»Glaube nur nicht, dass ich mich wie ein kleines Kind von dir behandeln lasse«, fauchte sie ihren Vorgesetzten an. »Ich habe die Schnauze voll, dass du mich permanent wegen jeder Kleinigkeit zu torpedieren versuchst!« Sie hielt ärgerlich seinen überraschten Blick fest. »Also wage es dich nicht, wieder das Thema zu wechseln.«
»Du willst über deinen potenziellen Verfolger reden?«, knurrte Frank, als er sich ebenfalls erhob. »Hier mein gutgemeinter Rat: Hake es unter ‚dummgelaufen‘ ab, dass du ihn nicht bemerkt hast«, schlug er trocken vor. »Und dann hör auf, dich deswegen fertig zu machen, du bist, wie niemand von uns, unfehlbar.«
»Schieb dir deine Ratschläge in den Arsch«, brüllte Cathrynn ihn an. »Du warst derjenige, der versucht hat, mir deswegen Vorhaltungen zu machen, also versuche jetzt nicht, mich vom Gegenteil zu überzeugen.«
»Dann gehe ich davon aus, dass du dich jetzt endlich wieder beruhigst und wir hier wie Profis weitermachen können«, vermutete Frank emotionslos. Seine Züge hatten inzwischen wieder jeden Ausdruck verloren, ein deutliches Zeichen, dass auch er kurz vor der Explosion stand.
»Komm mir jetzt nicht auf der Dienstebene«, befahl Cathrynn ihm barsch.
»Keine Sorge, Cathrynn, solange du dich wie eine durchgeknallte Furie aufführst, werde ich das sicherlich nicht versuchen«, schoss Frank zurück. »Das ist nämlich verschwendeter Atem.«
»Oh ja, schon klar«, rief Cathrynn bitter. »Jetzt sind wir wieder dabei, dass du eiskaltes Arschloch nicht begreifst, dass andere Menschen durchaus über Emotionen verfügen.« Sie spürte, dass grenzenlose Frustration sich in ihr breitzumachen drohte, als sie sich fragte, wie oft Frank und sie dieses Gespräch in der Vergangenheit geführt hatten.
»Ich werde nicht auf dieser Ebene mit dir weiterdiskutieren, Cathrynn«, knurrte Frank. In seinen stahlgrauen Augen begann es warnend zu blitzen.
»Hast du Angst, dass du mir hier nicht gewachsen bist, du beschissener Soziopath?«, fragte sie herablassend.
Frank lachte harsch auf, als er sie musterte. »Kehre besser mal vor deiner eigenen Tür«, wies er sie trocken hin.
Sie öffnete den Mund zur nächsten wütenden Entgegnung, doch Frank schnitt ihr mit einer ärgerlichen Handbewegung das Wort ab. »Du reißt dich jetzt augenblicklich am Riemen, Cathrynn«, befahl er ihr wütend. »Ich habe es satt, dass du dich dauernd derart vergisst!«
»Dann hör auf, mich zu provozieren«, schnappte sie. Sie war nicht bereit, hier einzulenken, nicht, nachdem sie inzwischen dermaßen in Fahrt geraten war.
»Ich spreche nicht nur von heute Abend, meine Liebe«, hielt Frank kalt dagegen und etwas in seinem Blick sagte Cathrynn, dass sie es eigentlich nicht hören wollte. »Du bist in letzter Zeit dermaßen besessen, dass du es schon selbst nicht mehr bemerkst, dass du wieder auf einem Selbstzerstörungstrip bist«, betonte er.
Cathrynn fiel bei seinen Worten die Kinnlade herunter. Natürlich war sie besessen von dem Kampf, den sie führten, wie konnte er es sich wagen, ihr deswegen einen Vorwurf zu machen. »Ich werde mir keine Vorhaltungen von dir anhören, weil ich meinen verfluchten Job mache«, knurrte sie.
»Du würdest ihn bedeutend besser machen, wenn du dich nicht von deinem Hass zerfressen lassen würdest«, konterte Frank kalt.
Cathrynn entfuhr ein fassungsloses Lachen, natürlich wusste sie, dass Frank hier auf Serpentine anspielte. »Was schlägst du vor? Soll ich, nach allem, was Serpentine getan hat, mit einem Achselzucken darüber hinweggehen?«
Wieder seufzte ihr Vorgesetzter tief, als er sich offensichtlich in den Griff zu bekommen versuchte. »Was du erlebt hast …«, setzte Frank versöhnlich an, doch Cathrynn schnitt ihm mit einem weiteren harschen Lachen das Wort ab.
»Wage es dich nicht, Mom ins Spiel zu bringen«, warnte sie ihn, blanker Hass hatte in ihren Eingeweiden zu wüten begonnen. »Ich hatte einen Platz in der ersten Reihe, als Serpentine sie getötet hat«, erinnerte sie ihn an die Fakten, bevor ihr Blick verächtlich über ihn glitt. »Im Gegensatz zu dir.«
Sie sah, dass Frank bei ihren Worten erbleichte, bevor Anzeichen von Schmerz über seine Züge huschten. Cathrynn wusste, dass sie dieses Duell gewonnen hatte, wenngleich sich die übliche Befriedigung nicht einzustellen begann. Etwas tief in ihr, beharrte darauf, dass sie hier viel zu weit gegangen war. »Sage mir, Cathrynn, woher nimmst du das Recht über mich zu richten?«, fragte Frank in resignierendem Tonfall, winkte dann jedoch genervt ab. Offensichtlich wusste er auch, dass es nichts brachte, das Thema weiter zu forcieren. »Dann erzähl mir mal, was du von Winfield erfahren hast«, forderte er sie auf. »Bevor du heute gar nicht mehr zu deiner Feier kommst und Montgomery uns beide dafür umbringt.«
Cathrynn schloss die Augen und atmete einige Male tief durch, um sich zu fassen, sie war noch immer schockiert von dem Schmerz, den sie in seinen Augen gesehen hatte, dann begann sie ruhig ihr kurzes Gespräch mit Winfield zusammenzufassen.
*
»Lass gut sein, Vince. Ich setze die nächsten zehn Runden aus«, winkte Dustin angeekelt ab, als Montgomery zu seinem dritten Bier nun auch den sechsten Whiskey vor ihm abstellte.
Der massige Agent blickte erst ihn und dann Nathan fassungslos an.
»Die heutige Jugend ist verweichlicht«, betonte Nathan grinsend, als er über den Tisch langte und Dustins Whiskey in einem Zug leerte, bevor er Montgomery, mit seinem eigenen Glas, zuprostete.
»Langsam kriege ich Angst, wenn ich mir vorstelle, dass das hier die Zukunft der Hunter ist«, bestätigte der Ex-Ranger kopfschüttelnd.
»Zumindest wird diese Zukunft nicht frühzeitig an Leberzirrhose sterben«, konterte Dustin genervt und wunderte sich über den harschen Tonfall, den er dabei anschlug. Normalerweise störte es ihn nicht wesentlich, dass seine Kollegen ihn als das Nesthäkchen behandelten, das er, mit eineinhalb Jahren Altersunterschied zu Cathrynn, tatsächlich war. Heute regte es ihn allerdings auf.
»Stimmt«, bestätigte Gray trocken, »sie wird sich vorher schon zu Tode gelangweilt haben.« Der in die Jahre gekommene Hippie prostete seinen Kollegen grinsend zu.
»Darauf trinke ich«, stimmte Mike Beckett lachend zu, bevor er den doppelten Whiskey vor sich, ebenfalls in einem Zug, leerte.
Augenrollend beobachtete Dustin seine Kollegen, als er noch zu ergründen versuchte, warum er plötzlich derart übellaunig war. Es gab keinen Grund dafür. Der Einsatz war gut verlaufen und normalerweise hatte er Spaß an den viel zu seltenen gemeinsamen Abenden mit seinen Kollegen. Versonnen glitt sein Blick über die Männer, die mit ihm hier in der Bar waren, als er sich an die ersten Tage in der Spezialeinheit erinnerte. Wie falsch sein Bild der Hunter gewesen war, als er erwartet hatte es mit einer Gruppe von aufs Äußerste gedrillter und exzellent ausgebildeter Special Forces zu tun zu bekommen, dachte er amüsiert. Niemand hatte ihn darauf vorbereitet, dass es innerhalb der Einheit auch ganz andere Männer gab. Männer, die ganz und gar nicht dem Bild eines CIA-Agenten entsprachen und die auch nie die Ausbildung auf Farm oder ein anderes Agenten-Training absolviert hatten.
Er blickte kurz zu Justin Gray, der vor seiner Rekrutierung für die Einheit der Führer einer militanten Hippiekommune gewesen war, nachdem er aus dem College geworfen worden war. Seine Augen wanderten zu Mike Beckett, der gerade über einen schlüpfrigen Witz lachte, den Montgomery erzählt hatte. Der braunhaarige Lockenschopf hatte ihm irgendwann einmal erzählt, dass der vorherige Direktor der Hunter , Joe Gonzales, ihn direkt aus der Untersuchungshaft geholt hatte, in der er auf seinen fünfzehnten Prozess wegen schwerer Körperverletzung gewartet hatte und Martin McDermott, ihr mehr als begnadeter Scharfschütze, der außerhalb der Einsätze mit einer Schüchternheit glänzte, die erstaunlich war, war vor seiner Rekrutierung Automechaniker gewesen.
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