„Sie machen doch jeden morgen ihren Kontrollgang. Ist Ihnen denn da gar nichts aufgefallen?“
„Am Morgen schien alles in Ordnung. Da bin ich mir fast sicher.“
„Fast!?“
„Zu 99 Prozent. So genau schaut man ja nicht in jede Vitrine.“
Schauerte rieb sich das Kinn während der Denkphase und stemmte seine beiden kleinen Hände in die Hüften, um das Ergebnis zu verkünden:
„Es hat ja keinen Sinn, dass wir wilde Spekulationen anstellen oder gar Schuldzuweisungen erteilen. Das Wichtige zuerst: Nichts anfassen, alles lassen wie es ist! Die Polizei ist ja bereits benachrichtigt und müsste eigentlich jeden Moment hier sein. Die Leute vor dem Ausstellungsraum müssen wir nach hause schicken. Das Haus ist für Besucher bis auf Weiteres geschlossen, zumindest bis die Polizei alles untersucht hat und die Ausstellung wieder frei gibt. Leider haben Sie, verehrte Frau Kollegin den unangenehmsten Job, nämlich der Leihgeberin beziehungsweise der Versicherung den Verlust zu melden.“
„Wie stellen Sie sich das denn vor? Hallo Majestät – leider müssen wir Ihnen mitteilen, das man uns eine von Ihren kostbaren Leonardo-Zeichnungen geklaut hat. Nein, nein – damit warten wir gefälligst, bis die Polizei irgendein Ergebnis bringt. Vielleicht finden wir die Zeichnung ja auch wieder, vielleicht hat er sie irgendwo liegen lassen wie die anderen – und dann ruf ich noch mal an: Hallo Elisabeth – April, April!“
„Wollen Sie es darauf ankommen lassen, dass man den Diebstahl aus der Zeitung erfährt? Wenn irgendwo auf der Welt ein Leonardo geklaut wird, berichtet auch die BBC darüber, erst recht, wenn es ein englischer ist. Soweit ich weiß, guckt die englische Königin gerne und viel Fernsehen.“
Die Fregatte biss sich auf die Lippe, weil sie auf diesen klugen Einwand kein brauchbares Gegenargument wusste. Solche Standardsituationen nagten an ihr, weil wieder einmal allen klar wurde, wer die graue Eminenz im Hause war.
„Ja – Sie haben ja Recht! Entschuldigen Sie bitte. Aber Sie müssen verstehen, dass mir in einer solchen Situation auch schon mal die Gäule durchgehen können. Da weiß man nicht, was man zuerst und zuletzt tun soll. Mit einem solchen Fall war ich ja auch noch nie konfrontiert. Trotz alledem sollten wir einen kühlen Kopf bewahren. Als Erstes sollten wir das ganze Haus von oben bis unten durchsuchen, jede Ritze und jeden Palmentopf absuchen. Wenn wir nichts finden, melden wir den Verlust. Könnten Sie aber auch machen!“
„Verehrte Frau Kollegin – ich bin nur der Stellvertreter!“
Bei diesem Satz hüpfte die seekrankgrüne Fliege mit gelben Punkten vor Vergnügen.
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