Inga Kozuruba
Guten Rutsch, Elaine!
Zweiter Teil der Elaine-Trilogie
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Inga Kozuruba Guten Rutsch, Elaine! Zweiter Teil der Elaine-Trilogie Dieses ebook wurde erstellt bei
Rückkehr in die Hauptstadt
Der Besuch bei Leo
Der neue Boo
Erkenntnisse und Warnungen
Der Berater des Prinzen
Der Verrat des Grenzwächters
Auf der Jagd nach Corry
Die Dinge geraten ins Rollen
Die Jagd nach der Kreatur mit Namen
Sieg und Rückkehr in den Palast
Die Steine fallen
Der Untergang der Hauptstadt
Das Kartenhaus stürzt zusammen
Der Kampf ums Überleben
Suche nach einer Zuflucht
Rettung des Prinzen und Elaines erneute Heimkehr
Epilog: Der Alptraum holt sie ein
Impressum neobooks
Rückkehr in die Hauptstadt
Elaine starrte ungläubig in den Spiegel. Sie war doch eben erst zurückgekommen! War denn nicht alles wieder mehr oder weniger in Ordnung? Malvina grinste sie an und winkte sie näher zu sich. Elaine trat zögernd vor und sah, wie ihr Spiegelbild verschwand und nur das Bild von Malvina blieb. Das Mädchen griff in die Falten ihres Rocks, holte einen Lippenstift hervor, machte ihn auf und begann damit zu schreiben. Elaine sah die spiegelverkehrten Buchstaben und schüttelte nur den Kopf. Malvina sah erst irritiert zu ihr, dann auf die Buchstaben und nickte dann. Sie wischte die Schrift mit einem Taschentuch weg und begann von Neuem. Jetzt konnte Elaine auch lesen, was ihr Gegenüber schrieb.
„Hallo Ellie. Lust auf einen weiteren Abenteuerurlaub?“
Elaine sah Malvina mit einem entnervten Gesichtsausdruck an und schüttelte den Kopf.
Das Mädchen schrieb weiter: „Es wäre aber gut, wenn du kommen würdest. Ein paar Freunde brauchen Hilfe und wir haben hier schon alles versucht. Alles, außer dir.“
Elaine seufzte. Das musste ja so kommen. Doch dass ausgerechnet Malvina diejenige sein würde, die sie um Hilfe bat, das war seltsam. War sie denn nicht mit dafür verantwortlich gewesen, dass Elaine überhaupt in die ganze Sache hineingezogen wurde?
„Aber ich bin doch kaum weg gewesen!“, stieß sie aus.
Malvina seufzte und ein weiterer Satz erschien in einer zartrosa Lippenstiftschrift: „Dafür sind bei uns über zehn Jahre vergangen.“
Jetzt erst fiel Elaine auf, dass Malvina tatsächlich etwas anders aussah. War sie bei ihrer ersten Begegnung trotz der gängigen Meinung kaum noch als eine junge Frau zu bezeichnen, so schien ihre Erscheinung jetzt angemessener dafür zu sein. Zumindest waren nun weibliche Formen unter ihrem blauen Kleid zu erkennen. Abgesehen davon schien sich ihr Kleidungsstil auch geändert zu haben. Sie trug keine Schleifen oder Rüschen mehr. Das Kleid war einfacher und erwachsener, ebenso auch ihre Frisur, bei der die blauen Locken fast frei den Rücken hinunter fielen.
Elaine seufzte: „Ja, aber – aber wenn ich diesmal weggehe, wer kann mir garantieren, dass ich auch nur eine Stunde später oder so hier bin, wie vorhin? Meine Freundin ist vermutlich jetzt schon sauer, weil ich mich verspäte, und ich habe immer noch keine Ausrede. Ich kann ihr wohl kaum sagen, dass ich mal eben in einer Parallelwelt war, oder?“
Malvina seufzte erneut und ein weiterer Satz folgte: „Bitte! Ohne einen Träumer haben wir schlechte Karten. Es haben sich einige Dinge geändert. Ich kann dir momentan nicht sagen was, weil diese Kommunikationsmethode nicht sicher ist. Aber deine Freunde brauchen dringend Hilfe.“
Meinte sie damit Corry und die anderen? Dann war es vielleicht tatsächlich ein Notfall, wenn Leute wie sie Hilfe brauchten. Vor allem, wenn darüber hinaus jemand wie Malvina nicht mehr weiter wusste. Malvina war Elaine nicht besonders hilflos vorgekommen, als sie ihren Verstand durch die Mangel gedreht hatte. Wäre Elaine nicht eine Träumerin, wie Irony sie genannt hatte, dann wären ihre Freunde dank Malvina jetzt entweder tot, oder wahnsinnig oder gebrochen – und sie selbst für den Rest ihres Lebens in einer Anstalt eingesperrt. Und doch stand dieses Mädchen vor ihr, ihr unschuldiges Aussehen eine perfekte Tarnung für die Macht, die sich hinter dem puppenhaften Gesicht verbarg, und versuchte immer noch, sie zu überzeugen. Aber so einfach würde das nicht gehen.
„Also, wie sieht es aus mit der Zeit?“
Malvina zuckte die Schultern: „Ich weiß es nicht. Ich denke, du als Träumer könntest darauf Einfluss haben, auf die Zeit deiner Rückkehr, das hat ja dieses Mal gut geklappt. Vielleicht könntest du sogar den Ort deiner Rückkehr bestimmen. Außerdem müsstest du jetzt sowieso einen anderen Eingang nehmen.“
Elaine stutzte: „Wieso? Was ist mit dem Tornado? Ist der Zug etwa kaputt?“ War es nicht so, dass Corry oder ein anderer ihrer Freunde ihr mal gesagt hatte, dass der eigenwillige Zug namens Tornado nunmehr die einzige Möglichkeit war, zwischen den Welten zu wechseln?
Malvina wirkte etwas zerknirscht: „Es ist so...“, sie hielt beim Schreiben kurz inne, als ob sie nach den richtigen Worten suchen musste, „dass der Tornado auf den Prinzen hört und der Prinz...“
„Er hat diese Aktion nicht genehmigt, richtig?“
Malvina nickte: „So ist es. Der Prinz sieht die Gefahr nicht. Das ist eines unserer Probleme.“
Der Prinz sollte die Gefahr nicht sehen? Aber war er nicht derjenige, der so ziemlich alles wusste? War er nicht derjenige gewesen, der Elaine und ihre Freunde geführt und beschützt hatte, damit sie Cerebro und Malvina das Handwerk legen konnten? Elaine kamen Zweifel auf an dem, was Malvina ihr sagte. „Du willst mich doch nur wieder in Schwierigkeiten bringen, oder?“ Sie sah das Mädchen skeptisch an.
Malvina schüttelte energisch den Kopf: „Nein, das ist nicht meine Absicht. Es kann natürlich passieren, aber eigentlich hoffe ich, dass allein deine Anwesenheit das Problem lösen könnte. Bitte, Ellie.“
Es war eine merkwürdige Situation – so wenig Elaine dem Mädchen traute, so sehr spürte sie auch, dass dieser Hilferuf tatsächlich ernst gemeint war und nicht bloß eine Falle darstellte. Es war seltsam, aber es war offensichtlich wahr.
Elaine seufzte. Sie hatte wieder dieses Gefühl, dass sie nicht einfach untätig bleiben konnte, wenn jemand sie brauchte. Und dieses Gefühl stellte sich nun ganz von alleine ein, ohne dass der Prinz sich in ihren Kopf schlich. Vielleicht würde es diesmal aber wirklich nur eine kurze Geschichte werden? Als Träumer musste sie doch nur daran denken, dass alles gut werden soll. Wenn sie ihre Rückkehr dann auch noch zeitlich so hinbekommen könnte, dass hier keiner etwas merkte, warum nicht? Es schien wirklich keine große Sache zu sein.
„Werde ich etwas brauchen?“
Malvina wirkte sehr erleichtert über diese implizite Zusage. Dann überlegte sie kurz: „Nimm ruhig ein paar Kleinigkeiten mit. Frei nach Gefühl, meine ich. Und vielleicht noch die Sachen, die ... meine Familie dir geschenkt hat.“
Sie meinte also die Murmeln, die Köder, die Feder und das Fotoalbum, die Elaine von den vier als Andenken mitbekam. Das Packen dauerte nicht lange, Elaine musste nur einige Dinge aus dem Rucksack rausholen und einige wieder hineintun. Ihr kamen ganz seltsame Dinge in den Sinn, in der Tat eher die Kleinigkeiten. Aber sie erinnerte sich noch dunkel daran, wie Boo ein Feuer mit der Sprühsahne gelöscht hatte und wie gut und lange die Geldscheine gebrannt hatten, also gab es sicherlich auch irgendwie für den einen oder anderen Gegenstand unerwartete Verwendung. Und wenn sie die Sachen nicht brauchen würde, dann wogen sie zumindest nicht viel. Es war auch gut so, weil sie keine Lust hatte, einen so riesigen Rucksack mit sich zu schleppen, wie Leo damals.
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