Beispiel 1: Stress im Alltag
Um dich etwas zu entlasten, beschließt du, eine Haushaltshilfe einzustellen. Nun hast du wieder etwas mehr Freiraum …, denkst du. Doch um die Hilfe im Haushalt zu bezahlen, musst du sicherstellen, dass du auch genug Geld verdienst. Bloß keinen Fehler auf der Arbeit machen und immer das Beste geben! Dann stellst du fest, dass die Haushaltshilfe ihre Aufgaben teilweise nicht in deinem Sinne erledigt, Dinge wegräumt, die du genervt suchst oder immer wieder den Kaffee in den oberen, statt den unteren Küchenschrank stellt. Anstatt dich mit Arbeit, deinen Kindern und dem Haushalt gestresst zu fühlen, fühlst du dich nun mit Arbeit, deinen Kindern und einer Haushälterin gestresst. Das ist natürlich nur ein mögliches Szenario. Denkbar sind noch tausend andere.
» Der Punkt ist, dass du deine Ideale von einem blitzsauberen Haus, der perfekten Angestellten und Mutter und nun auch der perfekten Haushälterin beibehältst und dir trotz aller Maßnahmen damit das Leben schwer machst.
Beispiel 2: Ängste und Selbstzweifel
Weil dir der bevorstehende Vortrag so viel Angst macht, fühlst du dich immer unwohler, je näher der Tag rückt. Du hast solche Angst vor dem Scheitern, dass du alles in deiner Macht stehende tun willst, um es zu vermeiden. Du schmiedest den Plan, deinen Vortrag perfekt auswendig zu lernen und nichts dem Zufall zu überlassen. Du übst vor dem Spiegel, lernst jeden Satz und jedes Wort auswendig und prägst dir jede Folie deiner Präsentation genau ein. Du stimmst das Timing perfekt ab und nach etwa 200 Durchgängen kannst du den Vortrag im Schlaf. Perfekt vorbereitet! Denkst du … Bis du auf der Bühne stehst und dich eine unbedeutende Kleinigkeit aus dem Konzept bringt. Du verlierst den Faden und weil dein Alptraum eingetreten ist, fällt es dir auch schwer, den Faden wieder aufzunehmen. Deine Gedanken fahren sich fest: „Ich bin gescheitert – Ich muss weitermachen – Wo war ich nochmal? – Oh nein, sie starren mich alle an – Das ist so peinlich – Wo geht es weiter? – Ich fange an zu schwitzen – Hoffentlich sieht das keiner – Was war der nächste Punkt? – …“ ein Teufelskreis. Und selbst wenn der Vortrag glatt laufen sollte, denkst du, ein auswendig gepaukter und heruntergeratterter Vortrag kommt gut bei deinem Publikum an? Am Ende führt deine Vermeidungstaktik dazu, dass deine Befürchtung eintritt und macht alles noch schlimmer. Wer hat den Samen für dein Scheitern gepflanzt? Du selbst warst es, durch dein Bestreben, ebendieses vermeiden zu wollen.
» Deine Ideale und Erwartungen vom perfekten Vortrag sind bestehen geblieben und haben dich zudem noch zu einer „vermeintlichen Lösung“ verleitet, die dein Scheitern erst verursacht hat.
Was tun viele Menschen instinktiv, wenn sie aus einer gescheiterten Beziehung kommen? Sie flüchten sich in eine neue … Natürlich ist es kein Fehler an sich, eine Beziehung zu führen. Das Problem besteht hier eher darin, dass wir uns dann nicht mit den Ursachen unseres Leids auseinandersetzen. Das Problem und sein Ursprung werden mit in die neue Beziehung genommen und verursachen hier dieselben oder noch schlimmere Probleme:
» Weil du verlassen wurdest und große Angst davor hast, wieder verlassen zu werden, klammerst du.
Du vertraust deinem neuen Partner nicht, kontrollierst sein Handy, willst ihn nicht alleine mit Freunden weggehen lassen und die Beziehung genießen kannst du schon gar nicht, weil du ständig auf der Hut bist. Das schlägt auch deinen neuen Partner mit der Zeit in die Flucht. Die scheinbare Lösung für deinen Schmerz hat ihn noch verschlimmert.
Genau so versuchen wir, unsere Probleme zu lösen: Möglichst schnell und durch äußere Maßnahmen. Doch das macht die Sache nicht besser, sondern meist nur schlimmer. Wir kümmern uns selten um den eigentlichen Kern unseres Problems, sondern wollen immer nur möglichst schnell die Symptome beseitigen. Du kannst dir das etwa wie bei deinem Auto vorstellen:
Was dein Autoradio mit deinen Erwartungen zu tun hat
Stell dir vor, du bist mit deinem Auto unterwegs und plötzlich hörst du ganz leise seltsame Kratzgeräusche aus dem Motorraum. Du denkst dir nichts Besonderes dabei und fährst weiter. Als die Geräusche allmählich lauter werden, suchst du nach einer Lösung nach dem gewohnten Muster: möglichst schnell und durch eine äußere Maßnahme. Dein Blick fällt auf das Radio … Perfekt! Du drehst die Musik lauter und das Geräusch ist weg. Geniale Lösung, oder? So fährst du eine Zeit lang weiter und bist vielleicht sogar noch stolz darauf, dass du dein Problem so schnell und so einfach in den Griff bekommen hast. Doch plötzlich tut es einen Knall und die Kiste bleibt liegen. Jetzt geht nichts mehr, außer dein Radio. Du hast einen Motorschaden, weil du die eigentliche Problemursache ignoriert hast und dich nur um die Symptome gekümmert hast. Verstehst du das Prinzip?
In diesem Beispiel ist es offensichtlich und vielleicht denkst du dir jetzt: „Ist doch klar, dass das Auto kaputtgeht, wenn man den Schaden nicht repariert.“ Aber genauso machen wir das ständig in unserem Leben.
» Wir wollen die Symptome unserer Probleme so schnell wie möglich bekämpfen und loswerden, uns aber nicht mit den eigentlichen Ursachen auseinandersetzen, weil das unangenehm und aufwendig ist.
Wen wundert es da, dass heute so viele Menschen mit Burnout oder einer ausgeprägten Depression im Krankenhaus landen? Solange es geht, machen wir eben das Radio laut und wenn das Auto irgendwann ganz hinüber ist, muss halt ein neues her. Mit dem nötigen Kleingeld lässt sich das in diesem Fall sogar bewerkstelligen, aber einen neuen Körper oder eine neue Psyche kann sich niemand kaufen. Umso wichtiger wäre es hier, die wirklichen Problemursachen anzugehen und nicht bloß immer wieder die Symptome so schnell wie möglich zu bekämpfen. Doch wir tun es immer wieder auf die altbewährte Weise, die sich eigentlich gar nicht bewährt hat. Warum tun wir das? Die treibende Kraft dahinter ist eine Tausende Jahre alte Kraft, die uns Menschen seit Anbeginn unserer Existenz begleitet: die Negativität. Was es mit dieser Kraft auf sich hat und wie sie in uns und unserem Leben wirkt, schauen wir uns im nächsten Kapitel an.
» Solange wir unser Mindset nicht ändern, verschlimmern wir unsere Probleme mit unseren Lösungsansätzen.
Meist erkennen wir nicht die wahren Ursachen unserer Probleme.
Unsere Lösungen richten sich dann nach dem Autoradio-Prinzip: möglichst schnell und einfach.
Damit lösen wir das Problem aber nicht, sondern kehren es nur unter den Teppich.
Oft verschlimmern wir damit sogar noch das eigentliche Problem.
Die treibende Kraft, die uns immer wieder zu diesem Verhalten führt, ist die Negativität.
Womit hast du in der Vergangenheit versucht, die Symptome deines aktuell größten Problems zu bekämpfen und es damit vielleicht sogar verschlimmert?
Warum wir uns selbst sabotieren
„Die einzigen wirklichen Feinde eines Menschen sind seine eigenen negativen Gedanken.“
(Albert Einstein)
Warum können wir oft nicht anders, als unsere Befürchtungen selbst zu bewahrheiten oder unser Problem durch unser Handeln zu verschlimmern? Es scheint doch, als wären wir dazu programmiert, uns selbst zu sabotieren. Irgendwie stimmt das sogar. Die Kraft, die uns zu all dem treibt, ist die Negativität. Sie ist in uns allen angelegt und zwingt uns manchmal geradeso dazu, Dinge zu denken und zu tun, die wir eigentlich besser lassen würden. Die Negativität ist die Energie, die hinter all unserem Festhalten und damit unserem gesamten Leid steckt. Warum? Das zeigt uns wieder das Wasser.
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