Der Mann hielt mit bösem Blick inne. „Na gut“ meinte er dann grinsend. „Mache ich eben das Feuer aus, ist ja gut!“ Er ging zu dem Feuer und trampelte es aus.
Dann kam er wieder zu David. „Aber die Hecke kommt heute doch noch weg, und zwar ganz und es kommt auch keine mehr hin!“ Damit begab er sich wieder an seine Arbeit.
David stand hilflos da. Er begriff, dass er nichts mehr tun konnte und wandte sich ab.
„Ich werde von nun an ein Auge auf dich haben, Bürschchen!“, rief ihm der Nachbar beim Weggehen zu. „Jedes Fehlverhalten von dir werde ich anzeigen. Zum Beispiel eure langen Geburtstagsfeiern im Sommer im Garten. Tja, das war´s dann wohl mit der guten Nachbarschaft.“
David stürmte wütend in sein Zimmer. Es dauerte eine Weile, bis er sich beruhigt hatte. „Ich werde mich weiter für die Umwelt einsetzen“, meinte er zu sich. „Aber vielleicht weniger aufgeregt, ruhiger, sachlicher. Irgendwie habe ich das nicht so gut gemacht!“
6
Bert und seine Jungens standen mit ihren Motorrädern an einer Ampel. Sie hatten beschlossen, den Tag für eine Spritztour zu nutzen. Auf dem Sozius saßen ihr Mädchen, Sina natürlich bei Bert.
„Schalt doch endlich auf Grün, blödes Ding!“, schimpfte Bert laut, da die Ampel schon lange Rot zeigte.
Die Mitglieder der Gang lachten böse auf.
Bert drehte vor Ungeduld am Gas und die anderen taten es ihm gleich. Die Straße war erfüllt vom gellenden Dröhnen der Motoren.
„Muss das sein?“, schrie plötzlich eine Frauenstimme die Gang an, um im Lärm gehört zu werden.
Sina und die anderen fuhren überrascht herum. Sie drehten ihr Gas herunter, um zu hören, was die Frau wollte.
„Geilt euch das Gedröhne auf oder was?“
Bert und die Jungens sahen die Frau mit offenem Mund vor Staunen an. Neben ihnen stand ein Sportcabrio, am Steuer ein unauffälliges Männchen, aber auf dem Beifahrersitz eine aufgedonnerte Schönheit, der man ansah, dass sie auch mit dem Mund zu beeindrucken wusste.
„Was willst du von uns, Alte?“, fragte Bert provozierend.
„Ich will, dass ihr mit dem Gedröhne aufhört, ihr Wichtigtuer!“, keifte sie. „Ich hab keine Lust auf euren Krach und euren Gestank!“
Bert lachte laut auf. „Du riskierst `ne ziemlich große Klappe, Alte!“, begann er. „Aber wenn mir danach ist, dann lass ich meine Maschine dröhnen, wie ich will!“ Damit gab er wieder Gas und die anderen taten es ihm gleich.
Gleich darauf stellten sie die Maschinen wieder leiser, weil sie hören wollten, was ihnen die Frau zurief. „Ihr seid doch nur Wichtigtuer mit eurem Gedröhne!“
„Was du nicht sagst, Alte?“, lachte Bert.
„Ist euch eigentlich klar, dass ihr einen Haufen Abgase produziert!“, rief die Frau entrüstet. „Habt ihr schon mal was vom Klimawandel gehört, wahrscheinlich nicht, ihr Schwachköpfe?“
Ein Raunen ging durch die Reihen der Biker. „He, die Alte beleidigt uns!“, rief einer. Aber alle lachten, weil sie die Frau nicht ernst nahmen.
Die fühlte sich von dem Gelächter noch mehr provoziert. „Ihr seid Lärmer und Stinker. Könnt ihr auch noch was Anderes!“ Sie lehnte sich aus dem Auto und schrie die Biker mit giftigem Blick an.
Ihr Mann zog sie verzweifelt zurück, flehte sie ängstlich an, den Mund zu halten und zerriss bei dem Versuch, sie wieder auf den Sitz zu bringen, den Ärmel ihres Kleides.
Die Biker grölten vor Lachen.
„Lärmer und Stinker, Lärmer und Stinker!“, schrie die Frau immer noch, obwohl sie ihr Mann auf den Sitz drückte.
Bert ließ den Motor aufheulen. „Das ist Freiheit, Alte, Freiheit!“, rief er ihr laut zu und seine Jungens stimmten lauthals ein.
„Freiheit, Freiheit, Freiheit!“, äffte die Frau nach. „Dummheit ist das, einfach nur Dummheit!“ Sie versuchte sich von ihrem Mann loszureißen. „Wenn es euch um Freiheit geht, warum haltet ihr dann an einer roten Ampel an. Fahrt doch einfach weiter!“, lachte nun sie wild auf.
Die Frau wollte noch etwas sagen, aber da schaltete die Ampel um und Bert fuhr mit einem Kickstart los.
„Dumme Tussi!“, schrie ihm Sina von hinten zu.
„Ganz dumme Tussi!“, meinte er.
7
„Ich glaub es nicht!“, rief David verärgert. „Das darf doch nicht wahr sein. Hab ich meine eigene Mutter bei einer Umweltsünde erwischt!“
Frau Köster stand bei den Mülltonnen und drehte sich ebenfalls verärgert zu ihrem Sohn um. „Sag mal, wie redest du eigentlich mit deiner Mutter?“, fuhr sie ihn an.
„Deine Mutter, deine Mutter!“, rief David. „Hier geht es doch nicht darum, dass du meine Mutter bist oder nicht. Hier geht es darum, dass jemand sich falsch verhält und dass dieses falsche Verhalten korrigiert werden muss! Und wenn du deinen Müll nicht trennst, obwohl ich dir für die verschiedenen Müllsorten Behälter besorgt, diese beschriftet und dir eine Einweisung gegeben habe und du dies völlig ignorierst und den Müll einfach in die Restmülltonne schmeißt, dann musst du von mir belehrt werden!“
Frau Köster stand für einen Moment sprachlos da. Dann holte sie tief Luft und hielt David ihrerseits einen Vortrag. „Sag mal, spinnst du komplett!“, begann sie. „Wie redest du denn mit deiner Mutter?“
David war überrascht von der Heftigkeit, mit der sie ihm antwortete. „Ich, ich wollte dich nicht verärgern, ich wollte doch dich doch nur an das richtige Verhalten erinnern!“
„Falsches Verhalten, richtiges Verhalten!“, schrie sie ihn an. „Darum geht es doch gar nicht!“
„Doch darum geht es!“, widersprach er heftig und sie standen sich vor den Mülltonnen wie zwei Kampfhähne gegenüber. „Es geht darum, dass wir alle uns so verhalten, dass wir unsere Umwelt schützen. Und das gilt auch für meine Mutter.“ Er holte Luft. „Ja, es ist doch wohl ein Witz, dass ausgerechnet meine Mutter, der ich täglich von meinem Engagement für die Umwelt berichte und die weiß, dass ich mir einen Studiengang mit dem Thema Umweltschutz ausgesucht habe, dass ausgerechnet meine Mutter sich gedankenlos über alles hinwegsetzt und die Umwelt verschmutzt, weil sie nicht in der Lage ist, ihren Müll zu trennen!“
Frau Köster dachte nicht daran klein beizugeben. „Und ich spreche davon, dass mein Sohn keinen Respekt vor seiner Mutter hat, sie anbrüllt, sie von oben herab behandelt wie ein Schulkind und sie anschreit!“
David zuckte zusammen und begriff, dass er zu weit gegangen war und sich im Ton vergriffen hatte.
Aber die Mutter war noch nicht fertig mit ihm. „Und ich will dir einen Rat geben!“, fuhr sie fort. „Es ist ja toll, dass du dich so engagiert für die Umwelt einsetzt!“, begann sie. „Aber glaubst du wirklich, dass du die Menschen auf deine Seite bekommst und sie für dich gewinnst, wenn du dermaßen oberlehrerhaft, besserwisserisch auftrittst und deine Haltung derart aggressiv vertrittst?“
„Ich, ich …!“, stammelte David. „Es tut mir leid!“
Die Mutter reagierte nicht auf seine Entschuldigung. Sie fuhr unbeirrt fort. „Ich kann dir genau sagen, was passieren wird, wenn du dich weiterhin so großkotzig benimmst. Bestenfalls wird man gegen dich sein und nicht auf dich hören. Und schlimmstenfalls wirst du eine ordentliche Tracht Prügel bekommen!“
David stand mit offenem Mund da und war komplett baff.
Da beruhigte sich die Mutter. Sie sah ihn liebevoll an, musste anfangen zu lachen und strich ihm mit der Hand über die Haare. „Na ja, dann will ich mal meinen Müll trennen!“, meinte sie und holte ihn aus der Resttonne wieder heraus. „Wo du Recht hast, hast du Recht. Wir müssen die Umwelt schützen, weißt du?“
Da mussten sie beide herzhaft lachen und David half seiner Mutter.
8
„Klasse, Bert, du bist toll, du gewinnst, du gewinnst!“, rief Sina begeistert und jubelte Bert zu, der mit seiner Geländemaschine und in Rennfahrermontur an ihr vorbeiraste, dicht gefolgt von einem Feld aus weiteren Fahrern.
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