Fränzi saß auf dem Badewannenrand vor der großen Spiegelfliesenwand, hatte das Badezeug weggelegt und sich den neuen, weißen, flauschigen Bademantel angezogen, den ihr der Vater zu Beginn des Sommers geschenkt hatte. Fränzi hätte lieber den bunten Hänger gehabt, den sich Dörte auch gekauft hatte. Aber der Vater bat darum, den neuen Bademantel für die Tochter kaufen zu dürfen, und kam dann mit diesem 'Schmusepaket' an, wie Dörte und die Mutter es genannt hatten. Dann musste Fränzi für ihn extra eine Vorstellung geben, sich das Haar aufmachen, in Positur stellen, ein wenig Brust, ein wenig Bein, ein wenig Flausch zeigen und der Vater hatte gleich eine ganze Fotoserie gemacht. Das Ergebnis hatte ihn sehr zufriedengestellt.
"Und was machst du mit den Fotos?" hatte Fränzi ihn gefragt.
"Stell ich auf und verkaufe sie", hatte der Vater spaßig geantwortet, "was meinst du wohl, wie scharf manche auf so was sind."
"Und sagst, dass es deine Tochter ist, da drauf?"
Der Vater hatte sie plötzlich lauernd angesehen.
"Kätzchen, das ist doch unwichtig. Wer will das schon wissen."
Fränzi hatte später mal eines der Fotos Dörte und Benjamin gezeigt. Dörte hatte abgewinkt und 'auch bloß'n Spanner' gesagt. Aber Benjamin hatte sich das Foto eingesteckt. "Kann man schon mal zeigen", hatte er feixend gesagt. Fränzi war dann doch ein bisschen stolz auf sich. Aber sie tat, als wäre es ihr egal und das war es ihr im Laufe der Zeit auch geworden.
Bei Ferienanfang hatte der Vater einen Wochenplan aufgestellt und festgelegt, wer wofür und wann verantwortlich ist. Fränzi brauchte gar nicht erst hinzusehen, sie wusste, dass sie heute mit Abendbrotmachen dran war und hatte eigentlich wenig Lust dazu. Aber sie kannte den Unwillen des Vaters, wenn man sich nicht an die festgelegten Regeln hielt.
Lustlos stellte sie Notwendiges auf den Tisch und verschwand in ihr Zimmer, obwohl sie den Vater den Garten hinaufkommen hörte. Das Haus war immer hellhörig gewesen. Früher hatte Fränzi jeden Schritt der Großmutter verfolgen können und es immer gern gehabt, weil sie sich nie allein vorgekommen war. Jetzt konnte sie den Vater verfolgen und wusste genau, wann er am Tisch stehen und auf sie zum Abendessen warten würde. Sie zögerte, um dann aber entschlossen aufzustehen, und im Bademantel ins Zimmer zu kommen.
Der Vater sah ihr erstaunt entgegen.
Fränzi setzte sich und griff zum Brot, um das Abendessen so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Dann erst sah sie die Verschönerungen, mit denen der Vater den Tisch bereichert hatte. Fast sah es aus, als hätte Fränzi Geburtstag.
Er sah sie bittend an und Fränzi roch seinen alkoholisierten Atem. Also hatte er getrunken. Sie gab sich einen Ruck und lächelte krampfhaft.
"Ich hab doch gar nicht Geburtstag", sagte sie.
Er nahm das Friedensangebot begierig an. "War mal so ein Einfall", sagte er, und es sollte spaßig klingen. Sie aßen still und er trank laut das Bier. Sie beobachtete ihn wachsam. Die Angst war nicht aus ihr heraus und warnte sie vor allzu großem Entgegenkommen.
"Wir könnten heute Abend ins Kino fahren", sagte er. Fränzi nickte erleichtert. "Das ist gut", sagte sie plötzlich froh, "es gibt hier einen ganz guten Film."
Der Vater ging, das Auto zu holen. Die Fahrt dann machte Fränzi frei und sie gingen nach dem Kino noch Eis essen.
Sie gab ihm später einen Gutenacht-Kuss leicht auf die Wange.
"Das will ich meinen", sagte der Vater zufrieden, "wir haben uns doch immer noch vertragen, wir beide!"
Er nahm sie um die Taille und hob sie hoch wie ein kleines Mädchen. Wie früher presste er prustend seinen Mund gegen ihren Bauch. Fränzi zappelte, kicherte und hatte unerhörtes Herzklopfen. Er setzte sie plötzlich ab und stellte sich den Fernseher an. Fränzi ging in ihr Zimmer.
In der Nacht wurde sie davon wach, dass der Vater vor ihrem Bett stand. Er hatte nichts an und ihre Bettdecke schon zurückgeschlagen.
"Rück mal", sagte er heiser, "ich komm ein bisschen in dein Bett." Er schob sie sogleich zur Seite und legte sich schwer neben sie. Seine Hände betasteten und streichelten ihren Körper. Fränzi lag starr und erfüllt von Angst. Er nahm ihre Hand und führte sie zu seinem Geschlecht.
"Mach's mir", sagte er erregt, "los mach's mir. Ich zeig's dir." Er führte ihre Hand an seinem Penis auf und nieder. "Fass zu", befahl er und griff ihr zwischen die Beine.
Fränzi schrie auf und versuchte aus dem Bett herauszukommen, aber er riss sie zurück, zwang sie auf den Rücken und rollte sich keuchend auf sie. "Deine Mutter ist nicht da. Du bist alt genug. Wieso soll ich mir's allein machen. Jetzt lernen wir mal was." Er lachte dröhnend und führte seinen Penis an ihrem Bauch auf und nieder. "Siehst du", sagte er stöhnend vor Lust, "das ist auch gut. Aber jetzt wirst du es mir machen. Das ist noch viel besser!" Er streichelte abwechselnd sich und den Körper des Mädchens.
Fränzi spürte ein ihr fremdes, keineswegs unangenehmes Gefühl aus der Vertrautheit seiner Hände in sich aufkommen. Dann aber riss sie sein Befehl in die Hölle zurück. Sie folgte seinen keuchend vorgetragenen Anweisungen, befriedigte ihn hastig und voller Ekel vor der Lust in seinem Gesicht und der Größe seines Penis, der eine milchige Flüssigkeit ausspie, die Fränzis Bauch benässte und einen flauen Geruch verbreitete.
Das Mädchen nutzte den Moment seiner Erschlaffung, sprang aus dem Bett, raste zum Badezimmer und schloss sich ein.
Der Vater!
Unter der Dusche versuchte sie den Ekel von sich zu spülen, den Geruch aus der Nase zu bekommen, diesen Geruch von Schweiß und Sperma, den sie noch nie gerochen hatte und der sich in die Nase eingeätzt zu haben schien.
Die Klinke der Badezimmertür bewegte sich.
Dann hörte sie den Vater gegen die Tür schlagen. "Mach auf", schrie er, "oder ich trete die Tür ein. Mach sofort auf!"
Fränzi wickelte sich in alle Badetücher, derer sie habhaft werden konnte und öffnete zitternd und schluchzend.
Er nahm sie bei den Schultern, schob sie auf die Terrasse und drückte das Mädchen in einen der breiten Korbsessel. Dann zündete er sich eine Zigarette an. Fränzi sah seine Hand, ruhig und vertraut im Licht der Flamme.
Er sah sie aufmerksam und freundlich an. "Mein Kätzchen", sagte er zärtlich. "Was zwischen uns war, bleibt unter uns. Verstehst du!"
Das war keine Bitte. Das Mädchen spürte es deutlich.
"Wenn du irgendetwas zu irgend jemandem sagst, komm ich ins Gefängnis, du in ein Heim und Mama stirbt vor Schande und Angst. Außerdem", er taxierte sie kurz, wie sie da ängstlich und trocken aufschluchzend vor ihm saß, "außerdem würde es dir sowieso keiner glauben." Er stand auf und strich ihr beruhigend über die Schultern, obwohl ihr die Furcht vor seiner Berührung anzumerken war. "Du gehörst nun mal mir", sagte er leise und dicht über ihr. "Ich bin ein guter Vater, das wissen hier alle. Und du weißt es auch. Du musst mir dankbar sein. Dankbar für alles!"
Er lachte kurz auf. "Wirst schon noch begreifen, wie gut dir das tut. Und außerdem ist es eine Schule für's Leben. Geh jetzt ins Bett und zu keinem ein Wort!" Er ließ sie übergangslos auf der nächtlichen Veranda allein.
Fränzi blieb fühllos zurück, seine Worte zerdröhnten ihr den Kopf. Der Hals wollte keine Luft mehr in die Lungen lassen - schnürte sich zu. Sie richtete sich auf und versuchte tief durchzuatmen. Mama, dachte sie elend, Mama. Die Tränen kamen, die Angst würgte sie, aber sie fühlte sich stark genug, in ihr Zimmer zurückzukehren.
Über dem See lag noch der Frühdunst, es würde ein schöner Tag werden. Das Mädchen wurde spät wach, fand sich wieder auf den Inletts der Kissen und einer nicht bezogenen Matratze, wusste im ersten Moment nicht, was das zu bedeuten hatte, dann kam die Erinnerung wieder, die Nacht - und die Angst.
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