Nach einer Weile Schweigen fragte sie dann: „Was hältst du eigentlich von Kindern?“ „Ich? Meinst du jetzt allgemein oder“, er unterbrach sich und musterte sie forsch. „Das Oder“, antwortete sie. „Oh. Nun, ich denke, wir sind doch etwas zu alt dafür, oder?“, meinte er unsicher. „Du vielleicht, ich nicht“, murmelte Zora betrübt. „Hm? Was hast du gesagt?“, wollte er wissen. Scheinbar hatte er es nicht gehört.
„Ich bin satt“, sagte Zora und nahm ihren Teller, um ihn in die Spülmaschine zu stellen.
Sie ging heute sehr früh ins Bett.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Vincent besorgt, als er sich neben sie legte. „Du willst wirklich keine Kinder?“, erwiderte sie als Antwort. Er musste kurz lachen. Dann meinte er: „Nun – jedenfalls nicht jetzt. Wir arbeiten Beide sehr lange und ich zumindest will nicht wegen einem Kind aufhören, zu arbeiten. Wer soll sich denn dann um die Kinder kümmern? Nein, ich denke einfach, es ist noch nicht der richtige Zeitpunkt.“
„Es ist nie der richtige Zeitpunkt!“, erwiderte sie. Dann, nach einer kurzen Pause, fragte sie: „Aber – wenn ich nun doch plötzlich schwanger wäre – wie würdest du reagieren?“ Er überlegte etwas. Dann meinte er grinsend „Das lass mich entscheiden, wenn es so weit ist!“ und begann, sie mit Küssen zu überhäufen.
1. Ein Maulwurf im System
4. Dezember, 12:32, Berlin
„Und du hast es ihm echt nicht gesagt?“, fragte Luana fassungslos. „Ich bin mir ja noch gar nicht richtig sicher!“, protestierte Zora. Sie waren am Kaffeeautomaten.
„Aber – ich meine – es kam ihm gar nicht seltsam vor, dass du dich heute Morgen gleich nach dem Aufstehen übergeben musstest?“, erwiderte Luana vorwurfsvoll. „Das hat doch gar nichts zu heißen! Ich könnte mir ja auch einen Virus eingefangen haben! Das Essen, was die uns in diesem einen Lokal in Thailand vor zwei Wochen vorgesetzt haben, war jedenfalls nicht besonders gut für meinen Magen. Ich habe auch gehört, die sollen den Laden dicht gemacht haben!“, behauptete Zora. Luana schüttelte den Kopf, während sie darauf wartete, dass ihr Kaffee fertig wurde.
„Ich meine ja nur – du solltest ihm sagen, dass du den Verdacht hast, dass du schwanger bist“, meinte sie. „Ja, ich weiß“, erklärte Zora verzweifelt, als sie sich zu Egon und Wilibald an ihren Tisch in der Cafeteria setzten, „aber er wird sich bestimmt nicht darüber freuen.“ „Das kann man doch nie wissen! Vielleicht freut er sich ja!“, erwiderte Luana.
„Worüber redet ihr?“, wollten Egon und Willi fast gleichzeitig wissen. „Über meine Beziehung“, antwortete Zora knapp. „Oho. Apropos, Luana, warst du schon erfolgreich?“, fragte Egon, nur dezent spöttisch.
Luana warf ihm einen genervten Blick zu. „Nein, das war ein echter Idiot gestern Abend. Ich hatte so ein Gefühl, er hätte vielleicht ein paar kriminelle Kontakte, also habe ich ihn durch den Computer laufen lassen“, erzählte Luana und trank einen Schluck. „Und?“, fragte Zora neugierig. Luana nickte. „Internationaler Waffenhandel. Warum muss ich immer an solche Typen geraten?“, fragte sie verzweifelt.
13:05, Berlin, drei Etagen höher
„So, dann wären wir wohl vollständig. Rode, schließen Sie bitte die Tür. Das, was ich Ihnen zu sagen habe, darf diesen Raum nicht verlassen. Nicht vor morgen“, erklärte Vincents direkter Vorgesetzter, Yannick Tischler.
„Was gibt es denn so dringendes?“, fragte Vincent. „Uns wurde – vor ein paar Tagen – ein anonymer Hinweis gegeben, dass wir einen Maulwurf im System haben. Leider war der Verfasser des Schreibens – Schneider, zeigen Sie uns bitte kurz das Foto davon?“, bat Tischler ihren Technikexperten. Sofort wurde ein Foto des Zettels mit dem Hinweis an die Wand projiziert.
„Dieses Schreiben wurde unserem Direktor vor etwa zwei Tagen auf den Schreibtisch gelegt. Niemand weiß, wer es dort hingelegt hat. Es war plötzlich einfach da. Es wird vermutet, dass sich der Maulwurf hier bei uns befindet. Wie auf dem Zettel vermerkt ist: „Sie haben einen Maulwurf unter Ihnen. Berlin. Jeder könnte es sein.“
Wir vermuten, dass der Zettel von jemandem aus den Reihen derer stammt, für die der Maulwurf arbeitet. Vielleicht ist er jemandem auf den Schwanz getreten – um es mal bildlich auszudrücken.
Nun ja. Ich kann mir natürlich nicht einmal sicher sein, dass nicht einer von Ihnen für diese Terrororganisation arbeitet. Und Sie könnten freilich auch mich verdächtigen. Wir müssen jetzt einfach mal darauf vertrauen, dass dem nicht so ist. Wie auf dem Zettel steht – es könnte jeder sein.“
19:27, Haus der Jedermanns
Als Vincent heute nach Hause kam, war er bereits sichtlich angespannt.
„Alles in Ordnung bei dir?“, fragte Zora schließlich besorgt, als sie beim Abwasch waren, und schlang ihre Arme um ihn. Sie hatten schweigend gegessen „Ja, schon. Nein, eigentlich nicht“, antwortete er und stellte das Weinglas, das er gerade poliert hatte, beiseite. „Was ist denn passiert? Irgendetwas auf der Arbeit? Wurdest du gefeuert? Hat jemand dich geärgert? Erzähl mir doch endlich mal, was los ist!“, bat sie ihn verzweifelt und ließ ihn los.
„Es – ist – wegen der Arbeit, das stimmt. Aber ich darf dir nicht erzählen, was los ist!“, erklärte er seufzend und schaute aus dem Küchenfenster.
„Ich weiß doch nicht einmal, wo du arbeitest, wie könnte ich da etwas weitererzählen!“, erwiderte Zora leicht genervt. Vincent überlegte. „Du weißt es wirklich nicht, oder?“, fragte er misstrauisch. „Nein, ich weiß es nicht! Ich weiß nur, dass du mal gesagt hast, es habe etwas mit Medien zu tun. Keine Ahnung, was du so den ganzen Tag lang machst!“, erklärte sie, langsam wütend werdend.
„Nun gut“, sagte er schließlich, „es ist so – unser Chef hat uns heute Mittag erzählt, dass wir einen Maulwurf in der Firma haben. Und das beschäftigt einen halt.“ „Einen Maulwurf? Ich höre wohl nicht recht! So etwas sagt man doch sonst nur bei – Geheimdiensten und dergleichen!“, meinte Zora nachdenklich.
Vincent seufzte. „Ich – arbeite – gewissermaßen – bei – einer Sicherheitsfirma“, erklärte er nachdenklich. „Kenn ich die?“, wollte Zora sofort wissen. Das Ganze wurde ihr langsam fast schon unheimlich.
„Nein – ja, sie ist eigentlich sehr bekannt, aber wir dürfen nicht sagen, dass wir bei ihr arbeiten“, erklärte er sehr umständlich. „Aha“, machte Zora nur und musterte ihn misstrauisch. Vincent seufzte.
Dann überlegte er kurz und fragte dann: „Wo arbeitest du eigentlich? Das hast du mir schließlich auch nie erzählt!“ „Öhm – ich?“, sagte Zora überrascht.
Sie dachte scharf und fieberhaft nach. Was sollte sie sagen? Sie durfte ja nicht! Also meinte auch sie: „Nun – auch bei einer Sicherheitsfirma. Genau dieselben Bestimmungen wie deine. Schon seltsam, es ist fast, als arbeiteten wir im selben Verein! Nur, dass es bei uns meines Wissens nach keinen Maulwurf gibt.“ Vincent nickte nachdenklich.
„Ja, schon möglich. Es wird langsam spät, wir müssen morgen ja wieder früh aufstehen. Ich bin müde. Du nicht? Lass uns schlafen gehen“, meinte er schließlich gähnend und ging Richtung Bad.
Zora nickte und schaute noch mal kurz raus. Dann ließ sie die Rollläden runter. Das wurde ihr langsam echt unheimlich.
5.Dezember, 10:13, Berlin
„Und dein Mann glaubt echt, sie haben einen Maulwurf in der Firma?“, fragte Luana fasziniert, als sie am Kaffeeautomaten standen, um sich Nachschub zu holen. Sie waren noch immer nicht mit den Berichten von ihrem Einsatz von vor zwei Tagen fertig. Und Zora wusste noch immer nicht, wie sie die Tröte erklären sollte, die sie mitgenommen hatte.
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