Katie Jackson . Er schüttelte den Kopf, als er sich im Geist korrigierte.
Cathrynn Rayven . Sie hatte, aus für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen, Celines Mädchennamen angenommen und er hatte in den letzten beiden Jahren oft von ihr gehört. Interessiert hatte er die Berichte über die Hetzjagd verfolgt, die die Geheimdienste auf sie veranstaltet hatten, als Joe Gonzales dafür Sorge getragen hatte, dass sie ins Fadenkreuz geriet. Sie hatte eine ganze Nation in Angst und Schrecken versetzt, als sie eine nicht zu verachtende Blutspur hinter sich durchs Land gezogen hatte, um ihre Unschuld zu beweisen und dabei einige der mächtigsten Männer der Vereinigten Staaten das Fürchten gelehrt hatte, als sie fast eines der Schwarzen Projekte hatte auffliegen lassen. Weiter erinnerte er sich daran, in einem Gespräch mit Edward Koczinski, dessen rechte Hand er in Frankreich gewesen war, aufgeschnappt zu haben, dass Genesis die schwarzhaarige Hunterin zu rekrutieren gedachte, doch offensichtlich hatte Gonzales bei der Ausführung dieser Pläne versagt und war schließlich durch ihre Hand gestorben.
Er fuhr überrascht zusammen, als auf der anderen Straßenseite ein Verandalicht aufflammte und blickte kurz hinüber. Frank hatte ihr die Tür geöffnet und sie trat ein.
Andere Erinnerungen drängten in Jasons Geist, als er an die letzte Begegnung mit ihr dachte. Sie war gerade fünf Jahre alt gewesen und er fast elf. Er musste kurz grinsen, als er an das kleine Mädchen dachte, das sie damals gewesen war, und daran, dass er, so uncool das sicherlich für einen fast Elfjährigen gewesen sein mochte, schon damals einen Narren an ihr gefressen hatte. Er hatte sich jederzeit mit Freuden dazu bereit erklärt, auf die Tochter seiner Nachbarn aufzupassen und er war dementsprechend eine Weile untröstlich darüber gewesen, dass sie und ihre Familie überraschend aus Virginia weggezogen waren.
Jason erschrak, als sich das Kribbeln in seinem Nacken meldete und ihm versicherte, dass Gefahr drohte. Er blickte kurz zu Franks Haus hinüber und fuhr zusammen, als er sah, dass sich eine der Gardinen gerade ganz leicht bewegt hatte.
Schnell startete er den Motor seines Mustangs und lenkte den Wagen zurück auf die Straße, um, so schnell er konnte, das Weite zu suchen. Frank durfte ihn auf keinen Fall erkennen, dann wäre alles, was er bis jetzt getan hatte, umsonst gewesen und er hätte die von ihm geforderten Opfer der letzten zehn Jahre, vollkommen umsonst erbracht.
Mit einem Anflug von Bedauern dachte er noch einmal an Cathrynn, als ihm bewusst wurde, dass er in diesem Moment bereitwillig seine Seele dafür verkauft hätte, herauszufinden, wie es ihr ergangen und zu was für einem Menschen sie geworden war.
Während er den Mustang zurück in Richtung Stadtzentrum lenkte, griff er zu seinem Handy und wählte aus dem Kopf eine Nummer. Es klingelte fünfmal, bis am anderen Ende abgehoben wurde. »Hill?«, meldete sich eine emotionslose Stimme knapp und Jason verdrehte die Augen. Auch nach all den Jahren, die er nun mit diesem Mann zusammenarbeitete, nervte ihn seine kurzangebundene, humorlose Art.
»Marcus, ich brauche, so schnell wie möglich, alle Informationen, die wir über Cathrynn Rayven zur Verfügung haben«, erklärte er dem Mann am anderen Ende der Leitung. »Ich befürchte, wir werden es hier mit ihr zu tun bekommen.« Er war nicht glücklich darüber, diese Meldung machen zu müssen, er konnte sich lebhaft vorstellen, was er damit ins Rollen brachte, dennoch er musste, ob er wollte oder nicht, den Verdacht weitergeben, dass sie möglicherweise Probleme machen würde.
In seinem Ohr ertönte ein freudloses Lachen. » Scheiße «, knurrte Hill, »das hat uns gerade noch gefehlt.« Er hörte das tiefe Seufzen des Mannes, als er die Vororte endgültig hinter sich ließ. »Also schön«, fuhr Hill, nach einer angespannten Pause, zu sprechen fort. »Triff mich in einer halben Stunde an gewohnter Stelle«, wies er Jason an. »Ich werde in der Zeit Prescott informieren.«
Jason schluckte. Er musste kein Hellseher sein, um zu wissen, dass Prescott bei der Nachricht, dass Cathrynn Rayven ihm möglicherweise erneut bei seinen Plänen in die Quere kommen würde, ausrasten würde. Schnell bestätigte er Hills Anweisung und beendete das Gespräch, bevor er den Mustang wendete, um zum Treffpunkt mit seinem Verbindungsagenten zu fahren.
Kapitel 5
»Danke«, mit einem noch immer angespannten Lächeln nahm Cathrynn die Bierflasche entgegen, die Frank ihr reichte, während sie sich kurz in seinem Wohnzimmer umsah. Sie wollte jetzt gerade nicht in seine Augen blicken, die sicherlich auf ihr klebten. Sie musste zuerst noch die jüngsten Ereignisse verdauen. Offensichtlich war ihr jemand, von ihrem Treffen mit Winfield aus bis zu Franks Haus, gefolgt. Zumindest legte der rasante Aufbruch des Mustangs, auf der anderen Straßenseite, diese Vermutung nahe. Sie konnte für einen Moment immer noch nicht glauben, dass sie ihren Verfolger den ganzen Weg über, bei schwachem Verkehr, nicht bemerkt hatte.
»Eins steht schon einmal fest, das war kein Deceit- Ermittler«, murmelte Frank, als er wieder durch die Gardine spähte, wenngleich Cathrynn bezweifelte, dass dort draußen noch etwas, oder besser gesagt jemand, war. Langsam wandte er sich zu ihr um, als er die SIG Sauer wieder sicherte. »Erklärst du mir, wie dir nicht auffallen konnte, dass du verfolgt wirst?«
Cathrynn spürte beginnenden Ärger bei Franks Frage. Natürlich verlangte er mal wieder zielsicher eine Erklärung für die Dinge, für die sie eben keine hatte. Das hatte sie schon immer rasend gemacht, denn damit trieb er sie jedes Mal ganz bewusst in die Rechtfertigungsposition. »Frag mich lieber, was mein Gespräch mit Winfield ergeben hat«, knurrte sie mürrisch.
»Dazu kommen wir noch«, versetzte Frank trocken, als er sich ihr gegenüber in den Sessel setzte.
»Denkst du nicht, dass wir Wichtigeres zu besprechen haben?«, fuhr sie ihren Vorgesetzten an, als sie sich von der Couch erhob.
Frank beobachtete sie mit unbewegter Miene, bevor sein Blick belustigt zur Uhr an seinem Handgelenk glitt. Natürlich verstand Cathrynn, was er damit zu sagen beabsichtigte. Für ihre Verhältnisse hatte es heute Abend, dank des überraschenden Verfolgers, erstaunlich lange gedauert, bis sie ihm an die Kehle ging. »Ja, Herrgott noch mal, ich habe einen verfickten Anfängerfehler gemacht!«
»Ich schlage vor, du sagst jetzt noch schnell ‚ Bastard‘ , ‚ Pisser‘ und ‚ Hurensohn‘ zu mir und dann regst du dich wieder ab«, kommentierte Frank ihren beginnenden Wutanfall ruhig, bevor er einen Schluck aus der Bierflasche nahm.
»Spar dir deine beschissene Herablassung, Jackson«, bellte sie harsch. Franks demonstrative Gelassenheit, machte sie noch rasender.
Sie sah Frank in einer entwaffnenden Geste die Hände heben. »Also, dann erzähle mir von deinem Gespräch mit Winfield«, bat er sie, nach wie vor, vollkommen unbeeindruckt von ihrer sich stetig steigernden Wut.
Cathrynn stieß ein fassungsloses Prusten aus, als sie ihren Vorgesetzten mit Blicken erdolchte. »Wage es nicht, jetzt das Thema zu wechseln, nachdem du mich wieder bewusst in die Ecke getrieben hast«, blaffte sie ihn an.
»Eigenartig, ich hatte angenommen, dass du vorbeigekommen bist, um darüber mit mir zu sprechen«, erinnerte Frank sie trocken, erste Spuren von Sarkasmus zeichneten sich in seiner Stimme ab. Sie hörte ihn tief seufzen, als er ihren Blick suchte. »Cathrynn, können wir nicht wenigstens einmal die Eskalation überspringen? Mir steht heute wirklich nicht der Sinn danach, mit dir zu streiten«, bat er, doch seine Worte waren der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, als Cathrynn endgültig explodierte.
Читать дальше