Lutz Büge - Der Osiris-Punkt

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"Die mächtigen, beleuchteten Kolonnaden des Sethos-Tempels schienen nur einen Steinwurf weit entfernt. Mitten aus dem Ort erhob sich das alte Bauwerk, doch es war früher hier gewesen als jedes Haus in Abydos, früher als Islam und Christentum, und entsprechend selbstbewusst und schweigend ragte es aus damaliger Zeit in die Gegenwart hinein …"
Ägypten am Scheideweg: Die Fundamentalisten versuchen, das Land zur Islamischen Republik umzubauen, doch sie sind zerstritten, und es regt sich Widerstand. In der oberägyptischen Kleinstadt Abydos ist von der großen Politik allerdings nicht viel zu spüren, als Theo Magenheim dort seinen Job als Fremdenführer antritt. In Deutschland hangelte sich der junge Mann von Job zu Job. Nun sucht er in Ägypten sein Glück. Er ist dabei, als in einem unterirdischen Gelass beim Sethos-Tempel eine geheimnisvolle Papyrus-Rolle gefunden wird. Damit hält Theo den Schlüssel zu einer bedeutenden archäologischen Entdeckung in Händen. Von diesem Moment an rückt Abydos in den Fokus der Fundamentalisten, und es ist vorbei mit dem Frieden …
Packendes Wüstenabenteuer um einen sagenhaften Pharaonenschatz, 200 Jahre Ägyptologie und um Menschen, die auf der Suche nach sich selbst sind. Kenntnisreich und spannend erzählt.
Leserstimmen:
"Fast ein 'Schätzing' … ... denn genau so fesselnd, aufregend und gut recherchiert ist 'Der Osiris-Punkt'. Zu einem 'richtigen' Schätzing fehlen nur ungefähr 800 Seiten Rumgelaber". (Uli)
"Dabei war damals schon offensichtlich, dass hier mit Lutz Büge neben Andreas Eschbach, dem frühen Dan Brown und Michael Chrichton ein neues schreiberisches Talent heranwächst. Ja und nun 'Der Osiris Punkt'. Da ist alles stimmig, die Spannungsbögen, die flüssige Schreibweise und ein wahnsinnig guter Plot, der es schwierig macht, den Reader mal zur Seite zu legen.

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

Epilog 1

Epilog 2

Prolog

Abydos, Oberägypten

6. März 2014, 5:30 Uhr

Die Stufen waren gleichmäßig in den Fels gehauen, beste Steinmetzarbeit, perfekt wie im Tal der Könige. Theo Magenheim stieg vorsichtig zum Fuß der Treppe hinab. Trotz der Kälte schwitzte er. Hinter ihm ging soeben die Sonne auf, die Sterne verblassten über der ausgekühlten Wüste. Seitlich des Eingangs, am Fuß der Halde, die sie heute Nacht geschaffen hatten, lagerten die erschöpften Arbeiter und folgten Theo mit müden Blicken.

Vor ihm befand sich ein uraltes Portal, das ebenso perfekt aus dem Fels gehauen war wie die Stufen, die zu ihm hinab führten. Den Türsturz zierte ein Relief, das eine geflügelte Sonne zeigte, ein Schutzsymbol. Dahinter ruhte die Finsternis der Jahrtausende in einem Grab, das es an diesem Ort eigentlich nicht geben durfte.

Was erwartet uns da unten?

Theo zögerte. Er hob die Taschenlampe und leuchtete durch das Portal. Ein Korridor, schnurgerade. Am Boden eine dünne Staubschicht, weiter hinten ansteigend Schutt, staubbedeckt. Die Wände waren verputzt und mit akkuraten Kolonnen von Hieroglyphen bemalt, die so frisch und sauber wirkten, als wären sie erst gestern aufgetragen worden.

„Beschwörungsformeln“, sagte Bill Sheridan hinter ihm mit dem Blick des erfahrenen Archäologen. „Um ungebetene Eindringlinge abzuhalten.“

„Oder ihnen den größtmöglichen Schaden an den Hals zu hexen“, gab Theo zurück. Er wusste über den Schutzzauber der alten Ägypter Bescheid. In dem Moment, in dem er seinen Fuß über die Schwelle setzte, begab er sich in eine andere Welt. Er glaubte nicht an Zauberei und den Fluch des Pharaos, aber bisher hatte ihm auch noch niemand beweisen können, dass es Zauberei nicht gab.

Was ist ein Menschenleben?

Mein Leben?

„Riecht muffig.“ Fred Büschersgrund brachte die Dinge auf den Punkt. „Wie im Keller meiner Großmutter.“

Tatsächlich erhob sich ein dumpfer, muffiger Geruch aus der Tiefe des Grabes und wehte ihnen entgegen. Theo spürte einen Kloß in seiner Kehle, und für einen Moment wünschte er, dieses Grab nie aufgespürt zu haben. Noch konnte er umkehren und versuchen, sein Leben als Fremdenführer weiterzuleben, doch er wusste, er wäre zum Scheitern verurteilt – jetzt, da die Touristen wegblieben.

Wie er es auch drehte – der Schritt über die Schwelle des Grabes würde sein Leben für immer verändern, und es war keineswegs ausgemacht, ob zum Besseren.

Narr! Du willst dieses Königsgrab nicht entdecken? Vorwärts!

Theo setzte seinen Fuß über die Schwelle. Ein Schritt nur. Staub wirbelte auf und flirrte im Licht der Taschenlampen.

Theo ging nervös voran. Er zuckte zusammen, als das Licht seiner Lampe das Ende des Korridors erhellte und durch ein weiteres Portal auf eine mannshohe Gestalt fiel. Sie hatte furchteinflößend breite Schultern und den Kopf eines Falken und wirkte im allerersten Moment mit ihren funkelnden Augen derart beklemmend lebendig, dass Theo allen Ernstes glaubte, einem leibhaftigen Ungeheuer gegenüberzustehen.

Unsinn! Das war doch zu erwarten.

„Horus“, sagte Bill. Seine Stimme zitterte. Er war nicht weniger angespannt als Theo. „Der Gott wacht über das Grab.“

Der Schutt knirschte unter ihren Stiefeln, als sie sich unter dem Türsturz hindurch bückten und in eine Kammer gelangten, deren Boden mit Schutt bedeckt war. Der Dreck war vermutlich von einer jener Sturzfluten in das Grab gespült worden, wie sie in den Wadis immer wieder vorkamen.

„Seht nur“, flüsterte Bill, „dort stehen Isis und Osiris und nehmen das Opfer des Pharaos entgegen. Ein wunderbares Fresko, hervorragend erhalten! Und hier, seht ihr diese Kartusche? Men-Maat-Re. Das ist unser Mann.“

„Ich habe nie etwas Schöneres gesehen“, sagte Theo ebenso leise, und das stimmte. Vielleicht gab es im Tal der Könige Schöneres, aber nicht hier in Abydos.

Die Wände der Kammer waren über und über bemalt mit Hieroglyphen und Darstellungen des Pharaos bei den verschiedensten rituellen Verrichtungen, wundervolle Malereien, die eines Königsgrabes würdig waren.

„Warum flüstert ihr?“, fragte Fred in normaler Lautstärke. „Ich verstehe euch nicht, wenn ihr so leise sprecht.“

Theo grinste, als er den bösen Blick registrierte, mit dem Bill den Studenten bedachte. Nein, sie flüsterten nicht etwa aus Ehrfurcht vor dem toten Herrn dieses Grabes, sondern weil sie beklommen waren. Sie waren Eindringlinge, sie störten die ewige Ruhe eines Mannes, der vor Jahrtausenden einer der mächtigsten Herrscher der Welt gewesen war. Sie dürften hier nicht sein.

„Das macht man so auf Friedhöfen, in Gruften und altägyptischen Gräbern“, flüsterte Theo. „Man flüstert. Man verhält sich respektvoll.“

„Okay“, flüsterte Fred, „dann lasst uns jetzt respektvoll nach dem Schatz suchen und dann schnell verschwinden. Wo geht’s zur Grabkammer?“

Durch ein weiteres Portal drangen sie in eine zweite Kammer vor, die nicht weniger prachtvoll mit Malereien ausgestattet, ansonsten aber – bis auf etwas Schutt – leer war. Gebeugt standen sie unter der niedrigen Decke und leuchteten die bemalten Wände entlang. Direkt vor ihnen gähnte dunkel das nächste Portal.

„Autsch“, entfuhr es Fred, „da geht es steil hinunter.“

Der Lichtfinger seiner Taschenlampe verlor sich im Dunkel jenseits des Portals.

Theo leuchtete ebenfalls hinab. Dies war kein Korridor, sondern eine steil abfallende Rampe mit einem Neigungswinkel von vielleicht 40 Grad. Von dort unten drang der modrige, schimmlige Geruch herauf, der ihnen schon am Eingang des Grabes aufgefallen war.

Über solche Rampen waren damals Sarkophage in die Tiefe hinabgelassen worden, aber normalerweise gab es Treppen links und rechts davon. Hier nicht. Theo hatte dennoch keinen Zweifel daran, dass sich die Grabkammer dort unten befand, am Ende dieser Rampe – oder am Ende dessen, was sich an die Rampe anschloss. In manchen Königsgräbern drüben im Tal der Könige folgten solchen Rampen weitere Korridore und weitere Rampen, und es ging immer tiefer hinab.

Wie groß und wie lang ist dieses Grab?

Da drang dumpf ein Knall an ihre Ohren. Sie zuckten zusammen, und Theo, der größte unter ihnen, stieß sich den Kopf an der niedrigen Decke, als er sich instinktiv aufzurichten versuchte.

„Was war das?“, rief Fred.

Ein weiterer Knall. Ein Schuss. Draußen, vor dem Grab, wurde geschossen!

Sie kommen, hat Serafina gesagt.

Bill zog seine Pistole und wirbelte herum.

„Bringt euch in Sicherheit“, befahl er Theo und Fred. Seine Stimme duldete keinen Widerspruch. Im Licht der Taschenlampen wies sein Finger auf das Portal und die Rampe. „Dorthin.“

Bill stürmte davon Richtung Ausgang. Theo tastete nach seiner Pistole, aber Fred griff nach seinem Arm.

„Lass das“, raunte der Student. „Du bist nicht der Typ für Schießereien.“

„Aber Bill, ja?“

„Eher als du.“

„Sollten wir nicht wenigstens nachschauen, was da draußen los ist?“

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