Harald Hartmann - Trilogie der reinen Unvernunft Bd.1

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Trilogie der reinen Unvernunft Bd.1: краткое содержание, описание и аннотация

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Die Erlebnisse des Unbekannten Wahlkämpers und späteren Unbekannten Ministerpräsidenten, gesammelt und aufgeschrieben von ihm selbst. In einem furiosen Ritt durch Windungen, die noch keines Gehirnes Auge je erblickt, entführt er in eine Welt, in der die reine Unvernunft so selbstverständlich regiert, wie in anderen Welten die reine Vernunft. Ihre Bewohner behaupten allerdings das genaue Gegenteil und verhalten sich auch so.
Dadaistisch, politisch, subversiv und gar nicht mal unerotisch.

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Harald Hartmann

Trilogie der reinen Unvernunft Bd.1

Ein guter Sheriff braucht keinen Schlaf - Tagebuch des unbekannten Wahlkämpfers

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Inhaltsverzeichnis Titel Harald Hartmann Trilogie der reinen Unvernunft Bd1 - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Harald Hartmann Trilogie der reinen Unvernunft Bd.1 Ein guter Sheriff braucht keinen Schlaf - Tagebuch des unbekannten Wahlkämpfers Dieses ebook wurde erstellt bei

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Impressum neobooks

1

Es klopfte an meiner Tür. Ich öffnete. Vor mir standen zwei Männer in dunklen Anzügen, die mir mitteilten, ich sei zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Ich wollte die Tür wieder schließen, aber sie hinderten mich daran mit Händen und Füßen.

„Es stimmt“, wiederholte einer von ihnen nun in energischem Ton. „Sie sind zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Kommen Sie bitte mit, sofort!“

Es blieb mir nichts anderes übrig als einzusehen, dass ich mich in einem unbekannten Land befand. Hier herrschten offenbar andere Zustände als bei mir zu Hause. Ich hatte keine Ahnung, wie ich hierhin geraten war. Ohne weitere Widerworte ging ich mit.

Draußen warteten vier kräftige Männer mit einer altmodischen Sänfte. Sie trugen nichts außer luftigen Baströckchen. Wohl ihre Arbeitskleidung. Ihre beachtliche Brustbehaarung beeindruckte mich. Sie waren nicht mehr ganz jung. Sie rauchten Zigaretten und sprachen miteinander. Sie schenkten mir keine Beachtung. Es gab wohl Wichtigeres.

Ich nahm Platz in der Sänfte. Zu meiner Überraschung war ich nicht allein. Mir gegenüber saß eine wie ein indischer Guru von einhundertvierzig Jahren aussehende Gestalt und schmuste heftig mit einer ziemlich aufgetakelten jungen Frau, die es, aus welchem Grund auch immer, zu genießen schien.

„Andere Länder, andere Sitten,“ dachte ich. „Zähne putzen, nicht vergessen, auch hier nicht!“

Oder vielleicht sogar gerade hier nicht, denn meine kulturellen Errungenschaften waren ja meine einzige Verbindung zu meinem alten Leben. Und die wollte ich mir nicht wegnehmen lassen in dieser Fremde. Dann spürte ich, wie die Sänfte angehoben und fort bewegt wurde. Ein Handy klingelte. Meines war es nicht, denn ich hatte es zu Hause vergessen. Die Gefährtin des Gurus klappte ihre Schädeldecke auf und entnahm dem Hohlraum ein Handy, das unentwegt weiter klingelte. Während sie auf das Display blickte, verschloss sie mit einer geübten Handbewegung wieder ihren Schädel. Sie reichte es weiter an den Guru. Er ergriff es mit seinem linken Fuß und übergab es mir.

„Für Sie“, sagte er.

Sein linker Fuß duftete nach Rosen im Frühling. Auch wenn es nur wegen seiner Fußseife so sein sollte und sein verschrumpelter Fuß nicht aus sich selbst heraus so duftig roch, wie er roch, so war es mir in diesem Moment völlig egal. Wortlos warf ich das Handy aus der Sänfte und konzentrierte mich mit meiner Nase ganz auf das Einatmen des Rosendufts.

Plötzlich wurde die Sänfte abgesetzt. Der Guru zog seinen Fuß zurück zu sich, küsste ihn liebevoll und legte ihn in seinem Nacken ab. Ich entstieg der Sänfte. Das Wetter war schön. Ein Schotte in kniefreiem Rock empfing mich.

„Dreiundzwanzig“, sagte er mit fester Stimme.

Ich vermutete, dass er mich einer strengen mathematischen Prüfung unterziehen wollte. Aber das war kein Problem für mich, denn die Mathematik war schon immer ein Buch ohne jedes Siegel für mich gewesen.

„Fünfundzwanzig“, antwortete ich, ohne zu zögern.

Ich hatte gewonnen. Er verbeugte sich, sichtlich zufrieden mit meiner exakten Antwort, und übergab mir ein Manuskript. Ich blickte mich um. Ein großes Allerlei würdevoller Lebewesen der Saison war hier versammelt. Alle waren mir unbekannt. Ich warf einen Blick auf das Manuskript. Was darauf stand, gefiel mir nicht. So etwas Affiges wollte ich nicht sagen. Ich bastelte mir lieber einen Fächer aus den Papierblättern, was mit allgemeinem Applaus bedacht wurde.

„Ich weiß nicht, wo ich bin“, rief ich laut. Applaus.

„Ich bin kein Ministerpräsident“. Wieder Applaus.

„Ich weiß nicht, was ich tun soll“. Donnernder Applaus.

Musik setzte ein, irrlichternd, wie aus tausend gleichzeitig spielenden Spieluhren mit jeweils unterschiedlichen Melodien. Gratulationen und begeistertes Schulterklopfen von allen Seiten. Man war mit meiner Ansprache offenbar zufrieden gewesen. Ich hatte wohl den richtigen Ton getroffen. Ich war ein guter Ministerpräsident. Dieses Talent hatte man mir bisher verschwiegen, da, wo ich herkam.

Wind kam auf, braune Blätter flogen durch die Luft. Plötzlich war der Herbst da, und ich war immer noch Ministerpräsident. Ich nahm es jedenfalls an. Auf alle Fälle hatten die Menschen hier viel zu tun in dieser Jahreszeit. Fleißig fingen alle die wild herumfliegenden, braunen Blätter mit Schmetterlingsnetzen ein und rollten daraus große, dicke Zigarren. Eine Havanna war dagegen richtig zum Lachen. Ich, als ihr gewählter Ministerpräsident, bekam natürlich eine geschenkt. Gemeinsam gingen wir in einer langen Prozession und in absoluter Stille zu einem großen Schwimmbecken, und eine Zeremonie, wie aus einem uralten Ritual entsprungen, begann. Alle begaben sich hinein in das Becken. Keiner zog sich aus. Alle legten sich bequem mit dem Rücken aufs Wasser, das sie trug, als wäre es eine moderne Sieben-Zonen-Matratze, und fingen hingebungsvoll an, ihre Zigarren zu paffen. Ein weißer Nebel schwebte über dem Wasser. Eine Stimme sprach die Nachrichten des Tages.

„Ministerpräsident schon wieder wiedergewählt. Einstimmig.“

Es war also so, wie ich vermutet hatte. Ich war immer noch und auch schon wieder Ministerpräsident. Eine Hymne erklang, gespielt von einer Mundharmonika. Vielleicht die Nationalhymne.

2

Der Nebel war verschwunden, das Wasser auch. Ich blickte mich um. Aus dem großen Schwimmbecken war ein großes Stadion geworden. Es war komplett ausverkauft und präsentierte sich mir geschmückt in seiner vollsten Blüte. Man wollte wohl meine Wiedererwählung feiern. Ich erhob mich aus dem gepolsterten Thron meiner Ehrenloge, um allen zum Dank für ihre überrationale Wahl ein kostenloses Schauspiel zu liefern. Ich rasierte mich mit meinem teuersten Elektrorasierer. Dafür gab es Applaus. Schon wieder. Ich mochte Applaus, und ich überlegte, ob ich nicht für immer hier bleiben sollte. Nirgendwo anders hatte ich jemals vorher so viel Applaus bekommen, und nirgendwo anders würde ich jemals wieder mit so viel Applaus bedacht werden. Manchmal war eine Antwort ganz leicht, so leicht, dass sie der Schwerkraft der Frage entkam und als nun emanzipiertes Wesen unter dem Radar der Vernunft hindurch fliegen konnte.

Da kam ein alter, unmoderner Reisebus durch das, wie immer dienstags, weit geöffnete Stadiontor herein gefahren, langsam, wackelnd in den Knien und rumpelnd mit seinen ausgeschlagenen Achsschenkeln. Er hatte ein über die gesamte Dachfläche gehendes offenes Verdeck. Reggae-Musik ertönte aus seiner Musikanlage. Vierundzwanzig gut gelaunte Putzfrauen genossen die Fahrt. Ich gönnte ihnen den schönen Ausflug zu mir. Der Bus hielt. Sie winkten mir hemmungslos zu mit ihren feuchten Feudeln. Früher wäre ich rot geworden. Ich winkte freundlich zurück. Bestimmt hatten sie die Nachrichten verfolgt und waren gekommen, um mir zu huldigen. Eine nach der anderen stieg aus. Unentwegt ließen sie die Hüften kreisen zum Rhythmus der Musik. In den Händen hielten sie ihr Handwerkszeug. Feierlich legten sie es ihrem Ministerpräsidenten zu Füßen und entschwanden tanzend in den Bus. Jetzt war es mein Handwerkszeug.

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