»Ich spreche nicht von dem Projekt«, betonte er orakelhaft, als er sie freigab.
Cathrynn blickte den schwarzhaarigen Ahnen fragend an, doch er leistete ihrer stummen Aufforderung, sich zu erklären, nicht Folge. »Alles Weitere musst du selbst herausfinden«, betonte er, bevor er sie mit einer knappen Geste aufforderte, zu verschwinden.
Ohne Tyson eines weiteren Blickes zu würdigen, verließ sie die Nische und bahnte sich einen Weg über die, inzwischen volle Tanzfläche.
»Entschuldigung«, murmelte eine tiefe Stimme neben ihr, kurz nachdem sie ein harter Stoß gegen die Schulter aus ihren Überlegungen gerissen hatte. Cathrynn blickte kurz zu dem Sprecher, einem ausnehmend attraktiven, dunkelblonden Mann. »Bist du in Ordnung?«, hakte er nach, wofür er sich zu ihr beugte und direkt in ihr Ohr sprach. Seine Hand berührte dabei wieder ihre Schulter.
Cathrynn nickte, bevor sie sich abwandte und ihren Weg fortsetzte. Unter normalen Umständen, hätte sie sich auf ein Gespräch mit dem attraktiven Unbekannten eingelassen, doch heute Abend hatte sie Wichtigeres zu tun, als mit irgendeinem Typen, den sie nicht kannte, zu flirten. Ihre Gedanken kreisten um Tysons Worte, die entgegen ihrer Hoffnung, nur noch mehr Fragen aufgeworfen hatten.
*
Versonnen blickte Jason der schwarzhaarigen Frau nach, als sie den Gothic-Club verließ, während er in sich hineinlachte, dass er mit seiner mehr als gewagten Aktion durchgekommen war. Er hatte sie wieder einmal observiert, seit sie das Büro der Hunter verlassen hatte und war ihr schließlich in diesen Club gefolgt, wo sie sich mit Tyson getroffen hatte. Die Idee, ihr einen Sender unterzuschieben, war ihm spontan gekommen und er hatte alles auf eine Karte gesetzt, als sie ihn passierte. Wieder schüttelte er den Kopf, als ihm bewusst wurde, dass er sich in Lebensgefahr befunden hatte, als er sich ihr genähert hatte. Wenn Cathrynn ihn erkannt hätte, dann wäre er in ernstzunehmenden Schwierigkeiten gewesen.
Sie hatte ihn allerdings nicht erkannt, obwohl er direkt vor ihr gestanden und sogar kurz mit ihr gesprochen hatte. Das wunderte ihn aufrichtig, immerhin hatte er sie nach all den Jahren ebenfalls sofort erkannt. Jason beendete seine Überlegung mit einem Achselzucken, als er sich auf den Weg zur Nische machte, in der Conrad Tyson sich befand. Er hatte ein ernstes Wort mit dem Ahn zu reden.
Einer der Leibwächter riss erstaunt die Augen auf, als er an die Nische herantrat und gab ihm sofort anstandslos den Weg zu Tyson frei.
»Was tust du denn hier, Jay?«, begrüßte Tyson ihn mit einem beunruhigten Blick.
»Ich dachte immer, das heißt zuerst einmal ‚Guten Abend‘, Conrad«, belehrte er ihn, während er sich setzte und den schwarzhaarigen Ahn mit einem schelmischen Augenzwinkern bedachte.
Tyson ließ ein nervöses Lachen hören, als er ihn weiter misstrauisch beäugte.
Jason bog sich innerlich vor Lachen, als er seinen Blick unverwandt auf den Ahn richtete. »Ich sehe, die süße Schwarzhaarige ist schon gegangen«, bemerkte er leichthin. »Ich hatte die vage Hoffnung, dass du mich mit ihr bekannt machen könntest.«
Zu Jasons Überraschung begann Tyson schallend zu lachen. »Das wäre eine fulminante Show geworden, Jay«, rief er amüsiert, bevor er Jasons Blick suchte. »Das war Rayven«, informierte er ihn.
Für einen Moment war Jason sprachlos. Die unerwartete Offenheit des Ahnen, hatte ihn auf dem falschen Fuß erwischt. »Wenn du schon so redselig bist, macht es dir sicherlich nichts aus, mir zu erzählen, worüber ihr gesprochen habt«, vermutete er trocken, nachdem er sich wieder besonnen hatte.
»Was glaubst du wohl?«, fragte Tyson mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Sie hat versucht, von mir ein paar Insiderinformationen zu bekommen.«
»Die du ihr natürlich nicht gegeben hast«, folgerte Jason.
»Natürlich nicht«, bestätigte Tyson, als er sich entspannt zurücklehnte. »Ich will nicht wie Bart enden.«
Jason ließ ein hintergründiges Lächeln sehen, als er den Ahnen kurz abschätzend musterte. »Leider bist du jedoch auf dem besten Weg dorthin«, erklärte Jason ihm trocken. Er hatte sich, trotz Tysons offensiver Kooperation, dazu entschlossen, an seinem Plan festzuhalten. Tyson hob fragend die gepiercte Augenbraue. »Als wir ihn verhört haben, hat Bart bis zuletzt darauf beharrt, dass er Rayven nichts erzählt hat«, behauptete er, während seine Gedanken zurückglitten zu dem Gespräch, das McConaghey und er mit dem schmuddeligen Ahn geführt hatten. Winfield war nach wenigen Minuten gebrochen und hatte wie eine Nachtigall gesungen. »Ich muss gestehen, dass wir ihm nach fast zwei Stunden zu glauben begonnen haben«, fuhr der dunkelblonde Agent fort. »Aber Elias war der Meinung, dass es bereits ausgereicht hatte, dass er überhaupt mit einem Hunter gesprochen hat«, fügte er mit einem nonchalanten Achselzucken hinzu.
Tyson starrte ihn fassungslos an. Er hatte den Bluff offensichtlich geschluckt.
»Dir ist sicherlich bewusst, dass ich Elias Meldung über dein Gespräch mit Rayven erstatten muss«, informierte Jason ihn kühl.
Der Ahn wurde noch ein Spur blasser, als er sich über den Tisch hinweg zu Jason beugte. »Ich bin mir sicher, dass wir hier eine andere Lösung finden können«, murmelte er, während er eindringlich Jasons Blick suchte.
»Ich kann dir gerne zwei Stunden Vorsprung geben, damit du Elias selbst davon erzählst«, bot Jason lachend an. »Vielleicht bringt er dich dann schnell und schmerzlos um.«
Tyson schluckte. »Mir schwebte hier mehr vor, dass du die Sache unter den Tisch fallen lässt«, korrigierte er.
Wieder begann Jason zu lachen. »Bei aller Freundschaft, Conrad«, rief er amüsiert, »Ich werde Genesis bestimmt nicht belügen.« Er suchte prüfend Tysons Blick. »Ich sollte dich, schon allein für dieses Angebot, sofort töten«, flüsterte er drohend. Er sah förmlich, wie Tyson der Angstschweiß ausbrach. Jason konnte sich nur noch mit Mühe beherrschen nicht los zu prusten, über die plötzliche Angst in den Zügen des sonst eiskalten Ahnen . »Aber du hast Glück, dass ich kein Freund sinnloser Ressourcenverschwendung bin«, richtete er nach einer langen, versonnenen Pause das Wort an Tyson.
»Du belässt es dabei?«, fragte der schwarzhaarige Ahn ungläubig, dann kroch ein lauernder Ausdruck in seine braunen Augen.
Jason nickte zustimmend. »Vorerst«, betonte er. »Aber du solltest dir darüber im Klaren sein, dass dein Arsch ab heute mir gehört.«
Tyson verschluckte sich am Rotwein. »Die Jagd auf mich, muss dir seinerzeit aufs Hirn geschlagen sein, Singer«, murmelte er fassungslos.
Jason konnte das Grinsen nicht mehr verhehlen, als Tyson auf seine Zeit bei den Huntern anspielte. Conrad Tyson war in der Tat sein Fall gewesen, an dem er, bis zu seinem plötzlichen Ausscheiden, mit Tom Higgins, seinem Partner, gearbeitet hatte. »Ja, ja die guten alten Zeiten«, murmelte er amüsiert, dann ließ er seine Züge wieder jeden Ausdruck verlieren. »Aber Spaß beiseite, Conrad«, richtete er kalt das Wort an den Ahn . »Du arbeitest ab heute für mich.«
Tyson suchte interessiert seinen Blick. »Dann weihe mich mal in dein Spiel ein.«
»In was für ein Spiel?«, konterte Jason irritiert, während er noch versuchte, sich den Tiefschlag aufs Ego des Ahnen zu verkneifen. »McConaghey hat Serpentine, ich will auch einen Vampir als Schoßhündchen«, erklärte er trocken, es war vergebens, diese grandiose Vorlage nicht zu verwandeln. »Also dann, ich sehe dich morgen, Partner«, rief er zum Abschied, bevor er sich erhob, und die Nische verließ. Er spürte Tysons wütenden Blick in seinem Rücken, doch es war ihm egal. Der schwarzhaarige Ahn würde tun, was er von ihm verlangte, dessen war er sich sicher und er hatte das Gefühl, dass er ihm noch einmal sehr nützlich werden würde, wenn er McConaghey endgültig aufs Korn zu nehmen beschlösse.
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