Ein Teil der Gäste verzog die Augenbrauen, wie wenn der Geruch von scharfem Meerrettich ihnen in die Nase gestiegen wäre, denn die Worte: „Wille, Befehl, Zarin“ empören das Gemüt des freien Sohnes der Steppe. Andere sahen mit verachtendem, spöttischem Blick auf jenen ihnen so ohne Weiteres zugesandten Watazka, dem es ihrer Ansicht nach weit besser passen würde, am Spinnrad zu sitzen, als Kosaken-Pulke in die Schlacht zu führen. Andere dagegen – und unter ihnen Sawatchka, ein korpulenter Bürger von Kaniw – die sich mit Met und Branntwein die Augen schon tüchtig begossen hatten, hörten nach der Erwähnung der geweihten Messer nicht mehr auf den Schluss der Rede des Protopopen, sondern schrien aus voller Kehle: „Nieder mit den Juden und Ljachen!“
Der Blahoczynny beobachtete mit dem Auge eines Fuchses die geringste Bewegung des Asawula des serykowskischen Kuren, und als er gewahrte, dass ihm das Blut unter der Haut kochte, wie siedendes Wasser, und da er überzeugt war, seine Rede könne mehr als einen verbrühen, mehr als einen von der Sache abwegig machen, fing er an, um den Lärm zu beschwichtigen, der schon zu gären begann, und zugleich, um sich vor den Andern das Wort zu sichern, auf so schleppend–langsame Weise zu reden, dass seine Worte eines vom andern eine Werst entfernt zu sein und nur durch den Ton der Stimme untereinander zusammenzuhängen schienen.
„Brüder! Lasset uns die Worte des ehrwürdigen Protopopen nicht zum schlimmen kehren. Allzu großer Feuereifer für den Glauben, Freiheit und das Glück der Ukraine hat vielleicht Worte auf seine Zunge gelegt, die euren Ohren nicht lieblich klangen. Glaubet ja nicht, dass er unter dem »Willen der Kaiserin« die Notwendigkeit verstand, sich ihren Befehlen zu unterwerfen, oder dass Moskau die Absicht habe, uns zu unterjochen. Nein, sondern es ist vielmehr so zu verstehen, dass die großmütige Herrin, die mit so viel Weisheit und Gerechtigkeit über ihr Volk herrscht, den unerschütterlichen Willen hat, uns die Bruderhand zu reichen, zur Abwerfung des drückenden Joches der Ljachen. Es ist ihr Wille, dass wir uns mit unseren Glaubensgenossen verbinden, und miteinander den Hochmut des römischen Lügenpapstes züchtigen, miteinander den Unrat der Juden ausrotten, die unsere Brüder, gleich Heuschrecken, benagen, betrügerisch ihnen den letzten Groschen auspressen, und bei ihren Talmudfesten das Blut von Christenkindern trinken, das sie in ihre verfluchten Osterfladen mischen.“
Hier erschallte von der größeren Hälfte der Gäste der Ruf: „Nieder mit den Ljachen und Juden!“ während volle Gläser Branntwein in gewaltigen Zügen hinuntergestürzt wurden. Der Blahoczynny fuhr fort: „Ich gebe euch die Versicherung, niemand denkt daran, uns unsere Freiheit zu nehmen. Die Zarin ist fest davon überzeugt, dass wir nur dann ein Achtung gebietendes Volk werden können, wenn wir frei und unabhängig sind. Sie will, dass wir die Ljachen in unserem Lande ausrotten, gegen ihren Übermut ein Damm werden, und eben dadurch auch die Herrschaft der Zarin sichern gegen das Eindringen jener Unordnung, die in Polen herrscht. Bei dem Worte »Befehl« dürft ihr euch nicht denken, man wolle Euch Befehle geben; mit welchem Rechte könnte man euch diese aufnötigen? Welche Mittel sollte die Zarin ergreifen, um solche Pläne durchzusetzen? Es wäre unüberlegt, so zu reden, und noch unüberlegter, zu glauben, dass dies je wirklich eintreten könne. Ich will euch die ganze Sache mit wenigen Worten ins rechte Licht setzen: Sehet, dieser edle Sprössling eines und desselben Stammes mit uns,“ – hier deutete er auf Tamara – „der am Hofe der Zarin erzogen, zur Übung in der Kriegskunst von ihr in fremde Länder gesandt und wie ihr eigenes Kind bei ihr gehalten wurde, hat von seiner Wohltäterin den Befehl erhalten, in unsere Mitte zu eilen und gemeinschaftlich mit uns gegen unsere Feinde zu kämpfen. An uns ist es jetzt, seine Fähigkeiten anzuerkennen und ihm den Oberbefehl anzuvertrauen. Die Zarin befiehlt keineswegs, sondern es wäre ihr nur angenehm zu sehen, dass ihr Zögling seinen Waffenbrüdern sich nützlich erweist; und ich sehe keinen Grund, warum wir ihr das nicht zu Gefallen tun sollten. Die Nichtverzeichneten haben unter dem Joch der Ljachischen Dienstbarkeit selbst die Kriegskunst vergessen. Die Verzeichneten dienen der Zarin an fernen Grenzen. Von den Saporogern aber sind die Einen in ihrer Freundschaft mit den Ljachen, wie in einer Todsünde, verstockt, die Anderen schauen mit Missvergnügen auf unseren Bund mit den Moskowitern, unsern Helfern und Erlösern. sie wollen lieber den Hund von Türken, oder den Räuber von Tataren, als ihren Bruder anerkennen. Einige wenige sind sogar ganz gleichgültig.“
Als er die von Trunk erglühten Gesichter gewahrte, nahm er das für die Wirkung des Zaubers seiner Beredsamkeit, was doch nur das Werk des Branntweins war. Er blickte nach dem Asawula und sein Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, ähnlich dem teuflischen Lächeln eines falschen Zeugen, durch dessen Zeugnis die Tugend verurteilt wird und das Verbrechen frei ausgeht. Der Dudar verstand diese Herausforderung, schlug mit der Faust auf den Tisch, dass Gläser und Schüsseln in die Höhe sprangen und erklirrten, wie Fensterscheiben in einem Hause, in welches der Blitz eingeschlagen hat.
„Schweig, abscheuliche Natter!“ rief er, „Hund mit der glatten Zunge! Willst Du ein Halsband, so hebe deinen Hals hin; warum auch noch Andere mitziehen? Die Juden zwar sind meine geringste Sorge, meinetwegen haut sie in Stücke bis auf die Wurzel, dass auch nicht ein einziger zur Aussaat übrig bleibe, der Schade wird so groß nicht sein. Aber die Ljachen? Lehrt dich dein Glaube und dein Stand, den Bruder gegen den Bruder zu blutigem Kampfe aufzureizen? Du willst das Wasser recht trübe machen, und der Zarin dadurch Gelegenheit geben, uns alle in ihrem Netze zu fangen. Aber ihr, meine Brüder, werdet ihr in die Wahl der Elster willigen, dass sie den Adler zum Kampfe führe? Werdet ihr blutigen Streit beginnen mit den Eurigen, damit euch nachher der Fremdling mit Ruten streiche?“
Umsonst redete er; umsonst brausten seine Worte voll Kraft und Zorn heraus, wie das Wasser dahin braust, wenn es die Schleusen weggerissen hat; der betrunkene Kosakenhaufen lallte nur mit den Zungen, taumelte umher, und ihre Hände, die sie zu regieren nicht mehr im Stande waren, tappten in der Irre und konnten den Griff des Säbels nicht finden. Der Protopop fasste ein Messer und schleuderte es nach dem Dudar, aber es flog an seinem Ohre vorbei und fuhr in die Erde. Tamara hatte sich unter einem Tisch versteckt und zitterte vor Schrecken wie Espenlaub, der Asawula nahm die Nahajka in die Hand und drohte dem Protopopen.
„Höre, Hochwürdiger! Nicht mit dem Säbel, sondern mit diesem Kantschu sollte ich dir eigentlich den Rücken tüchtig gerben, damit du auch etwas hättest, wodurch du vor der Zarin deine Treue dartun könntest, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ – und nun wandte er sich zu Holowaty. Der Alte stand wie ein Wegweiser mit ausgestrecktem Arm da, gerüstet, sowohl eine gewaltsame Tat seines alten Freundes zu verhindern, als ihn gegen fremde Angriffe zu schützen.
„Lebe wohl, Gevatter Holowaty, in Kurzem werde ich dir diese Ratten aus deiner Mühle hinaus räuchern; behalte sie nur bei dir und ehe das dritte Morgenrot am Himmel erscheint, will ich ihnen hier ein Fest geben, an das sie denken sollen.“ Schnell machte er sich aus dem Garten über den Hof davon.
Der Protopop schrie: „Macht ihn nieder, schlagt ihn tot, den Ljachen!“ und der Schaum trat ihm vor den Mund. Er spuckte häufig aus, denn der Branntwein gärte und glühte in ihm. Viele Kosaken sprangen aus dem Grase auf und stürzten, in lauter Schlangenlinien zur Rechten und zur Linken, teils nach dem Zaune, teils nach dem Tore hin, das sie aber nicht öffnen konnten, da Holowaty die Vorrichtung zum Schließen des Tores zugezogen hatte.
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