er, als sie wieder beisammensaßen, »hast du schon mal an einem Elfenfest teilgenommen?«
»Ja«, sagte sie. »Deshalb verstehe ich ja auch nicht, wieso sie hier bei mir feiern wollen.«
»Stimmt es, wenn man von ihnen Essen angeboten bekommt und es annimmt, dass man ihnen dann ausgeliefert ist?«
»Da ist was Wahres dran, aber auch nur dann, wenn die Elfen wollen, dass jemand bei ihnen bleibt. Das kommt vor, wenn sie junge Frauen entführen, damit diese ihre Kinder gebären. Kristian, du musst keine Angst haben, dass die Elfen versuchen könnten dich in ihren Bann zu schlagen. Das haben sie bei mir auch noch nie versucht.«
»Hanna, du sagst du hättest für heute Abend nichts anzuziehen. Der König wird sich sicher wundern, wenn du beim Fest kein Kleid anhast.«
»Lass deine Späße, ich behalte mein altes Kleid an.« Kristian fand, dass er Hanna genug gequält hatte, und sagte deshalb, »willst du nicht mal in meinen Rucksack schauen, ich habe eine Überraschung für dich mitgebracht.«
»Für mich?«, fragte sie. Als er nickte, packte sie den Rucksack und schüttete ihn aus. Noch verpackt fiel das Kleid heraus. Sie blickte ihn an.
»Es gehört dir, mach es auf«. Vorsichtig faltete sie das Papier auseinander. Als sie das Kleid sah, schlug sie die Hände vor ihrem Gesicht zusammen und weinte.
»Warum machst du das, ich habe nichts, was ich dir schenken kann.« Er ging zu ihr herüber und nahm sie in den Arm.
»Du musst mir nichts schenken, wenn du dich freust, freue ich mich auch.« Ganz entrückt starrte sie das Kleid an.
»Meinst du nicht, du solltest das Kleid einmal anprobieren?«, fragte er.
Schnell und ohne näher nachzudenken, wechselte sie die Kleider.
Es schien wie für sie gemacht. Der Saum erreichte gerade den Boden.
»Du bist die Schönste im ganzen Land«, sagte er und küsste sie auf den Mund. Sie zog dann ihre Schuhe an und tanzte durch den Raum.
Es wurde langsam dunkel, als draußen ein reges Treiben einsetzte. Ein Blick durch das Fenster ließ Kristian schwebende Tische und Bänke erkennen. Lampions, die wie von Zauberhand plötzlich an Ort und Stelle standen, erhellten schwach die Dunkelheit der einsetzenden Dämmerung. Die Tafel begann sich zu biegen, je mehr Köstlichkeiten, die wie durch Zauberhand erschienen, aufgetischt wurden. Dann geschah eine Weile nichts mehr.
»Ich glaube gleich geht es los«, sagte Kristian. Glöckchengeläute kündeten das Herannahen der königlichen Gesellschaft an. Eine schwebende Sänfte, auf der die Königin und der König thronten, schwebte heran. Der Hofstaat, in bunten Gewändern, schloss sich an. Der König hatte einen grünen Anzug an. Die Königin trug ein langes in gelb gehaltenes Kleid.
Kristian stieß Hanna an, »komm, wir müssen nach draußen den König begrüßen.« Das königliche Gefährt schwebte heran und senkte sich auf den Boden. Hanna als Hausherrin verbeugte sich vor dem Königspaar und hieß es willkommen. Kristian beeilte sich, es ihr gleich zu tun. Damit war dem offiziellen Teil genüge getan. Der König hob die Hand, und sogleich erschallte ein Trompetensolo, das den Beginn des Festes verkündete. Die anfängliche Stille verwandelte sich in ein lebhaftes Treiben vieler königlicher Untertanen. Nachdem von den ersten Köstlichkeiten gekostet wurde, ertönte auf Veranlassung des Königs erneut ein Trompetensignal. Alle erhoben sich.
»Ich möchte mich bei der Hausherrin, unserer Freundin Hanna bedanken«, sagte der König, »dass sie diesem Treffen zugestimmt hat.« „Das stimmt ja wohl so nicht,“ dachte Kristian. »Der eigentliche Anlass dieses Besuches«, fuhr der König fort, »gilt ihrem Besuch.« Hanna schaute Kristian erschrocken an.
»Warum hast du mir nichts gesagt?«, flüsterte Hanna ihm zu, doch er tat, als hätte er es überhört. Der König fuhr fort.
»Sein Name ist Kristian.« Kristian musste daran denken, wie einfach es für die Elfen gewesen sein musste, seinen Namen herauszubekommen.
»Unter Einsatz seines eigenen Lebens hat er mich aus einer tödlichen Gefahr befreit. Wie wir alle wissen, kann man bei den einheimischen Dörflern nicht immer sicher sein, ob sie solch eine Situation nicht dazu benutzt hätten, einen der unseren zu töten. Auch ich schloss anfangs diese Möglichkeit nicht aus. Da der Dank unter gegebenen Umständen nicht möglich war, möchte ich dieses hiermit nachholen. Wir wissen, dass unser Freund Kristian ein Zeitreisender ist. Wir wissen auch um die Umstände, die mit einem Gang durch das Tor verbunden sind. Als Dank für meine Rettung erhält er ein Medaillon, das es ihm ermöglicht, sich unsichtbar zu machen. Weiter könnte es dazu verwendet werden, beim Gang durch das Tor, an eine andere Stelle weitergeleitet zu werden, also direkt nach hier. Sollte sich unser Freund Kristian als würdig erweisen, so kann die Verwendbarkeit des Gerätes erweitert werden.«
Der König kam zu ihm herüber. In der Hand ein Medaillon, deutlich kleiner, wie Kristian es schon kannte. An dem Medaillon war eine dünne Lederschnur befestigt, die er Kristian um den Hals legte. Sie blickten sich in die Augen. Im Gegensatz zur ersten Begegnung war von einer Gefährlichkeit keine Spur mehr zu sehen. Er nahm Kristian zur Seite.
»Mein Freund Kristian, sage Omi zu mir, deine Feinde sind jetzt auch meine Feinde. Wenn du in meinem Reich irgendwelche Probleme hast, gib mir ein Zeichen. Wenn du an dieses Symbol denkst«, er deutete darauf, »denke gleichzeitig an dein Problem. Mit diesem Symbol leitest du die Unsichtbarkeit ein. Gleichzeitig stellst du dir vor, wie dein Körper unsichtbar wird. Mit diesem Symbol kannst du dich an andere Orte begeben, denke nur daran, wo du hin willst.«
»Darf ich es mal ausprobieren«? fragte er.
»Sicher«, antwortete der König. Kristian dachte an das Symbol für die Unsichtbarkeit und stellte sich vor, wie sich sein Körper in nichts auflöste. Er blickte an sich herunter, seine Schuhe und alles andere sah er nicht mehr. Als er ein paar Schritte zur Seite ging, sah er wie der König sich konzentrierte und ihn mit seinen Augen folgte. Das war der Beweis, dass seine Unsichtbarkeit nicht vollständig war. Das gleiche Phänomen hatte er bei der Begegnung mit den sechs Elfen erlebt. Er dachte an das Symbol für einen Ortswechsel und dabei an die Lichtung vor Hannas Haus. Schon stand er in der Lichtung vor Hannas Haus. Von einem Fest keine Spur. Er versetzte sich zurück, und hob die Unsichtbarkeit auf. Der König lächelte ihn an, »du hast schnell gelernt«.
»Hast du das Fest vor ungebetenen Blicken geschützt«? fragte Kristian.«
»Die Gefahr ist zu groß, dass ein Dörfler uns sieht. Sie wissen zwar, dass es uns gibt, aber mehr auch nicht.«
»Wie erkenne ich einen Schutzschirm und wie mache ich ihn für mich durchschaubar?«
»Mit diesem Symbol und deiner Vorstellungskraft«, sagte der König und deutete auf das Symbol.
»Komm, wir gehen zurück«, sagte er, und deutete lächelnd zu den anderen Festteilnehmern. Die Königin war in einem Gespräch mit Hanna vertieft.
Beide blickten auf, als sie sie kommen sahen. Hanna sah betörend aus. Sie hatte dem in Alkohol eingelegtem Obst nicht widerstehen können. Es herrschte eine ausgelassene Stimmung. So nach und nach lernte Kristian auch die Mitglieder des Königsrates kennen. Diese waren nicht militärisch gekleidet und alle männlich. Ihm fiel ein junger Mann auf, der ihn beobachtete. Sobald dieser merkte, dass Kristian in seine Richtung schaute, blickte er in eine andere Richtung. Kristian wandte sich dem König zu.
»Omi, wer ist der junge Mann dort drüben, ich glaube er möchte mir vorgestellt werden.« Der König blickte in die angegebene Richtung und lachte dann.
»Du hast recht, es war mein Fehler, dass ich es versäumt habe, euch miteinander bekannt zu machen.« Er winkte dem jungen Mann zu, der sogleich auf sie zu kam.
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