Von einem anderen Paar kam dieser Bericht:
Willy berichtete erstaunt, dass er erst im schlanken Körper entdeckt hat, mit welchen yoga-ähnlichen Bewegungen er vorher sein dickes Leben gemeistert hat. Von Hintern-Waschen bis zum Sex waren Verrenkungen nötig, die heute völlig unnötig sind. Bei Willy und seiner Frau Karin hieß der Sex damals Origami: Bauch anheben, Schenkel auffalten, Oberschenkel-Speckpolster nach außen drücken, nebenbei den Schniedel hochziehen – nie den Bauch loslassen! – und alles gemeinsam wieder einfalten.
Ist die Frau übergewichtig, kann sie sich einfach auf den Rücken legen und der schlanke Mann übernimmt die Aktivität. Ja, das kann sehr schön sein. Oder es kann am Selbstbewusstsein kratzen, wenn frau nur „machen lässt“. Leider ist es nämlich so, dass dicke Frauen sich nicht mehr viel bewegen oder umdrehen können, wenn sie in weichen Kissen versinken. Bleibt die Maikäfer-Stellung: Hinlegen und sich beglücken lassen.
Hast du Sex mit einem echten Wonneproppen, kann es sein, dass die Frau aufgeregt hechelt. Das ist nicht immer ein Zeichen von sexueller Erregung, sondern Atemnot. Es geht um den großen Busen. Wenn du dick bist, einen enormen Busen hast und dazu noch ein Doppelkinn, rutscht beim flach-auf-dem-Rücken-liegen das komplette Gewicht Richtung Hals und dein eigener Busen kann dich ersticken. Naja, nicht richtig ersticken, aber eben zum Japsen bringen. Daran erkennt man übrigens den echten Busen. Liegst du flach, liegt er auch. Große Busen, die in der Rückenlage immer noch gen Himmel zeigen, sind silikon-gestützt.
Tagsüber ist allerdings so ein großer Busen ein echter Hingucker: Zieh einen Bügel-BH an, schnall alles nach oben und wow – was für ein Dekolleté! Fett in seiner schönsten Form.
Melanie hatte jahrelang einen Riesenbusen. Jetzt hat sie abgenommen, von BH-Größe 125 G auf 75 A. Sie hat bewiesen, dass ihr enormer Busen leider nur eine große Fettansammlung war. Erstaunlich findet sie, dass sie von Männern weniger „gesehen“ wird als vorher. Ihre schmale Figur ohne Busen ist einfach kein Hingucker mehr.
Andere Baustelle. Auch in den fortgeschrittenen 2020er Jahren ist es nicht unbedingt ein Zeichen von sexueller Freiheit, wenn eine Frau laut ausspricht, was sie sich wünscht. Es kann einfach die Notwendigkeit sein, einen sonst an schlanke Frauen gewohnten Lover über Anatomie aufzuklären: „Nimm mich normal von hinten, sonst ist dein Schwanz zu kurz, du bist frustriert und ich spüre dich gar nicht.“
Hilfreich ist hier Sex im Sessel statt Sex im Bett. Im Sessel kann sich die Frau ans Rückenpolster lehnen und auch mal von der Lehne abstoßen, wenn sie sich bewegen will.
Sind beide dick, gibt es oft das Problem mit dem zu kurzen Schniedel. Zu kurz, weil unter einem dicken Bauch angebracht; humorvoll Cliffhanger genannt. Eine Lösung ist die Hündchenstellung. Die Frau kniet vor dem Bett oder auf dem Teppich und der Mann dringt von hinten ein. Klarer Vorteil: Der dicke Bauch der Frau zeigt nach vorne und ist nicht im Weg, der dicke Bauch des Mannes kann auf dem unteren Rücken und Po der Frau abgelegt werden. So sind beide Genitalzonen nah aneinander und der Spaß kann beginnen. Martin und Petra sind seit Jahren zusammen und wollten oft gemeinsam abnehmen. Geklappt hat es noch nicht. Aber aus einer der Abnehm-Perioden haben sie eine Hantelbank, die heute ihr Sexmöbel ist; Rückenlehne variabel einstellbar und stabil. Wird nach dem Sex noch gekuschelt, ist die Löffelchen-Position einzunehmen. Die Frau sollte vorne liegen. Anders kann es gefährlich werden! Warum? Bei der Stellung Gesicht zu Gesicht breitet sich der große Busen auf der Matratze aus. Kommt es jetzt zu plötzlichen Drehbewegungen des Mannes, kreischt die Frau. Wer einmal miterlebt hat, wie weh es tut, wenn sich jemand auf deiner flach daliegenden Brustwarze mit dem Ellenbogen aufstützt, weiß, wovon ich spreche. Männliche Genital-Verletzungen sind eher selten – dank dem Cliffhanger.

Foto Nr. 6 - Katzen als Schmusepartner sind da ungefährlicher.
Viele Frauen und Männer haben mir gesagt, dass sie keinen Partner suchen, solange sie dick sind. Die Konkurrenz ist zu groß und das eigene Selbstwertgefühl winzig. Du bist nicht attraktiv, wenn du dich nicht selbst magst. Es scheint leichter zu sein, wenn man gemeinsam alt wird. Der Ehemann übersieht die breiter werdenden Hüften seiner besseren Hälfte und die Frau stört sich nicht am Bierbauch und sprießenden Haaren in größer werdenden Ohren.
Für die ganz neugierigen Leser: Alle Sex-Geschichten in diesem Kapitel sind wahr, aber nicht alle selbst erlebt. Da ich versprochen habe, alles nur mit Vornamen zu schildern, haben mir einige dicke Freunde das Einverständnis gegeben, ihre Erlebnisse zu teilen. Meine eigenen dicken Anekdoten erlebte ich vor meiner Ehe, also mit anderen Menschen als meinem Mann. Er ist nicht der zitierte Katholik, der das Licht ausmacht.
Ein Problem habe ich noch nicht erwähnt. Es gibt auch Dicke ohne Sex. Die Konzentration der Sexualhormone im Blut kann so gering sein, dass die Lust auf Sex nicht mehr ans Gehirn gemeldet wird. Am Tiefpunkt ihres Lebens, gerade erst 29 Jahre alt, ging Regina deshalb zum Arzt. Der Mediziner wollte Viagra verschreiben. Geschockt verließ sie die Praxis. An Viagra hatte sie nicht im Entferntesten gedacht. Wo kommt also das so dringend benötigte Wohlgefühl her? Ja. Richtig geraten. Vom Essen. Ein Teufelskreis.
1.5. JETZT REICHT´S! ICH STELLE MICH DER HERAUSFORDERUNG UND WERDE SCHLANK.
Meine langjährige Beziehung war kaputt gegangen. Wir beide hatten uns auseinander gelebt und obwohl es schmerzhaft war, war es – rückwärts betrachtet – die richtige Entscheidung, sich zu trennen. Wir haben das Wunder einer friedlichen Trennung geschafft und standen uns noch viele lange Jahre sehr nah.
Nun war ich alleine und ich bin nicht gerne alleine. Meinen Job hatte ich noch, meine Wohnung und Freunde auch. Aber mir fehlte ein Partner, mir fehlte die Zweisamkeit. Wem sollte ich denn erzählen, was auf der Arbeit los war, wie toll das Buch ist, dass ich gerade lese und wem zeige ich die vielen lustigen Katzenfotos? Instagram gab es noch nicht und Freude ist nur dann schön, wenn sie geteilt wird. Schmerz kann man schon mal alleine aushalten, aber für Freude braucht es ein Gegenüber. Wem gebe ich einen Gute-Nacht-Kuss, wer streichelt mich? Mit wem mache ich nächstes Jahr Urlaub? Wer will mich denn überhaupt, wem war ich noch wichtig? Von einem Tag auf den anderen war ich einsam. Sogar heute, während ich das schreibe, fast 20 Jahre später, fange ich wieder an zu weinen und fühle die Einsamkeit.
Viel mehr als vorher wurde mir in der Situation mein Gewichtsproblem bewusst. Mit einem Schlag war mir klar, dass ich etwas ändern musste.
Ich hatte die Schnauze voll!
Nicht mit Essen – das natürlich auch – nein, ich wollte so nicht mehr leben. Die ersten Tage der Trennung habe ich wie in Trance verbracht. Gegessen, geschlafen, geweint. Irgendwann waren die Schokoladenvorräte aufgegessen und der Kühlschrank leer. Statt einzukaufen, habe ich die Kohlsuppen-Diät ausprobiert. Die machte damals jeder.
Klar ging das nur ein paar Tage gut, aber es war ein Anfang. Zusätzlich hab ich mit dem Joggen begonnen. Low impact. Das ist die nette Umschreibung für 10 Schritte gehen, 10 Schritte langsam joggen. Es war erstaunlich, wie schnell sich meine Kondition erhöhte. In nur einer Woche verlängerte ich meine Strecke um das Doppelte. Klingt klasse, gell?
Es war die Steigerung von 2 Minuten auf 4 Minuten.
Aber nach einem Monat war ich bei 30 Minuten joggen – ohne gehen dazwischen – nur joggen! Ich hatte ein Runners High, ein Hochgefühl, als wenn ich fliegen könnte. Mittlerweile hatte ich darüber gelesen und wusste, dass ich mir das nicht eingebildet habe. Sowas gibt es wirklich und ich wollte mehr davon. Ich wollte mich wieder verlieben und wünschte mir einen Partner an meiner Seite, der mich auf meinem Weg begleiten und bestärken sollte.
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