Sowohl Duncan, als auch McConaghey richteten ihre Blicke auf ihn. Jason hoffte, dass ihm das überlegene Grinsen besser gelang, als es sich anfühlte. »Ich vermute, dass es einen weiteren Doppelagenten in unseren Reihen gibt«, brachte er es ohne Umschweife auf den Punkt. Wenn er sich nicht irrte, hatte McConaghey bei dieser Eröffnung zusammengezuckt.
»Mr. Singer, wie Sie wissen, haben Mr. McConaghey und Mr. Serpentine sich dieses Problems, durchaus gewissenhaft, angenommen«, betonte Duncan kopfschüttelnd.
Jason blickte kurz zu McConaghey, bevor er die Augen wieder auf Elias Duncan richtete. »Das ist das Problem bei der Sache, Mr. Duncan«, widersprach Jason trocken, erneut heftete sein Blick sich auf den schwarzhaarigen Agenten neben sich. Er konnte nicht anders, er musste seine Reaktion sehen, bei dem, was er Duncan zu sagen gedachte. »Ich vermute, dass Mr. McConaghey der besagte Doppelagent ist.«
Er hörte McConaghey empört nach Luft japsen, während ihm die Gesichtszüge vollständig entgleisten. Selbst wenn er sich hier irrte, dachte Jason zufrieden, es war diesen Anblick wert gewesen.
»Können Sie das begründen, Mr. Singer?«, fragte Duncan vollkommen ruhig, während McConaghey neben ihm fassungslos prustete.
Jason stellte erstaunt fest, dass er sich schon lange nicht mehr so gut amüsiert hatte, wie in diesem Augenblick. Die ehrliche Entrüstung, die der schwarzhaarige Agent hier zeigte, war unbezahlbar. »Soweit ich weiß, war er Phoenix-Agent «, antwortete Jason schlicht.
»Ich habe Phoenix auf Gonzales Befehl hin unterwandert«, korrigierte McConaghey ärgerlich. »Aber ich hoffe, Sie wissen, dass Mr. Singer schon während seiner Zeit bei den Huntern illoyal war«, fügte er auf Konfrontationskurs hinzu.
Jason begann schallend zu lachen, als er diesen billigen Versuch McConagheys, das Feuer von sich selbst abzulenken, hörte. »Ian, ich bitte dich! Wir haben beide für Deceit gearbeitet, um unsere Ärsche zu retten«, erinnerte er seinen früheren Kollegen kopfschüttelnd. Wieder sah er, dass McConaghey versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, genau wie an dem Morgen, als er ihn wegen seiner Frau hatte auflaufen lassen. Als Genesis ihm mitgeteilt hatte, dass er zu den Sieben Ahnen versetzt würde, um McConaghey als King of Spades zu ersetzen, hatte er einen immer stärker werdenden Brechreiz verspürt, doch inzwischen begann es ihm hier immer besser zu gefallen. »Abgesehen davon, denke ich, dass Mr. McConagheys Loyalität durchaus fragwürdig ist, wenn wir es mit den Huntern zu tun bekommen«, fuhr er unbeirrt vor.
»Das ist lächerlich«, schnappte McConaghey ärgerlich, seine Augen schossen Dolche auf Jason, der unbeeindruckt die Schultern hob.
»Geh und bring deine Frau um, dann glaube sogar ich dir«, forderte er ihn eiskalt heraus.
»Geht in Ordnung, Jay«, willigte McConaghey zu seiner Überraschung trocken ein, bevor er die Arme vor der Brust verschränkte. Jason erschrak kurz über das infernale Feuer, das in seinen fast schwarzen Augen zu lodern begonnen hatte. »Wenn wir mit meiner fertig sind, dann bringen wir aber deine um.«
Diese Drohung war nicht unbedingt subtil gewesen und Jason spürte, wie Panik sich in ihm breitzumachen drohte, bei dem Gedanken, dass McConaghey ernst machte. »Fass Amber oder meine Kinder an und ich fick dich mit deinem beschissenen Jagdmesser, bis du vor Freude kotzt«, brüllte er, bevor er sich drohend vor dem Agenten aufbaute.
»Gentlemen, es reicht«, fuhr Duncan unvermittelt dazwischen, bevor er erst Jason und dann McConaghey einen vernichtenden Blick schenkte. »Wenn Sie weiterhin glauben, sich wie tollwütige Hunde aufführen zu müssen, dann werde ich Sie beide ersetzen«, betonte er ärgerlich. Dann drehte er sich auf dem Absatz um und ließ beide Männer grußlos stehen.
Jason warf noch einen kurzen Seitenblick zu McConaghey, der ihm mit offenkundigem Hass beäugte, bevor er sich ebenfalls zum Gehen wandte. Er blickte ihm noch eine Weile nach, der Verdacht, dass er sich den schwarzhaarigen Agenten heute endgültig zum Feind gemacht hatte, wurde in ihm laut.
Kapitel 10
»Ich komme rüber, Frank«, verabschiedete Cathrynn sich, bevor sie grinsend den Hörer zurück auf die Gabel legte. Sie spürte, dass sich ein Lachanfall anbahnte, als ihr bewusst wurde, dass sie das erste Mal in ihrem Leben nach einem Gespräch mit Frank gute Laune hatte. Das lag allerdings nicht an Frank, dachte sie, als sie sich hinter ihrem Schreibtisch erhob und die dunkelrote Trainingsjacke über das schwarze Trägertop warf. Im Gehen griff sie noch schnell zu der Akte, die oben auf dem Stapel von Einsatzberichten lag, und öffnete sie, als sie aus der Bürotür trat. Automatisch schlugen ihre Füße, den Weg zu Franks Büro ein, während sie die Dokumente noch einmal überflog.
»Hey, Perle! Der Aufenthaltsraum liegt in der anderen Richtung«, rief Montgomery ihr zu, als sie das Operationszentrum passierte.
Grinsend änderte Cathrynn die Richtung und trat in den großen Raum hinein. Sie nickte McDermott und Gray, die heute zusammen mit Montgomery hier Dienst hatten, zu, bevor sie zu dem massigen Hunter trat. »Ich bin auf direktem Wege ins Lande Mordor, Herr Elrond«, informierte sie Montgomery trocken.
McDermott begann zu kichern, während Gray laut loslachte.
Sie selbst konnte nicht sagen, woher sie die Beherrschung nahm, nicht ebenfalls einen Lachanfall zu bekommen, eingedenk, der alles andere als elbischen Statur des fast zwei Meter großen, breitschultrigen Muskelpaketes. Sie hatte begonnen, bei jeder sich bietenden Gelegenheit Tolkien zu zitieren, seit ihre Kollegen, allem voran Gray und Montgomery, sie wegen ihres Judas-Ischariot -Patzer vor drei Tagen ununterbrochen verarschten.
»Ich habe dir was Vernünftiges zu lesen auf den Schreibtisch gelegt«, erinnerte der Ex-Ranger sie.
Cathrynn nickte lachend. Am Tag nach dem Leichenfund hatte eine Bibel auf ihrem Schreibtisch gelegen. »Ich dir auch, mein Dicker«, konterte sie. Natürlich hatte sie sich ausrechnen können, welchem ihrer Kollegen sie den neuen Lesestoff zu verdanken hatte und hatte Montgomery ihrerseits gestern eine Ausgabe des » Herrn der Ringe « hingelegt.
»Du könntest wenigstens mal reinschauen, das würde auch dir was bringen.« Ihr Kollege blickte sie finster an.
Cathrynn hatte, seit ihr dieser dumme Patzer unterlaufen war, ohnehin das Gefühl, dass Montgomery beunruhigt darüber war, dass sie ganz offensichtlich mit dem ganzen religiösen Unsinn nichts am Hut hatte. Sie wollte diese Grundsatzdiskussion nicht jetzt führen, beschloss sie, wenngleich sie wusste, dass sie in naher Zukunft einem Gespräch mit ihrem Kollegen darüber nicht entgehen würde. Für den Moment trat sie allerdings nur mit einem versöhnlichen Lächeln auf ihn zu. »Ich kenne die satanische Version, reicht doch oder?«, beharrte sie zuckersüß. Sie konnte der Verlockung einfach nicht widerstehen und brachte sich schnell mit einem Satz in Sicherheit, als Montgomery sie zu packen versuchte.
»Schieb ab, du beklopptes Weib, sonst versohle ich dir den Arsch«, brummte er mit säuerlichem Gesichtsausdruck, den das halb belustigte, halb liebevolle Blitzen in seinen Augen Lügen strafte.
Ihr Piepser meldete sich. Sie verzog grinsend das Gesicht, als ihr wieder bewusst wurde, dass Frank auf sie wartete. Sie schenkte Montgomery noch ein schelmisches Augenzwinkern, bevor sie sich abwandte.
»Wer ist eigentlich dran, den Neuen einzustampfen?«, hörte sie Gray in ihrem Rücken.
Sie lachte in sich hinein, das hatte sie über die Vorfreude auf das Interview, zu dem sie unterwegs war, gar nicht mehr bedacht. Sie wandte sich zu McDermott, der den Blickkontakt erwiderte. Die Reihe wäre eigentlich an ihm, aber sie konnte der Versuchung nicht widerstehen. »Kann ich dich noch einmal vertrösten, Martin?«, fragte sie mit einem vielsagenden Grinsen.
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