1 ...7 8 9 11 12 13 ...41 Zum Beispiel verglich Capra [3] die fernöstliche, mystisch erfahrbare Wirklichkeit mit den Erkenntnissen der physikalischen Forschung. Er deutet eine Konvergenz von Naturwissenschaft und fernöstlicher Mystik an. Oder beispielsweise Mathias Schreiber, der Auffassungen zur Seele und ihrer Unsterblichkeit - besonders in Bezug auf gegenwärtiges Wissen - auf erfrischend kompakte Weise zusammenfasste [13].
Es ist schwierig, nicht nur eine verstehende Sicht auf die Dinge im Sein zu suchen, sondern zugleich die Rolle unseres Selbst in diesem Prozess zu begreifen. Das Verständnis der Wirkung des Selbst, des gefühlten ICH’s als Beobachter, in der uns um- und erfassenden Welt ist, in der sich mehr und mehr globalisierenden Wissens- und Informationsgesellschaft, von wachsender Bedeutung. Da das individuelle Wissen über die Dinge im Sein aus der sinnlichen Beobachtung und deren Transformation in die Weltbilder unseres geistigen Selbst folgt, ist eine „Innenschau“ auf diesen Beobachtungsprozess von dominanter Wichtigkeit. Die Beobachterrolle erkennende „Innenschau“ spielt im mystischen Denken, insbesondere in der fernöstlichen Mystik, eine zentrale Rolle. Besonders der Buddhismus lehrt ausgefeilte Wege für die, das geistige Selbst suchende Meditation – sodass er wie eine Art psychotherapeutisch wirkende „Religion“ zu betrachten ist.
In der Physik spielt das Beobachterkonzept eine zentrale Rolle. Jede Beobachtung eines Objekts ist mit einer Wechselwirkung zwischen dem Beobachter und dem beobachteten Objekt verbunden. Sie verändert den Zustand des beobachteten Objekts und den des Beobachters. Es ist dabei egal, ob eine Person oder ein anderes Objekte beobachtet. Beobachtungen sind immer mit einem Informationsaustausch kombiniert, der Zustandsveränderungen der Beteiligten zur Folge hat – die bei dem Einem sehr klein und bei dem Anderen sehr groß sein kann. Beispielsweise, wenn wir den Ort eines elementaren Teilchens, etwa eines Elektrons, feststellen wollen, scheint uns der ausgesendete, von uns provozierte Lichtblitz des Elektrons, seinen Ort zu verraten, aber da es sich durch den „Rückstoß“ beim Lichtblitz bewegt, hat es diesen Ort dann gar nicht mehr. Wir Beobachter haben uns durch den Empfang des Lichtblitzes vernachlässigbar verändert, das Elektron aber erheblich, da es zu einem neuen, unbekannten Ort, sprang. Dieses Prinzip der „Unbestimmbarkeit“ der Elementarteilchenphysik ist verallgemeinerbar, ist prinzipieller Natur. Beobachten wir beispielsweise einen anderen Menschen, so wird das seine objektive, körperliche und geistige Realität kaum verändern. Sein Abbild in unserem Verstand ist nur eine Illusion, die von unserer Beobachtungsweise, unseren Voreinstellungen, usw., abhängt. Es variiert von Beobachtung zu Beobachtung, denn sein wahrgenommenes Abbild löst in uns irgendeine Einstellung zu ihm aus, verändert unser geistiges Selbst und wandelt unsere Beobachtungseinstellung – was irgendeine, vielleicht sogar erhebliche Bedeutung für uns hat. Das aus sinnlichen Wahrnehmungen sich entwickelnde Abbild der uns um – und erfassenden Natur beeinflusst unser geistiges Selbst und damit die Art der Beobachtung, was wiederum ein sich veränderndes Abbild der Natur in uns zur Folge hat.
Wir müssen uns daran erinnern, dass unsere Fragen an die Welt nur Fragen an die, in unserem geistigen Selbst existierenden Abbildungen der Wirklichkeit sind. Nur Abbilder der Realität treiben den Verstand eines jeden. Nur diese Welt-Bilder können Fragen auslösen und Beobachtungen provozieren. Stellen wir aufgrund unscharfer Weltbilder die falschen Anfragen, so werden wir falsche Antworten erhalten. Das heißt, wir müssen uns darüber im Klaren sein und erkennen, wie Fragen, die doch aus den im geistigen Selbst liegenden Weltbild resultieren, zu einer Annäherung dieses „gedachten“ Weltbildes an die objektive physikalische Realität führen können. Hier bietet sich ein Ausflug in die mystisch-religiöse Denkweise der Weltreligionen an. Denn in ihr spielt ja diese notwendige „Innenschau“ mithilfe einer „Meditationskultur“ eine zentrale Rolle. Während einer Meditation bewegt sich das denkende Wesen wie ein Astronaut durch die tiefen Schichten des Bewusstseins und versucht zu ergründen, wie die „äußere“ Welt in unserem Selbst gespiegelt wird. Es treibt ihn Neugier und Zweifel an die in unserem geistigen Selbst wahrgenommene und gespiegelte „äußere“ Welt, - Zweifel an die Illusion einer objektiven physikalischen Realität. Aber nicht die objektive, physikalische Realität ist eine Illusion, sonder ihre Abbildung in unserem Verstand.
Was provoziert diesen Zweifel an die illusionären, geistigen Projektionen der uns umgebenden „äußeren“ Natur? Welche Beobachtungen belasten unser Vorstellungsvermögen, so das wir voller Zweifel den Welt-Bildern in uns misstrauen? Nicht wenige Naturphänomene erweisen sich als seltsam und führen uns an die Grenzen unserer Vorstellungskraft. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass sie Interpretationen sind, die aus den geistigen Konstrukten in uns hervorgehen, die wir auf den Grund von Illusionen über die real existierende, objektive Wirklichkeit errichten. Das provoziert dann manchmal die Versuchung, sich in mystisch-religiöse Denkweisen zu begeben?
Beispielsweise beobachteten Astronomen in den Zentren von Galaxien, einschließlich unserer eigenen Sterneninsel, der Milchstraße, gigantische Gebilde, die Millionen bis Milliarden Sonnenmassen enthalten, die Sterne zerreißen und verschlingen. In ihrer Nähe ist die Schwerkraft derart gewaltig, dass selbst Licht verschluckt wird. Man nennt sie deshalb „Schwarze Löcher“. Man „sieht“ sie nicht und bemerkt sie nur über die Bewegung und die Strahlung der aufgeheizten, abstürzenden Materie. Im Zentrum dieser monströsen Objekte sind der Raum und die Zeit derart verzerrt und verkrümmt, das der Raum sowie die Zeit dort aufzureißen scheint. Diese „Risse“ treten als sogenannte Singularitäten, das heißt, unendlich große Phänomene in den Lösungen der die Raum-Zeit beschreibenden Gleichungen der „Allgemeinen Relativitätstheorie“ (entwickelt von Einstein), auf. Sie sind bisher im Rahmen eines konsistenten Verständnisses der Raum-Zeit und der uns bekannten Materie nicht verstanden, scheinen „Illusionen“ der Wirklichkeit zu sein. Sollten diese sogenannten Singularitäten nicht durch Raum-Zeitmodelle für unsere Welt beseitigbar sein, so deuten sie die Existenz, absurder Risse in Raum und Zeit an. Sie sind nicht einmal exotische Seltenheiten und scheinen in viel größerer Zahl zu existieren, als früher geglaubt.
Was „um Gotteswillen“ bedeuten diese seltsamen Phänomene? Was ist ein Riss im Raum - und schlimmer - in der Zeit? Und was ist Zeit, die eher einen thermodynamischen Hintergrund zu besitzen scheint und in der wir nur vorwärts und nie rückwärts schreiten können?
Ein anderes Beispiel aus der Welt der kleinsten Objekte, den Quantenobjekten, ist genauso bizarr. Diese Mikroteilchen bauen die uns bekannte sogenannte normale Materie auf und besitzen komplett sich widersprechende Eigenschaften. Sie können wie ein Punktteilchen wirken und wie eine räumlich ausgedehnte Welle erscheinen. In etwa wie eine Billardkugel die eine andere anstößt und anschließend, als wäre sie nebelhaft auf den gesamten Billardtisch verteilt, die Möglichkeit besitzt, in sämtliche Löcher einzutreten. Ist dieses widersprüchliche Verhalten eine illusionäre Abbildung der „wahren“ Phänomene in unserm geistigen Selbst, welche durch die über alle Maßen erfolgreiche Quantentheorie, suggeriert wird? Und, wenn nicht, wie „um Gotteswillen“ funktioniert das dann?
Oder, was „um Gotteswillen“ ist denn ein Elektronenteilchen, das scheinbar wie eine Welle durch den Draht schwingt und plötzlich ein anderes, wie eine Kleinstbillardkugel, aus dem Draht kickt?
Rätselhaft „funktioniert“ die menschliche Gemeinschaft - die sich als emergentes Gesellschaftssystem unserem Verständnis mit wachsenden Komplexität zu entziehen scheint und wie ein nicht personalisierbares Ganzes agiert. Es sieht aus, als spült sie „bewusst“ Machthydren, elitäre Interessengruppen oder von absurder Selbstgerechtigkeit erfüllte Egomanen immer wieder, auf für uns Individuen nicht durchschaubare Weise, in Knotenpunkte der Macht. Wie sonst ist es zu verstehen, dass Gesellschaftssysteme in Richtungen getrieben werden, die von Vielen nicht gewollt werden.
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