Lars Friedrich
Das Heiligenkreuz-Komplott
Kai Kaiser und Thomas Fischer ermitteln
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Inhaltsverzeichnis
Titel Lars Friedrich Das Heiligenkreuz-Komplott Kai Kaiser und Thomas Fischer ermitteln Dieses ebook wurde erstellt bei
VORWORT
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
NACHWORT
Impressum neobooks
Ich ging mit schellen Schritten durch die Vicolo dei Duomo, die von den schattigen Laubengängen zum Platz vor dem Dom führte. Schon als Kind hatte ich diese Gasse geliebt – gleich zu Beginn das Käsegeschäft, das der schmalen Gasse ihren typischen Geruch gab. Rechts der „Oste Scuoro“, das traditionelle Einkehrgasthaus für Touristen. Mehr als ein Dutzend Mal hatte ich gemeinsam mit meinen Eltern Brixen besucht – stets im Sommer, stets für drei Wochen – aber nie hatten wir beim „Finsterwirt“ gegessen.
Ich wollte mit meiner Familie die Tradition der Sommerferien zwischen Eisack und Rienz fortsetzen. Nur dass meine Frau und meine Kinder die Käsegasse meiden und lieber durch die Vicolo dei Fornai und die Via Porticci Magiore zum Domplatz flanierten.
Vor mehr als 28 Jahren hatte ich bei jedem Besuch in der Südtiroler Domstadt mit meinem Vater gleich am ersten Tag den Kreuzgang besichtigt und im Dom eine Kerze angezündet. Heute war Sonntag und der Dom wegen des Hochamtes noch nicht geöffnet. Dom, Kerze und Kreuzgang mussten warten. Wir trafen uns auf der Piazza Duomo in der Gelateria gegenüber der Domfassade, suchten uns einen schattigen Platz unter einem der bunten Stoffschirme und bestellten drei große Eisportionen.
Ich blickte über den Platz, der sich in den vergangenen Jahren stark verändert hatte: die stattlichen Kastanienbäume waren verschwunden, ebenso die umzäunten Blumenbeete, in denen die Stadtgärtner jeden Sommer neue Kunstwerke aus Blumen geschaffen hatten – Reiter, eine große Uhr, das Stadtwappen mit Lamm und Schlüssel.
Ich hing dem Gedanken an die Reisen meiner Kindheit nach, als das Handy klingelte. Ein Freund und Arbeitskollege aus frühen Tagen rief an und bat mich, ihm bei der „Vergangenheitsbewältigung“ zu helfen. In leichtfertiger Urlaubsstimmung sagte ich zu und drei Wochen später trafen wird uns zu dritt in der Heimat.
Thomas Fischer, der Urlaubs-Anrufer, brachte seinen Freund und Kollegen Kai Kaiser mit. Am Ende des Abends hatte ich zugesagt, die Geschichte dieser beiden brillanten Journalisten aufzuschreiben. Thomas hatte mich angesprochen da er wusste, dass ich mich in Österreich auskenne und auf Grund meines Hobbies, dem Nachspüren von bislang ungelösten Geheimnissen in der Geschichte des einstigen österreich-ungarischen Kaiserhauses, die besten Voraussetzungen für einen Chronisten mitbrachte. Fischer hatte zunächst selbst versucht, das Erlebte nieder zu schreiben, was ihn jedoch emotional stark mitnahm. Kaiser hatte dann den Vorschlag gemacht, ein unbeteiligter Dritter sollte die Story schreiben.
An dieser Stelle möchte und muss ist feststellen, dass ich das hier vorliegende Buch nicht für ein breites Publikum geschrieben habe, sondern in erster Linie für Thomas Fischer und Kai Kaiser. Die Geschichte, die sie erlebt haben, soll nicht in Vergessenheit geraten, da nur wenige Zeitgenossen in das Geschehen tatsächlich eingeweiht waren. Letztlich berichtet dieses Buch vom Untergang der Österreichischen Bundesrepublik und politische Seilschaften in Wien. Dass erst jetzt diese Zeilen gedruckt wurden hängt damit zusammen, dass ich rund um die Geschichte von Fischer und Kaiser noch rechtliche Aspekte abklopfen musste.
Thomas Fischer hat seit den damaligen Ereignissen nicht mehr journalistisch Arbeiten können und arbeitet als Tierpfleger und Gelegenheitsgärtner in einem ostdeutschen Freizeitpark. Kai Kaiser hat Deutschland den Rücken gekehrt. Wie ich hörte, lebt und arbeitet er nun in Kanada.
Ich wünsche jenen Lesern, die sich für die Geschichte von Thomas Fischer und Kai Kaiser interessieren, eine spannende Lektüre. Ich habe versucht, die Geschichte der beiden deutschen Journalisten möglich so wieder zu geben, wie sie mir berichtet wurde. Allerdings musste ich einige Namen ändern und Details weglassen, an denen man die damals handelnden Personen hätte erkennen können. Dennoch hat die Geschichte nicht an Brisanz verloren.
Übrigens riet mir Pater Karl Wallner OCist vom Stift Heiligenkreuz nach der Lektüre der Druckfassung 2010, ich solle doch lieber historische Chroniken schreiben als schlechte Romane. Recht hat er, aber diese „Jugendsünde“ musste sein, denn nur so ist mein Kopf wieder frei geworden für neue (bessere) Buchprojekte…
Hattingen, Sommer 2014
Lars Friedrich
Wir näherten uns dem Wienerwald von Westen. Nürnberg lag hinter uns, Regenburg auch, irgendwann dann Passau und St. Pölten. Auf der nassen Autobahn flimmerten rote Rücklichter und ich schlief ein. Der Weg war fast geschafft. Autobahn 21, Exit bei Kilometer 17.
In der Ausfahrt schlidderte der Wagen in Richtung Graben. Kai schaffte es gerade noch, den Daimler abzufangen.
„Nicht schlecht“, murmelte ich wachwerdend. Seit Mitternacht saß er am Steuer und flog Stunde um Stunde über mindestens 190 Kilometer Autobahn dahin. Ich wünschte mir, mit 48 noch so eine Kondition zu haben. Na ja, bis dahin waren es ja zum Glück noch fünf Jahre!
Die schwarze Wolkendecke riss auf und der hellblaue Maimorgenhimmel spiegelte sich in den Matschpfützen. Die Felder und Äcker unterhalb der Autobahn hatten sich in sicher knöcheltiefe Sümpfe verwandelt. Südstaaten-Feeling zur Begrüßung.
Wie schön, denke ich.
Dann schreckte ich hoch und dachte erst mal gar nichts.
„Scheiße“, zischte Kai. Zeitgleich brach der Wagen am Heck aus und schleuderte um seine Achse. In der Morgendämmerung flimmerten Lichter – rot, orange, blau. Die Fahrt war zu Ende, ich hellwach. Ein Glück, dass wir die Straße nicht verlassen hatten, denn siehe oben: Die Felder und Äcker unterhalb der Autobahn hatten sich in knöcheltiefe Sümpfe verwandelt.
Gar nicht schön, denke ich.
Aus dem Dunkel der Straßenböschung löste sich eine Gestalt und kam zur Fahrerseite. Kai kurbelte das Fenster hinunter – unser Daimler war schon etwas älter.
Die Gestalt murmelte ausländisch klingende Wortfetzen, die „Glück gehabt“ bedeuten konnten. Oder „Glühwein“. Oder sonst etwas. Dabei waren wir nur nach Österreich gefahren.
„Oberst Watzl, Polizei Alland. Grüßen sie Gott und geben mir die Fahrzeugpapiere und Ihre Ausweise bitte!“
Wir kramten – der österreichische Polizist, der sich in meiner Jugend noch klangvoll Gendarmeriepostenkommandant nennen durfte, schlurfte mit unseren Dokumenten zu seinem Streifenwagen, der definitiv älter war als unser fahrbarer Untersatz.
Das „Willkommen in Österreich!“ vom Fahrersitz neben mir klang irgendwie nicht echt.
„Hätte uns auch in Spanien passieren können.“
„Hätte.“ Kai strich seine schulterlangen, grauen Haare zur Seite. „Wäre aber nicht, weil es dort nicht regnen würde.“
Kaiser war genervt!
Kai Kaiser: Kollege, Freund und - zumindest gerade - mein Fahrer. Eigentlich hatte er gehofft, die Eröffnung eines schicken Gastronomietempels an der Costa Brava abschießen zu können: Frühling an der wilden Küste, Frühstück in einer kleinen Bodega, Sonnenbaden an der Playa von irgendwo. Stattdessen saß er jetzt, knapp vierzig Kilometer südwestlich von Wien, auf einer Bezirksstraße an einer Polizeisperre fest und musste in den nächsten Tagen den Alltag eines tausendjährigen Mönchordens fotografieren.
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