Irony war noch lange Zeit wach, weil ihn ein ungutes Gefühl wach hielt. Doch irgendwann gewann die Müdigkeit die Überhand und er schlief ein. Er fand sich erneut als ein gefeierter Dichter am Hof wieder, und alle beteten ihn an. Alles war vergeben und vergessen, der verlorene Sohn zurückgekehrt und der Prinz wollte ihm die höchsten Ehren zukommen lassen. Irony war so erleichtert, dass das alles endlich vorbei war, denn nichts war ihm lieber als die Menschen mit seinem Talent zu erfreuen, sie zum Lachen oder zum Weinen zu bringen, sie nachdenklich oder sorglos werden zu lassen. Jetzt standen ihm wieder alle Tore offen und er musste nur um Vergebung bitten. Vergebung für seine kindische Laune, wegen der er dem Hof den Rücken kehrte, wo man ihn dort doch so liebte. Vergebung für einen Fauxpas, der alle zutiefst getroffen hatte. Vergebung für etwas, was er niemals hätte tun dürfen. Er öffnete den Mund und suchte schon nach dem bestmöglichen Ausdruck, dann hielt er inne. Er erinnerte sich, dass er keine Tat begangen hatte, wegen der er um Vergebung bitten sollte. Er erinnerte sich auch daran, dass der Hof ihm etwas angetan hatte und nicht anders herum. Und er erinnerte sich an ein böses Spiel. Er schüttelte nur wortlos den Kopf und fand sich in einem Kerker wieder, mit herausgeschnittener Zunge und ausgebrannten Augen, seine Arme gefesselt und seine Ohren mit Blei versiegelt. Für immer. Irony schrie, als er erwachte und er war nur selten so froh gewesen, seine eigene Stimme zu hören. Er atmete tief durch.
„Ich habe es doch gleich gesagt“, dachte er sich, „dieser Ort bringt nichts Gutes“. Dann korrigierte er seine Kleidung und ging aus dem Zimmer.
Auch Corry plagte sich die erste Zeit, bevor sie endlich einschlief. In ihrem Traum war sie irgendwo, wo es heiß und stickig war, schwül und klebrig. Ein widerlich süßlicher Geruch hing in der Luft und verklebte nahezu ihre Nase und ihre Lungen, wie es ihr schien. Sie konnte nicht sprechen, weil ihr Mund voll mit einer klebrigen, genauso ekelhaft süßen Masse war, die ihre Zunge und ihre Kiefer zusammenhielt. Sie musste aufpassen, dass sie nichts davon schluckte, sonst könnte sie daran ersticken, dessen war sie sich sicher. Sie war eingesponnen in ein riesiges Spinnennetz, das weiß und glitzernd war, aber das Glitzern war stumpf in dieser Luft. Ihre Augen sahen kaum etwas durch den dicken, rostigen Nebel, der überall um sie herum war. Sie konnte sich kaum bewegen, nur ein schwaches Winden war ihr möglich.
Sie hörte Stimmen um sie herum, Flüstern, Kichern und dergleichen, aber sie verstand kein Wort, nur dass diese Stimmen sich über sie lustig machten und sie verspotteten. Und etwas bewegte sich über ihre nackte Haut, die nicht in die feinen Netze eingesponnen war, etwas glitschiges und ekelhaftes. Manchmal kroch auch etwas vorbei. Manchmal fühlte es sich an, als ob etwas sie ablecken würde und eine Schleimspur hinterließ. Die Übelkeit nahm immer mehr zu und raubte ihr den Atem, das Bewusstsein und den Verstand. Sie wollte nur raus. Aber sie konnte nicht. Zu spät, hörte sie in ihrem Verstand, schon viel zu spät. Du hängst schon im Netz, du weißt es nur nicht. Und dann sah sie noch fünf weitere Kokons, aus einem von ihnen hing ein blaues Bändchen heraus und Corry begann zu schreien und sich von einer Seite zur nächsten zu werfen. Sie erwachte, als sie von der Couch fiel. Sie musste husten. Dann riss sie sich zusammen und verließ den Raum. Die Sonne rötete den Horizont.
Sie trafen sich im Gang des Obergeschosses, alle sahen die anderen und wussten, dass die Nacht für jeden von ihnen schrecklich war. Keiner sprach ein Wort.
„Sie... sie wollen uns aufhalten, denke ich“, flüsterte Corry so leise, dass die anderen ihre Worte fast nicht wahrnehmen konnten.
Irony wirkte sehr düster, als er nickte. Die Schatten um seine Augen schienen heute dunkler zu sein und Corrys Narben stachen noch weißer aus ihrer Haut hervor als sonst. Boo wirkte sehr verängstigt und sehr viel jünger. So hatten ihn Leo, Irony und Corry in seiner ersten Zeit in ihrer Welt erlebt und es machte ihnen auch Angst, ihn wieder so zu sehen. Auch bei Leo hatte sein Traum Spuren hinterlassen. Der große Kerl schien kleiner geworden zu sein und seine Vitalität bemerkte man kaum.
Elaine wusste nicht, wie sie aussah, aber alle andern sahen deutlich Zweifel und Heimweh in ihren Augen. „Ich... ich habe Angst, dass ich nie mehr nach Hause komme.“
Corry ging zu ihr und umarmte sie: „Ich weiß. Ich hatte auch Angst, als ich geträumt habe. Wir werden es schaffen. Das zeigt doch nur, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Sonst würden sie uns machen lassen und sich ins Fäustchen lachen über unsere Blindheit. Wie alle Jahre zuvor. Wir finden Malvina und wir bringen dich wieder heim. Versprochen.“
Elaine war erstaunt Sie hätte nicht erwartet, dass Corry sie trösten würde, diese Frau kam ihr bisher immer so hart und stachelig vor. Sie lächelte: „Danke.“
Die Freunde wechselten Blicke, bestärkten sich mit einem Lächeln und verließen das Haus. Die Sonne lugte über den Horizont und der Tag versprach, richtig heiß zu werden. Sie gingen weiter ihren Weg.
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