Frank hatte sein Ass im Ärmel gefunden. Auf dem Heimweg besorgte er spontan einen sechs Monate alten Beagle-Welpen aus dem nächstbesten Hundeheim. Das Tier hatte Papiere, war stubenrein und hatte genau die richtigen Schlappohren, damit sich Ivan sofort in ihn verliebte. Und wenn Ivan den Hund nicht haben wollte, würde er ihn Sophie schenken, dann könnte der Beagle ihr in ihren letzten Tagen Gesellschaft leisten.
Der Beagle, Sophie und Frank machten sich gemeinsam auf den Rückweg nach Shuus.
Frank glaubte, jetzt alle Karten in der Hand zu halten, er musste sie nur noch richtig ausspielen. Und morgen würden sie den Blumenladen eröffnen, ganz egal, wie das Abendessen verlief. Von hier ab kann es nur noch schlechter werden, dachte Frank.
Und damit hatte er recht.
7
Frank und Sophie arbeiteten sich gerade durch den Großmarkt, als Lillian in Shuus erwachte. Die ersten Sonnenstrahlen schienen durch den Rollladen und kündigten den nächsten Tag an. Lillian hatte in den vergangenen Stunden die letzten Kissen aus dem Bett geworfen und lag jetzt alle vieren von sich gestreckt auf dem Bauch. Sie gähnte und schob ihre Bettdecke beiseite.
„Frank?“, sagte sie und hob den Kopf leicht an.
Keiner antwortete.
Stimmt ja, er ist mit Sophie auf dem Großmarkt. Dann hab ich ja heute das Haus für mich alleine. Auch nicht übel.
Sie ließ ihren Kopf zurück auf die Matratze sinken. Was sollte ihre erste Amtshandlung sein, so ganz allein zu Haus?
Lillian lugte über die Bettkante, schnappte sich ein Kissen, legte es ans Kopfende des Betts und sich der Länge nach hin. Als Nächstes strampelte sie ihren Slip von sich und kickte ihn zur Seite.
Erster Punkt auf der Tagesordnung ... Ich.
Langsam fuhr Lillians Hand an ihrem Becken hinab. Sie streichelte ihre Seite nur kurz, denn ihre Hand fand gierig den Weg zwischen ihre Beine. Dort bewegte sie sich auf und ab und begann sanft zu streicheln. Jetzt kam auch ihr Kopf ins Spiel. Vor ihrem inneren Auge erschien ein muskulöser Miles O’Keeffe, gekleidet in nichts als einen Lendenschurz, der sich durch den Dschungel hangelte und sie im Arm hielt. Zwischen ihnen konnte sie spüren, dass Tarzan an ihr Gefallen fand, denn etwas regte sich. Die Hand zwischen ihren Beinen wurde feucht und Lillian griff instinktiv mit der anderen nach ihrer Brust.
Ob Tarzan wohl genauso gut lecken konnte wie Frank?
Ihr war, als konnte sie Franks Zunge an ihren empfindlichsten Stellen spüren. Sie züngelte immer wieder auf und ab und trank Lillians Honig. Der Griff um ihre Brust wurde schlagartig enger. Die kreisenden Bewegungen hörten auf und wurden von einer berauschenden Bewegung abgelöst. Franks Zunge musste sich mit dem begnügen, was sie abbekommen hatte. Ihr Zeige- und Mittelfinger drangen in sie ein und bewegten sich eilig vor und zurück. Lillian entfuhr ein Stöhnen. Sie ließ von ihrer Brust ab. Die Hand wurde an einer anderen Stelle gebraucht und verschwand abwärts, hielt über ihren stoßenden Finger an und begann zu massieren. Lillian bäumte sich auf, wie sie es immer tat, wenn sie kurz vor dem Orgasmus stand. Ihre Hand schnellte empor und quetschte ihre Nippel, sanft genug, um sie mit einem kleinen Zucken ins Ziel zu treiben. Da war sie, die lange herbeigesehnte Ekstase.
Auf dem Laken zwischen ihren Beinen bildete sich ein kleiner, feuchter Fleck. An ihren nassen Schenkeln perlte noch mehr herab und der Fleck wurde größer. Erst jetzt bemerkte Lillian, dass sie beim Erreichen des Höhepunkts die Luft angehalten hatte. Sie atmete tief aus und streckte alle Glieder von sich.
In völliger Entspannung überlegte sie, wie der Tag weiter verlaufen sollte. Die Entscheidung wurde ihr von einem knurrenden Magen abgenommen und sie beschloss, eine Kleinigkeit zu essen. Munter hüpfte sie aus dem Bett, schlüpfte in ihre Lieblings-Jogginghose und eines von Franks T-Shirts (das ihr viel zu groß war), zog den Rollladen nach oben und öffnete das Fenster. In der Einfahrt erkannte sie Karla Putz, die ihre Hunde spazieren führte und zu Lillian aufblickte. Die beiden wünschten sich einen freundlichen, aber belanglosen „Guten Morgen“, wie man es eben zwischen Nachbarn tat, wenn man sich kaum kannte und auch nicht wirklich miteinander zu tun haben wollte. Lillian bemerkte die drei roten Tüten, die Karla mit sich herumtrug, und bildete sich ein, den Inhalt bis hinauf ins Schlafzimmer zu riechen. Schnell verschloss sie das Fenster und ging hinab in die Küche. Ihr Frühstück bestand aus drei Scheiben Wassermelone und einem Pfirsichjoghurt. Als sie den letzten Löffel aus dem Becher kratzte, knurrte ihr Magen. Na gut, dann eben noch etwas Herzhaftes.
Lillian schlurfte zum Küchenschrank, hob die kleinste Pfanne zwischen fünfen hervor und stellte sie auf den Herd. Sie goss etwas Olivenöl hinein und drehte das Gas auf. Binnen Minuten brutzelte es in der Pfanne und die Küche erfüllte sich vom Duft des Frühstücksspecks. Lillian gähnte und hielt sich den Bratwender vor den Mund. Jetzt sollten die Schweinchenstreifen aber fertig sein.
Sie hob den Speck auf einen Teller und stellte die heiße Pfanne in das Spülbecken. Einen Fuß vor den anderen schlurfte sie zurück zum Frühstückstisch und setzte sich. Fast schon gelangweilt knabberte sie an einem der Speckstreifen. Wann Frank wohl zurück sein würde? Hoffentlich hatte er Erfolg mit diesen drei ...
Ein hohes, dünnes Krächzen schreckte sie hoch. Sie spitzte die Ohren und senkte die Gabel. Es klang wie der qualvolle Schrei eines kleinen Lebewesens, dem schreckliche Dinge angetan wurden. Mit einem Mal war Frank aus ihren Gedanken verschwunden und jegliche Gelassenheit war von ihr abgefallen. Langsam drehte Lillian den Kopf zur Seite und erstarrte. Woher kam es? Was war es?
Das Geräusch klang genau wie die Würmer, die vor Spencers Haus Flammen gefangen hatten.
Der Todesschrei wurde immer lauter und die Qualen des kleinen Wurmes hinter ihr schienen bis ins Unermessliche zuzunehmen.
Gleich platzt der Wurm hinter mir. Und dann drehe ich mich um und dieser Unbekannte in Schwarz steht wieder hinter mir.
Es knallte und das Quietschen verstummte. Rums! Lillian fuhr herum. Hinter ihr war niemand. Weder Würmer noch ein Unbekannter in Schwarz.
Lillian atmete auf, doch der Schreck saß ihr in den Knochen. Bisher hatte sie das Erlebnis aus ihren Gedanken verbannt, es einfach zur Seite geschoben. Jetzt war ihr, als wäre es gestern passiert. Der Gestank der verendenden Würmer war wieder da und mit ihm die Erinnerung und dieser merkwürdige Typ in Schwarz. Was hatte er noch zu mir gesagt? Ich sei ein kleiner Sünder und er würde mit mir tanzen? Der Schreck wich einem zunehmenden Gefühl der Angst und Lillian wurde vom Drang überkommen, davonzurennen. Sie wollte weg. Raus aus dem Haus. Im Schlafzimmer zog sie sich rasch um, schnappte sich ihr Smartphone und machte sich auf den Weg.
Die Haustür knallte hinter ihr zu, und in der Küche quietschten die anderen vier Pfannen im Schrank, bis sie endlich ineinander gerutscht waren. Ein Tropfen Wasser fiel aus dem Hahn und verdampfte mit einem zischenden Quietschen auf der letzten heißen Stelle der Pfanne.
Lillian lief die Auffahrt hinunter und bog rechts in einen kleinen Weg ab, der in den angrenzenden Wald führte. Ein gepflegtes Holzschild mit handgeschriebener Gravur brachte sie zum Stehen:
Wald-Stadtpark Shuus. Verwaltung: Glenn Clark
Lillian war sich gar nicht bewusst, dass Shuus einen Park besaß. Nach der kleinen Spazierfahrt bei ihrer Ankunft hatten die beiden nur noch wenig Zeit damit verbracht, die Stadt zu erkunden. Sie pendelten lieber zwischen den Orten hin und her, die sie auf Anhieb gefunden hatten.
Sie ging weiter und betrat den Park. Das Erste, was ihr auffiel, war die Ordnung. Lillian kannte bisher nur den Park vor ihrer alten Wohnung und der war ein reines Durcheinander. Dieser Waldpark hingegen erschien ihr auf Anhieb geradezu paradiesisch. Der Weg war für einen Wald ordentlich und sauber gehalten. Kleine Steine rechts und links grenzten ihn von den Grünflächen ab und rahmten ihn geradezu ein. Mülleimer waren aufgestellt und die erste Bank wartete schon zehn Meter nach dem Parkeingang auf einen Besucher. Lillian nahm die Gelegenheit dankbar an und setzte sich. Langsam sog sie die leckere Waldluft ein, die nach Tannenadeln und Erde duftete. Hier war es friedlich, und das war jetzt genau das, was sie brauchte.
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