„Die Navy hat uns damals von Direlius gerettet und jetzt, wo es doch Probleme mit diesen Alienvölkern gibt, da möchte ich der Navy helfen, so gut ich kann, Captain Darren.“
„Sehr löblich, Zivilistin Monroe. Doch nennen Sie mich nicht Captain. In der Navy pflegen wir die Tradition, dass nur der Befehlshaber eines Schiffes mit diesem Rang angesprochen wird.“ Maurice seufzte vernehmlich. „Die Schlammfüße tun sich damit natürlich schwer.“
„Schlammfüße?“
„Bodentruppen. Ich spreche von den Sky-Troopern der Raumkavallerie. Sicherlich gute Soldaten, aber einfach kein Sinn für die altehrwürdigen Traditionen der Navy.“ Ein erneuter Seufzer folgte. „Ich führe zwar den Dienstgrad eines Captains, doch im sogenannten Service, also ohne Schiffskommando. In solchen Fällen spricht man in der Navy einen Offizier mit „Sir“ oder „Ma´am“ an. Obgleich Sie Zivilistin sind, bevorzugen wir es an Bord, wenn Sie dies ebenfalls tun. Sprechen Sie Angehörige der Sky-Navy oder der Sky-Cavalry ansonsten stets mit deren Dienstgrad an.“
„Navy-Tradition“, meinte Juliette und nickte lächelnd.
„Ich sehe, wir verstehen uns.“ Maurice Darren erwiderte das Lächeln.
„Darf ich Sie… etwas fragen?“
„Selbstverständlich. Wie ich schon sagte… Dies ist ein Gespräch und kein Verhör.“
„Sind solche Gespräche wirklich erforderlich?“ Erneut zeigte sie ein verlegenes Lächeln. „Ich meine… Wir haben zwar Probleme mit den Aliens, aber so weit ich weiß, sind diese so verschieden von uns, dass sie sich doch kaum bei uns einschleichen können, oder?“
„Da können Sie ganz beruhigt sein. Die äußerlichen und genetischen Unterschiede sind so gravierend, dass sich kein Hanari, Negaruyen oder Norsun unerkannt unter uns bewegen könnte.“
„Das dachte ich mir schon“, gab sie zu. „Aber warum dann…?“
„Denken Sie an die schwarze Bruderschaft der Piraten oder Terrororganisationen wie „Human Rights“. Letztere hat damals schwere Anschläge verübt, da sie gegen unsere Rettungsmission für die Hanari war.“ Er zuckte bedauernd mit den Schultern. „Es gibt nicht nur Befürworter der Politik des Direktorats oder seiner Streitkräfte. Es gibt Extremisten und Fanatiker, die ihre Ansichten auch mit Gewalt durchsetzen wollen.“
„Das ist so schrecklich überflüssig“, seufzte sie. „Der Weltraum bietet doch allen genug Platz und ist mit dem Hiromata für nahezu Jedermann erreichbar.“
„Nun, Zivilistin Monroe, Sie gehören offensichtlich weder zu den Aliens, noch zu irgendwelchen Extremisten.“ Maurice lachte gutmütig. „Zudem haben Sie hervorragende Beurteilungen. Sie werden sich auf der Rigel-Basis wohl fühlen.“
„Dann bekomme ich die Freigabe?“
„Aber selbstverständlich.“ Er griff in eine Ablage seines Schreibtisches und zog eine kleine Kunststoffkarte mit einem tetronischen Chip hervor. „Das hier ist Ihr Ausweis, Technikerin Monroe. Bitte immer sichtbar tragen. Er öffnet Ihnen alle erforderlichen Türen und ermöglicht zudem den Zugriff auf das Konto mit Ihrem Guthaben an Credits.“
Maurice erhob sich und reichte ihr den Ausweis und die Hand. „Willkommen auf Rigel.“
Juliette dankte lächelnd.
Als sie sein Büro verließ, sah Maurice Darren ihr wohlwollend hinterher. Er war erleichtert, dass es keinen Makel in ihren Unterlagen gab. Eine hübsche Person und ein Zugewinn für die Basis, dessen war er sich sicher.
Auch Juliette Monroe war erleichtert.
Die Leiden, die mit der Veränderung einher gegangen waren und die Jahre auf dem Mars, stets von der Furcht der Entdeckung begleitet, hatten sich ausgezahlt. Nun war sie am Ziel. Sie würde Zugriff auf die militärischen Geheimnisse der Menschheit erhalten und eines Tages, wenn das Schicksal ihr gewogen war, zu ihrer Vernichtung beitragen.
Kapitel 2 Nicht Freund, nicht Feind
D.S. Gallager, APS-Kreuzer, Registernummer 71
Sie waren auf der Suche. Auf der Suche nach dem APS-Kreuzer D.S. Nanjing , der vom Feind erobert worden war und nun eingesetzt wurde, um einen Frieden zwischen der Menschheit und den insektoiden Norsun zu verhindern. Beim Überfall auf eine Welt der Norsun war die Nanjing von der D.S. Remington gestellt worden. Die Negaruyen waren mit dem Schiff entkommen, dennoch war das Gefecht ein Erfolg. Die kleine Mutter Narret, Herrin der angegriffenen Welt, hatte anerkannt, dass die Menschen nicht für den Überfall verantwortlich waren und in ihrem Volk einen Waffenstillstand durchgesetzt. Mehr noch… Sie hatte bei der großen Mutter aller Norsun erreicht, dass die Sky-Navy im Hoheitsgebiet der Insektoiden nach dem Feind suchen durfte. Nun waren rund fünfzig APS-Kreuzer, fast ein Viertel des Flottenbestandes, im Weltraum unterwegs, um die Nanjing endlich zu finden, mit dem Ziel, sie zurückzuerobern oder sie zu vernichten.
Auch die D.S. Gallager gehörte zur APS-Klasse. Die Assault-Patrol-Ships waren das Rückrat der Sky-Navy und Captain Frank Keller gehörte fraglos zu ihren erfahrensten Captains. Die Gallager befand sich derzeit im Grenzgebiet zwischen dem menschlichen Direktorat und dem Herrschaftsgebiet der Norsun. Natürlich gab es keine wirkliche Grenze. Lediglich Sternensysteme, die man beanspruchte. Genau dies machte einen Konflikt im Weltraum so unübersichtlich und gefährlich. Es gab keine Grenze, die man befestigen und verteidigen konnte. Ein Gegner konnte jederzeit und überall auftauchen. Die Sky-Navy war auf das Äußerste beansprucht, um das Direktoratsgebiet zu bestreifen. Überwiegend waren es kleine Patrouillenboote vom Typ der Langstrecken-FLVs, deren tetronische Augen und Ohren den Raum absuchten. Entdeckten sie eine mögliche Gefahr, dann lag es an der Kommandoebene der Streitkräfte, Gegenmaßnahmen einzuleiten und Trägerschlachtschiffe, Kreuzer oder Kampftruppen in Marsch zu setzen.
Frank Keller saß im Kommandosessel auf der Brücke, die sich im vorderen Drittel an der Oberseite des Kreuzers befand. Von seinem Sitz aus konnte er die Arbeitsplätze der Brückenbesatzung überblicken und den ungehinderten Ausblick in den freien Raum genießen, den die großen Panoramascheiben aus Klarstahl ermöglichten. Im Gefecht wurde die Brücke allerdings in den Rumpf eingefahren und durch ihre Panzerung geschützt.
Der Kreuzer war soeben in die Nullzeit gegangen und kam nun am Ende des Sturzes heraus. Schlagartig wechselten die Sternbilder und an der Backbordseite wurde ein roter Riese sichtbar. Sofort begannen die Scanner und Sensoren zu arbeiten, während auf dem Schiff bedingte Gefechtsbereitschaft herrschte.
Im Weltraum gab es, entgegen der beliebten SciFi-Holos in den Medien und den Phantasien der Geschichtenerzähler, kaum die Möglichkeit, ein Schiff überraschend anzugreifen. Die Annäherung zweier Schiffe auf Gefechtsentfernung nahm, selbst bei maximaler Überlichtgeschwindigkeit, etliche Stunden in Anspruch. Zeit genug, ein Schiff in Ruhe für den Kampf vorzubereiten. Ausnahmen gab es allenfalls, wenn man ein stationäres Ziel anflog, dessen Position und relative Geschwindigkeit im Raum exakt bestimmt werden konnten. Doch das war ein äußerst schwieriges Manöver und zudem riskant. Kein Captain war darauf aus, sein Schiff mit einem Hindernis kollidieren zu lassen. Beim Austritt aus dem Sturz galt die Kampfbereitschaft also eher „natürlichen“ Gegnern, wie Asteroiden und Kometen, die unerwartet die Flugbahn auf kürzeste Distanz kreuzten.
„Sturz vollzogen“, meldete der traditionell als Rudergänger bezeichnete Pilot. Sein Kopf bewegte sich unmerklich unter dem Virtual-Reality-Helm. Die Hände lagen entspannt auf dem Joystick der Steuerung und den Schaltungen der Armlehne. „Wenn mich meine Augen nicht trügen, Sir, dann sind wir genau auf dem Punkt aus dem Sturz gekommen“, fügte er weniger formell hinzu.
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