1. Akt:
Der Köder
von
Michael Nolden
Roman
Titelbild
Titel MONO 1. Akt: Der Köder von Michael Nolden Roman
Danksagung Danksagung Für meine Frau
Vorwort von Frederike Swardson Vorwort von Frederike Swardson »Monotheismus ist keine Erfindung des Judentums, der christlichen noch der islamischen Strömungen innerhalb der Weltreligionen. Bereits lange vorher hatte der ägyptische Pharao Amenhotep IV. Gott Aton, den er mit der Sonne gleichsetzte, über alle anderen Götter Ägyptens erhoben. Amenhotep IV. regierte ungefähr 1350-1330 vor Christus. Über die genauen Jahreszahlen ist sich die Forschung nicht einig. [seufzt] Einerlei! Die Bevorzugung Atons war nicht nur ein Affront gegen die bisherigen religiösen Ausprägungen, sondern auch gegen eine politisch starke Priesterkaste. Der Pharao ging unter seinem viel bekannteren Namen Echnaton in die Geschichte ein. Echn-Aton – eine Wortschöpfung in Verbindung mit dem favorisierten Kult. Echnaton verfestigte die göttliche Vorherrschaft sozusagen in Stein ... – Ach, Schei- Ich meine – so interessiert schaut ihr nicht aus! Ich formulier's anders. Von einem Tag auf den anderen hatten andere Götter als Aton in Ägypten nichts mehr zu melden. Sie waren nicht verboten oder so, aber waren faktisch bedeutungslos. – [leise] Kacke! – Entschuldigung. – Das Ende Echnatons besiegelte diesen religiösen Vorstoß, der im Fachjargon Henotheismus heißt und die Vorstufe zum Monotheismus bildet. Konstantin der Große, römischer Kaiser, hat, um das Thema zu vertiefen ... – Hallo?! – Hört ihr – Also, ich hab's versucht! [genervt] Kann ich Ihnen mein Referat so abgeben?« Frederike Swardson, Internetvideo, Schulreferat zum Thema Monotheismus, die drei großen Weltreligionen, Mai 2015 German International School, Mumbai, Indien
Prolog: Tonios Abschied
Kapitel 1: Ein Schlag ins Gesicht
Kapitel 2: Die Pute ist schuld
Kapitel 3: Das Tor zum Ich
Kapitel 4: Es muss nur laut genug sein
Kapitel 5: Der schlafende Naphil
Kapitel 6: The Bogey oder Der Schwarze Mann
Kapitel 7: Valentinstag
Kapitel 8: Nadelfeine Blutspritzer
Kapitel 9: Vater-Tochter-Gespräch
Kapitel 10: Die Jakobine Klemmbeck
Kapitel 11: Schwarz vor Augen
Rechtliche Hinweise
Impressum neobooks
Für meine Frau
Vorwort von Frederike Swardson
»Monotheismus ist keine Erfindung des Judentums, der christlichen noch der islamischen Strömungen innerhalb der Weltreligionen. Bereits lange vorher hatte der ägyptische Pharao Amenhotep IV. Gott Aton, den er mit der Sonne gleichsetzte, über alle anderen Götter Ägyptens erhoben. Amenhotep IV. regierte ungefähr 1350-1330 vor Christus. Über die genauen Jahreszahlen ist sich die Forschung nicht einig. [seufzt] Einerlei! Die Bevorzugung Atons war nicht nur ein Affront gegen die bisherigen religiösen Ausprägungen, sondern auch gegen eine politisch starke Priesterkaste. Der Pharao ging unter seinem viel bekannteren Namen Echnaton in die Geschichte ein. Echn-Aton – eine Wortschöpfung in Verbindung mit dem favorisierten Kult. Echnaton verfestigte die göttliche Vorherrschaft sozusagen in Stein ... – Ach, Schei- Ich meine – so interessiert schaut ihr nicht aus! Ich formulier's anders. Von einem Tag auf den anderen hatten andere Götter als Aton in Ägypten nichts mehr zu melden. Sie waren nicht verboten oder so, aber waren faktisch bedeutungslos. – [leise] Kacke! – Entschuldigung. – Das Ende Echnatons besiegelte diesen religiösen Vorstoß, der im Fachjargon Henotheismus heißt und die Vorstufe zum Monotheismus bildet. Konstantin der Große, römischer Kaiser, hat, um das Thema zu vertiefen ... – Hallo?! – Hört ihr – Also, ich hab's versucht! [genervt] Kann ich Ihnen mein Referat so abgeben?«
Frederike Swardson, Internetvideo, Schulreferat zum Thema Monotheismus, die drei großen Weltreligionen, Mai 2015
German International School, Mumbai, Indien
Mai 2027: Tonio Atlas' letzter Arbeitstag
Kleinschwetzingen, Baden-Württemberg, Bundesrepublik Deutschland
Es war ein Montag.
Neben einer ungewöhnlichen sommerlichen Wärme hing der beißende Rauch verwehenden Tränengases über den Dächern der Gießerei.
Ein dumpfes Ploppen begleitete die Treffer nicht tödlicher Geschosse. Ihr unnatürlich klingender Aufprall geriet zeitweilig lauter als die heranrollenden Lastkraftwagen. Die antiquierten und vor kurzem reaktivierten Dieselmotoren röhrten martialisch gegen den übrigen Lärm an. Jede Bodenwelle versetzte die metallene Fracht auf den Kipplastern in elendig lautes Gepolter.
Keiner der Demonstranten hatte etwas aufzubieten, das die vierachsigen Ungetüme stoppen konnte – nicht einmal sich selbst in Form lebender Barrikaden, wie es andernorts tatsächlich versucht worden war. Die protestierenden Menschenansammlungen skandierten ihre vorbereiteten Rufe, hielten Transparente in die Kameras der angereisten Nachrichtenagenturen, stellten sich provokativ unbewaffnet gegen die Reihen der ganz in schwarz gekleideten Polizeikräfte und spuckten, wo sich jemand ganz besonders mutig oder empört fühlte, gegen die Beamten aus.
Aus den Fahrerhäusern der schweren Transportfahrzeuge winkten die Soldaten von der vor zwei Jahren neu aufgestellten Reservistenarmee bei der Einfahrt auf das Werksgelände der Gießerei den Polizisten zu. Von dieser erzwungenen Reibungslosigkeit an der Hauptzufahrt war am Nebeneingang, dem Tor für die Angestellten, nichts zu spüren.
Tonio Atlas hielt seinen Firmenausweis in die Höhe und huschte am Kordon der Polizisten vorbei. Steine flogen. Bislang wurden sie von den Protestlern lediglich vom Straßenrand aufgelesen. Etwas knallte. Die angetretene Hundertschaft hielt eine gewalttätige Gruppe der Demonstranten vom Näherkommen ab. Sie schossen Gummischrot in die Menge. Tonio Atlas spürte einen Luftzug an seinen Ohren. Unangenehm nah sausten die kleinen Projektile an seinem Kopf vorbei. Die grob streuende Munition streifte auch den einen oder anderen Mitarbeiter des Werks, ehe dieser in die Sicherheitszone rund um das Metalltor am Zaun gelangt war. Der hoch und athletisch gewachsene Gießer Atlas rieb sich die Augen. Auf einem Acker feuerten die Einsatzkräfte gegen eine noch massiver anrückende Menschenmenge Tränengasgranaten in die Luft. Eine Windböe trieb den Reizstoff großzügig den zur Arbeit rennenden Angestellten hinterher. Obwohl bereits in der Luft sehr verdünnt, genügte das Kampfmittel, um Tonio Atlas' Augen wie bei einer Heuschnupfenattacke auf das Äußerste zu reizen. Derart zum Weinen animiert, betrat Atlas kurz darauf das Personalbüro.
»Tränen zum Abschied?! Tonio!« Klara Keutner stand von ihrem Schreibtisch auf. Die Papiere zu Atlas' Kündigung hatte sie flink bei der Hand.
»Frau Keutner«, sagte Tonio Atlas zur Begrüßung und schickte den beiden Worten ein vom Gas provoziertes Niesen unbeabsichtigt hinterher. Ein paar Tröpfchen aus seinen schmalen Nasenflügeln landeten auf dem modernen Stahltresen, der das Personalbüro in zwei Hälften teilte.
»Klara. Sagen Sie doch Klara. Wir waren doch beim Du.«
»Klara«, meinte Atlas schniefend. Mit der gleichen Geschwindigkeit, mit der sie die offiziellen Dokumente ergriffen hatte, zauberte sie eine Packung Papiertaschentücher hervor und hielt sie ihm in einem angemessen freundlichen Abstand hin. »Danke. Dicke Luft heute morgen.« Atlas schnäuzte sich. Das Kribbeln in der Nase verlor sich kaum, wurde allenfalls durch die ablenkenden Bewegungen im Gesicht für Sekunden erträglicher. »Meine Papiere?«
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