Katrin Ludwig
Mehr als Eisbein und Bulette
Berliner Rezepte und Küchengeschichten
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Inhaltsverzeichnis
Titel Katrin Ludwig Mehr als Eisbein und Bulette Berliner Rezepte und Küchengeschichten Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort Vorwort Wer über die Berliner Küche und ihre Rezepte schreibt, kommt nicht daran vorbei, ihr eine gewisse Derbheit und Schlichtheit zu konstatieren, die jedoch durch ihre Nahrhaftigkeit, Bodenständigkeit und ihre Dauerhaftigkeit sowie die Treue des Berliners zu Bulette und Eisbein aufgewogen wird. Der Berliner und seine Küche sind ein eher derbes Gespann, vielleicht aber gerade deshalb zwei Sympathieträger. Auch dieses Buch ist nicht frei davon, und die Gründe liegen auf der Hand: Es wurde von einer Berlinerin geschrieben, die diese Küche in vielerlei Gestalt erlebte, mit ihr aufwuchs und gern isst! Was also braucht es mehr. Hinzu kommt: Gerichte, ihre Historie und ihre Rezeptur, auch im Wandel der Zeit, sind ein sehr lebendiges, zuweilen aber auch abenteuerliches Unterfangen. Um so mehr, als es doch auch um die Menschen geht, die solches hervorbrachten und so mancherlei Schicksal damit verbanden. Je konkreter diese Menschen sind, um so näher sind einem Eisbein oder Rollmöpse und dergleichen, die manchem so gar nicht behagen oder in Erstaunen versetzen. Und was vermag schon ein Rezept allein! Die Köchin oder der Koch sind's doch, auf die es ankommt. Der berühmte Daumen, der hineingehalten wurde in das Wunder von einer Soße oder einer Suppe, jedenfalls immer dann, wenn Einmaligkeit erreicht wurde bei welcher Art Gerichten auch immer. Die Zutaten, mit Gefühl, Sachkundigkeit und Liebe (!) zueinandergebracht, ergeben doch erst die Originalität des Menüs. So gesehen, kann ein Kochbuch nur die Sprossen zum Erfolg benennen, denn die Kunst des Einkaufs, der Zubereitung, des Servierens erblüht mit der Fantasie dessen, der da den Kochlöffel schwingt und zur Tafel einlädt. Vielleicht zur Berliner Tafel, die voller Überraschungen sein kann.
Berliner Koch- und Küchengeschichte(n)
Berliner Gerichte und ihre Rezepturen
Die Kartoffel
Suppen und Gemüse
Das Fleisch
Der Fisch
Soßen
Eier
Süßspeisen
Kuchen
Getränke
»'n Happen uff die Schnelle«
Strammer Max und Versoffne Jungfern
Der Berliner hat ein »jutet Wesen«
Verwendete Literatur
Impressum neobooks
Wer über die Berliner Küche und ihre Rezepte schreibt, kommt nicht daran vorbei, ihr eine gewisse Derbheit und Schlichtheit zu konstatieren, die jedoch durch ihre Nahrhaftigkeit, Bodenständigkeit und ihre Dauerhaftigkeit sowie die Treue des Berliners zu Bulette und Eisbein aufgewogen wird. Der Berliner und seine Küche sind ein eher derbes Gespann, vielleicht aber gerade deshalb zwei Sympathieträger.
Auch dieses Buch ist nicht frei davon, und die Gründe liegen auf der Hand: Es wurde von einer Berlinerin geschrieben, die diese Küche in vielerlei Gestalt erlebte, mit ihr aufwuchs und gern isst! Was also braucht es mehr.
Hinzu kommt: Gerichte, ihre Historie und ihre Rezeptur, auch im Wandel der Zeit, sind ein sehr lebendiges, zuweilen aber auch abenteuerliches Unterfangen. Um so mehr, als es doch auch um die Menschen geht, die solches hervorbrachten und so mancherlei Schicksal damit verbanden.
Je konkreter diese Menschen sind, um so näher sind einem Eisbein oder Rollmöpse und dergleichen, die manchem so gar nicht behagen oder in Erstaunen versetzen.
Und was vermag schon ein Rezept allein! Die Köchin oder der Koch sind's doch, auf die es ankommt. Der berühmte Daumen, der hineingehalten wurde in das Wunder von einer Soße oder einer Suppe, jedenfalls immer dann, wenn Einmaligkeit erreicht wurde bei welcher Art Gerichten auch immer.
Die Zutaten, mit Gefühl, Sachkundigkeit und Liebe (!) zueinandergebracht, ergeben doch erst die Originalität des Menüs.
So gesehen, kann ein Kochbuch nur die Sprossen zum Erfolg benennen, denn die Kunst des Einkaufs, der Zubereitung, des Servierens erblüht mit der Fantasie dessen, der da den Kochlöffel schwingt und zur Tafel einlädt. Vielleicht zur Berliner Tafel, die voller Überraschungen sein kann.
Berliner Koch- und Küchengeschichte(n)
Lieba wat Jutet, aber dafür een bisken mehr! Dieses »een bisken mehr« hat der Berliner von jeher gepflegt. Schon 1331 wurde den Berlinern von Amts wegen Mäßigkeit empfohlen.
»Frauen und Männer sollen bei ihrem geschworenen Eide zu ihren Hochzeiten nicht mehr setzen als zu 40 Schüsseln Tauben. 10 Schüsseln für Truchsesse, 3 für Spielleute, 5 Gerichte je Hochzeit. An jeder Schüssel sollen zwei Esser sitzen.«
Fleisch bildete den Mittelpunkt jeden guten Essens.
Der 1. Tag eines mehrtägigen Hochzeitsfestes endete B. mit dem Umhertragen der Schauessen. Nach dem Abschluss eines äußerst opulenten Abendmahls, bei dem Speisen und Getränke in reichlicher Fülle da zu sein hatten, um nicht nur die zahlreichen Gäste, sondern auch die Dienerschaft, die Musikanten, die Umbitter und auch die Armen zu sättigen (ein frühes Zeichen für den berühmten Berliner Wohltätigkeitssinn!), brachten die Bediensteten des Hauses Schüsseln, auf denen künstliche Gerichte standen. So trug der Bratenmeister z. B. eine Schüssel mit einem großen Braten aus feinstem Leder genäht; die Früchte waren aus farbigen Seiden und Leinenstoffen gemacht.
Jedes Küchenamt hatte sein Symbol; und die Träger gingen unter den Gästen umher und warben um eine Spende, den Schluss bildete die Armenbüchse. Und man darf wohl annehmen, dass sie an einem solchen Tag nicht leer blieb.
Geschmortes, eher noch Gebratenes füllte die Tische der hungrigen Berliner; dies sicherlich auf sehr unterschiedliche Weise bei den Armen und den Reichen.
Pro Person rechnete man »dunnemals« 4 Pfund Fleisch, dazu gab es Hirsebrei und Käse, Backwaren in Schmalz geschwenkt, mit Gewürzen versehen oder mit Honig gebacken.
Dem Hunger entsprach der Durst. Das beliebteste Bier kam aus dem benachbarten Städtchen Bernau.
Das Volk trank Bier, Wein war den höfischen Kreisen vorbehalten, und man darf da auch an Branntwein denken, der die Gläser füllte.
Gemischte Gesellschaften, also Männer und Frauen, waren nur zu Hochzeiten und Taufen üblich, aber auch da wurden »den Frauenzimmern» besondere Tafeln aufgestellt.
Es gab löbliche, letztlich jedoch fehlgeschlagene Unternehmungen, diese strenge Sitte abzuschaffen, und die wurden von keinem Geringeren als dem Kaiser Karl IV. im 14. Jahrhundert unternommen.
Er war in Frankreich aufgewachsen und hatte erlebt, dass raue Tischsitten durch die Anwesenheit des schönen Geschlechts durchaus zu verfeinern waren.
Während seiner Aufenthalte in der Mark lud der Fürst Herren und Damen an eine Tafel. Jeder der Ritter wurde zuvor in seinen Pflichten unterwiesen, die es der Dame so angenehm wie möglich machen sollten, mit den Herren zu tafeln.
Der Ritter hatte seiner Tischfrau die besten Stücke zu servieren, auch ein zartes Küsschen war erlaubt, und der Gesprächsstoff habe den Herren Rittern nie auszugehen. Die spätere Begleitung auf dem Nachhauseweg sollte von keinem (auch nicht von der Ehefrau) als unkeusch angesehen werden.
Der Kaiser nannte derartige Gesellschaften »Rehhähne«.
Sie gefielen dem Adel in den Städten Berlin und Cölln, doch die Bürgerhäuser verschlossen sich diesen Untugenden. Die »Rehhähne« gerieten aber, wie wir heute sagen würden, zu einem Flop. Nach dem Tode des Kaisers arteten sie zu wüsten Trinkgelagen aus und wurden schließlich verboten.
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